Fachschulen

Fachschulen

Fachschulen sind in Deutschland Einrichtungen der berufliche Weiterbildung in öffentlicher oder privater Trägerschaft. Sie setzen eine berufliche Erstausbildung und Berufserfahrungen voraus und führen auf dieser Grundlage zu einem staatlichen Berufsabschluss nach Landesrecht. Nach der „Internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen“ ISCED (International Standard Classification of Education) gehören Fachschulen in den Level 5B. In Deutschland sind Fachschulen postsekundare Bildungseinrichtungen nach Abschluss der Sekundarbildung, die aber nicht dem tertiären Bildungsbereich zuzurechnen sind, sofern der Bildungsgang weniger als 2400 Unterrichtsstunden hat. Fachschulen qualifizieren zur Übernahme erweiterter beruflicher Verantwortung und Führungstätigkeit: Der Abschluss der Fachschule befähigt zur beruflichen Selbstständigkeit und ist z. B. anerkannt als Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle.[1] Mindestens zweijährige Fachschulbildungsgänge ermöglichen den zusätzlichen Erwerb einer bundesweit anerkannten Fachhochschulreife bzw. fachgebundenen Hochschulreife. Fachschulen unterscheiden sich von Berufsfachschulen, die in Deutschland zum Sekundarbereich II gehören und berufliche Qualifikationen sowie Schulabschlüsse vermitteln. Fachschulen in Deutschland unterscheiden sich auch von Fachschulen im Bildungssystem in Österreich. Diese sind berufsbildende mittlere Schulen, die den Ersteinstieg in das Berufsleben ermöglichen. Im staatlichen Bildungswesen der Schweiz gibt es keine Fachschulen, sondern nur Höhere Fachschulen. Sie gehören zum Tertiären Bildungsbereich (Level 5).[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Fachschulen entstanden Ende des 19. Jahrhunderts. Schon in den Anfängen der industriellen Revolution erwies sich der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als Entwicklungshemmnis. Aufgrund der stürmische Entwicklung der Technik, dem Ausbau der Produktion, der Entstehung neuer Unternehmen mit ihren Verwaltungen wurde Personal gebraucht, das sich mit technischen Zeichnungen, Mathematik, Kanzleiwesen und Buchführung auskannte. Darum wurden am Ende des Jahrhunderts die ersten Einrichtungen für erstausgebildete Arbeitskräfte gegründet, denen eine weiterführende Ausbildung vermittelt werden sollte. Die ersten Einrichtungen wie die 1880 errichtete Berliner Handwerkerschule waren Abendschulen. Handwerker lernten hier nach ihrem Arbeitstag Mathematik, Technisches Zeichnen und Technologie. Erst später wurden auch Nachmittags- und Tageskurse angeboten. Die Einrichtungen waren Privatschulen, mit denen Ingenieure, Bauräte, Kaufleute Geld verdienten. Daneben entwickelten sich Fachschulen als Gründungen von Unternehmen, Städten und Länder. Von den Fachschulen mit der Aufnahmevoraussetzung einer Berufsausbildung sind auch zu dieser Zeit schon Maschinenbauschulen, Baugewerbeschulen, Wirtschaftsschulen zu unterscheiden. Das waren Vorläufer der späteren Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen, die 1971 zu Fachhochschulen umgewandelt wurden.[3] In der Bundesrepublik Deutschland wurde die Tradition der staatlichen Fachschulen ein- und zweijähriger Art fortgeführt. Die Kultusministerkonferenz beschäftigte sich seit den siebziger Jahren mit der Abstimmung einer gemeinsamen Ordnung. In diesem Zusammenhang ging es um Zuständigkeiten, weil die Fachschulen für Landwirtschaft in einigen Bundesländern den Landwirtschaftsministern unterstellt waren. Außerdem sollte eine enge Abstimmung mit den Fachverbänden der Wirtschaft über das Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung erfolgen, um die Akzeptanz der Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt zu sichern. Die erste Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung in Fachschulen mit 2-jähriger Dauer wurde am 27. Oktober 1980 geschlossen. Vereinbarungen über einjährige Fachschulen erfolgten später.[4]

Rahmenvereinbarung über Fachschulen

Die Rahmenvereinbarung über Fachschulen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. November 2002, sieht folgende übergreifende Regelungen vor.[5]

Fachbereiche

Fachschulen gibt es für die Fachbereiche Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Sozialwesen.In Bayern erfolgt die Fachschulausbildung teilweise an Fachakademien.

Aufnahmevoraussetzungen

In die Fachbereiche Agrarwirtschaft, Gestaltung, Technik und Wirtschaft wird aufgenommen, wer eine einschlägige Berufsausbildung und eine entsprechende Berufstätigkeit von mindestens einem bzw. zwei Jahr(en) nachweisen kann. Die Berufstätigkeit kann auch in Form eines gelenkten Praktikums während der Ausbildung bei entsprechender Verlängerung des Bildungsgangs abgeleistet werden. Alternativ wird aufgenommen werden, wer die Berufsschule abgeschlossen hat und eine einschlägige Berufstätigkeit von mindestens fünf Jahren aufweist. Für die Fachrichtung Hauswirtschaft ist ein mittlerer Schulabschluss erforderlich und eine einschlägige dreijährige Berufsausbildung, die durch eine Berufsfachschule und zusätzliche berufliche Tätigkeit bzw. Praktika ersetzt werden kann. Im Fachbereich Sozialwesen (Fachschule für Sozialpädagogik) wird mindestens der Hauptschulabschluss verlangt, eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung oder eine nach Bestimmung der Bundesländer als gleichwertig anerkannte Qualifizierung. Die Aufnahme in die Fachschule für Heilpädagogik dagegen setzt den Abschluss der Berufsfachschule für Sozialpädagogik bzw. Heilerziehungspflege oder eine gleichwertige Qualifikation voraus und erfordert zusätzlich eine mindestens einjährige praktische Tätigkeit.

Ausbildung

Die Ausbildung erfolgt in einjährigen, eineinhalbjährigen und zweijährigen Bildungsgängen, an die sich im Fachbereich Sozialwesen noch ein Berufspraktikum anschließen kann. Voll- oder Teilzeitform sind möglich. Es gibt einen Pflicht- und Wahlbereich. Der Pflichtbereich umfasst den fachrichtungsbezogenen und den fachrichtungsübergreifenden Bereich, im Fachbereich Sozialwesen auch Praktika. Bestandteil der Rahmenvereinbarung sind auch Vorgaben für Stundentafeln und Ausbildungsanforderungen.

Prüfung

In der staatlichen Prüfung soll die in der Ausbildung erworbene Gesamtqualifikation festgestellt werden. Sie besteht aus einer schriftlichen und ggf. einer mündlichen Prüfung .

Erwerb zusätzlicher Schulabschlüsse

Die Bundesländer können mit Versetzung in das zweite Jahr eines Vollzeitbildungsganges einen Mittleren Schulabschluss erteilen, wenn die Ausbildung nach entsprechenden Standards erfolgt ist. Der Erwerb der Fachhochschulreife ist an inhaltliche und zeitliche Standards gebunden. In drei Lernbereichen – sprachlicher, mathematisch- naturwissenschaftlich-technischer und gesellschaftswissenschaftlicher Bereich – müssen zusätzliche Leistungen erbracht werden.[6]

Berufsbezeichnung

Die durch staatliche Fachschulprüfung erworbene Berufsbezeichnung ist in den Fachbereichen unterschiedlich. Gemeinsam ist die Bezeichnung „staatlich geprüfter …“/ „staatliche geprüfte …“, dann folgt die Fachbereichsbezeichnung wie Agrarbetriebswirt/ Agrarbetriebswirtin, Gestalter/ Gestalterin, Techniker/ Technikerin, Betriebswirt/ Betriebswirtin und schließlich die Fachrichtung. Für die Technik gibt es allein 89 Fachrichtungen.[7] Im Fachbereich Sozialwesen lautet dagegen die Bezeichnung „staatlich anerkannter“/ „staatlich anerkannte“ Heilpädagoge/ Heilpädagogin“.

Besonderheiten der Bundesländer

Die Rahmenvereinbarung über Fachschulen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. November 2002 setzt Rahmenbedingungen. Die Ausgestaltung ist Ländersache. Bei den Aufnahmevoraussetzungen können z. B. Länderregelungen über die „Einschlägigkeit“ von vorausgehenden Berufsausbildungen oder über die „Dauer und Art“ vorausgehender Praktika differieren. Auch Lehrpläne und Prüfungen unterscheiden sich.

Fachschulen in der DDR

In der DDR zählten Fachschulen zu den Bildungs- bzw. Ausbildungseinrichtungen, für welche man kein Abitur brauchte. Man wechselte direkt nach Abschluss der polytechnischen Oberschule, also nach der 10. Klasse, auf diese Einrichtung. Sie unterstanden dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR. Zu den Fachschulen gehörten in der DDR bspw. die Institute für Lehrerbildung, an welchen Unterstufenlehrer, Freundschaftspionierleiter und Heimerzieher ausgebildet wurden. Das entsprechende Studium dauerte in der Regel 4 Jahre. Ein sehr großer Teil der in der DDR erworbenen Fachschulabschlüsse wurde nach der Wende nicht anerkannt.

Quellen

  1. Beschluss des „Bund-Länder-Ausschusses Handwerksrecht“ zum Vollzug der Handwerksordnung v. 21.11.200 und der Änderung der Verordnung über die Anerkennung von Prüfungen bei der Eintragung in die Handwerksrolle und bei der Meisterprüfung im Handwerk v.2.11.1982, §1
  2. Bildungswesen in der Schweiz http://www.edk.ch/d/BildungswesenCH
  3. Günter Sodan (Hrsg.), Die Technische Fachhochschule Berlin im Spektrum Berliner Bildungsgeschichte, Berlin 1988, ISBN 3-926714-00-X
  4. Festschrift anlässlich der 250. Sitzung des Unterausschusses für Berufliche Bildung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (UABBi) am 16./17. Juni 2005 in Potsdam, hrsg. v. Klaus Illerhaus
  5. Rahmenvereinbarung über Fachschulen http://www.kmk.org/doc/beschl/rvfachschul.pdf
  6. Vereinbarung über den Erwerb der Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen http://www.kmk.org/doc/beschl/Vefhsr01-03-09.pdf
  7. Rahmenvereinbarung der KMK

Weblinks


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