- Fachschule (Deutschland)
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Fachschulen oder Fachakademien sind in Deutschland Studieneinrichtungen, die ein Fachstudium mit starkem Praxisbezug anbieten. Sie sind Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung, die als postsekundäre Bildungseinrichtungen nach Abschluss der Sekundarbildung II gelten, international werden sie dem tertiären Bildungsbereich zugerechnet, sofern der Bildungsgang mindestens 2400 Unterrichtsstunden hat. Sie setzen eine berufliche Erstausbildung und Berufserfahrungen voraus und führen auf dieser Grundlage zu einem staatlichen Berufsabschluss nach Landes- oder Bundesrecht. Nach der Internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen ISCED (International Standard Classification of Education) gehören Fachschulen in den Level 5B. Fachschulen qualifizieren zur Übernahme erweiterter beruflicher Verantwortung und Führungstätigkeit: Der Abschluss der Fachschule befähigt zur beruflichen Selbstständigkeit und ist zum Beispiel anerkannt als Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle.[1] Mindestens zweijährige Fachschulbildungsgänge ermöglichen den zusätzlichen Erwerb einer bundesweit anerkannten Hochschulreife. An Fachschulen und Fachakademien gibt es auch grundständige Ausbildungen, die nicht zu den Fachschulstudiengängen zählen sondern den Berufsausbildungen an Berufsfachschulen gleichgestellt sind.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Fachschulen entstanden Ende des 19. Jahrhunderts. Schon in den Anfängen der industriellen Revolution erwies sich der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als Entwicklungshemmnis. Aufgrund der stürmische Entwicklung der Technik, dem Ausbau der Produktion, der Entstehung neuer Unternehmen mit ihren Verwaltungen wurde Personal gebraucht, das sich mit technischen Zeichnungen, Mathematik, Kanzleiwesen und Buchführung auskannte. Darum wurden am Ende des Jahrhunderts die ersten Einrichtungen für erstausgebildete Arbeitskräfte gegründet, denen eine weiterführende Ausbildung vermittelt werden sollte. Die ersten Einrichtungen, wie die 1880 errichtete Berliner Handwerkerschule, waren Abendschulen. Handwerker lernten hier nach ihrem Arbeitstag Mathematik, Technisches Zeichnen und Technologie. Erst später wurden auch Nachmittags- und Tageskurse angeboten. Die Einrichtungen waren Privatschulen, mit denen Ingenieure, Bauräte, Kaufleute usw. Geld verdienten. Daneben entwickelten sich Fachschulen als Gründungen von Unternehmen, Städten und Länder. Von den Fachschulen, mit der Aufnahmevoraussetzung einer Berufsausbildung, sind auch zu dieser Zeit schon Maschinenbauschulen, Baugewerbeschulen, Wirtschaftsschulen zu unterscheiden. Das waren Vorläufer der späteren Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen, die 1971 zu Fachhochschulen umgewandelt wurden.[2]
In der Bundesrepublik Deutschland wurde die Tradition der staatlichen Fachschulen ein- und zweijähriger Art fortgeführt. Die Kultusministerkonferenz beschäftigte sich seit den siebziger Jahren mit der Abstimmung einer gemeinsamen Ordnung. In diesem Zusammenhang ging es um Zuständigkeiten, weil die Fachschulen für Landwirtschaft in einigen Bundesländern den Landwirtschaftsministern unterstellt waren. Außerdem sollte eine enge Abstimmung mit den Fachverbänden der Wirtschaft über das Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung erfolgen, um die Akzeptanz der Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt zu sichern. Die erste Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung in Fachschulen mit 2-jähriger Dauer wurde am 27. Oktober 1980 geschlossen. Vereinbarungen über einjährige Fachschulen erfolgten später.[3]
Rahmenvereinbarung über Fachschulen
Die Rahmenvereinbarung über Fachschulen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. November 2002, sieht folgende übergreifende Regelungen vor.[4]
Fachbereiche
Fachschulen gibt es für die Fachbereiche Gestaltung, Technik, Wirtschaft, Gesundheit und Sozialwesen. In Bayern erfolgt die Fachschulausbildung teilweise an Fachakademien.
Aufnahmevoraussetzungen
In die Fachbereiche Agrarwirtschaft, Gestaltung, Technik und Wirtschaft wird aufgenommen, wer eine einschlägige Berufsausbildung und eine entsprechende Berufstätigkeit von mindestens einem bzw. zwei Jahr(en) nachweisen kann. Die Berufstätigkeit kann auch in Form eines gelenkten Praktikums während der Ausbildung bei entsprechender Verlängerung des Bildungsgangs abgeleistet werden. Alternativ kann aufgenommen werden, wer die Berufsschule abgeschlossen hat und eine einschlägige Berufstätigkeit von mindestens fünf Jahren aufweist. Für die Fachrichtung Hauswirtschaft ist ein mittlerer Schulabschluss erforderlich und eine einschlägige dreijährige Berufsausbildung, die durch eine Berufsfachschule und zusätzliche berufliche Tätigkeit bzw. Praktika ersetzt werden kann.
Im Fachbereich Sozialwesen (Fachschule für Sozialpädagogik) wird mindestens der Hauptschulabschluss verlangt und eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung oder eine nach Bestimmung der Bundesländer als gleichwertig anerkannte Qualifizierung.
Die Aufnahme in die Fachschule für Heilpädagogik dagegen setzt den Abschluss der Berufsfachschule für Sozialpädagogik bzw. Heilerziehungspflege oder eine gleichwertige Qualifikation voraus und erfordert zusätzlich eine mindestens einjährige praktische Tätigkeit.
Ausbildung
Die Ausbildung erfolgt in einjährigen, eineinhalbjährigen und zweijährigen Bildungsgängen, an die sich im Fachbereich Sozialwesen noch ein Berufspraktikum anschließen kann. Voll- oder Teilzeitform sind möglich. Es gibt einen Pflicht- und Wahlbereich. Der Pflichtbereich umfasst den fachrichtungsbezogenen und den fachrichtungsübergreifenden Bereich, im Fachbereich Sozialwesen auch Praktika. Bestandteil der Rahmenvereinbarung sind auch Vorgaben für Stundentafeln und Ausbildungsanforderungen.
Prüfung
In der staatlichen Prüfung soll die in der Ausbildung erworbene Gesamtqualifikation festgestellt werden. Sie besteht aus einer schriftlichen,praktischen und ggf. einer mündlichen Prüfung.
Erwerb zusätzlicher Schulabschlüsse
Die Bundesländer können mit Versetzung in das zweite Jahr eines Vollzeitbildungsganges einen Mittleren Schulabschluss erteilen, wenn die Ausbildung nach entsprechenden Standards erfolgt ist. Der Erwerb der Fachhochschul- oder Hochschulreife ist an inhaltliche und zeitliche Standards gebunden. In drei Lernbereichen – sprachlicher, mathematisch- naturwissenschaftlich-technischer und gesellschaftswissenschaftlicher Bereich – müssen zusätzliche Leistungen erbracht werden.[5] Des Weiteren können die Bundesländer, insbesondere die schulischen Einrichtungen, darüber entscheiden ob eine Ausbildereignungsprüfung gestattet und vollzogen werden kann.
Berufsbezeichnung
Die durch staatliche Fachschulprüfung erworbene Berufsbezeichnung ist in den Fachbereichen unterschiedlich. Bei Gestaltern, Technikern oder Betriebswirten werden die Angaben Staatlich geprüft und die entsprechenden Fachrichtung als Berufsbezeichnung geführt. Der Abschluss zum staatlich geprüften Betriebswirt unterscheidet sich somit vom geprüften Betriebswirt (IHK) bzw. Betriebswirt (HWK)[6]. Für die Technik gibt es allein 89 Fachrichtungen.[7]. Bei Meistern wird zusätzlich der Beruf. Im Fachbereich Sozialwesen lautet dagegen die Bezeichnung staatlich anerkannter Heilpädagoge. Die Bezeichnungen staatlich geprüft oder staatlich anerkannt werden aber auch von Berufsfachschulen vergeben.
Besonderheiten der Bundesländer
Die Rahmenvereinbarung über Fachschulen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. November 2002 setzt Rahmenbedingungen. Die Ausgestaltung ist Ländersache. Bei den Aufnahmevoraussetzungen können z. B. Länderregelungen über die „Einschlägigkeit“ von vorausgehenden Berufsausbildungen oder über die „Dauer und Art“ vorausgehender Praktika differieren. Auch Lehrpläne und Prüfungen unterscheiden sich.
Fachschulen in der DDR
In der DDR zählten Fachschulen zu den Bildungs- bzw. Ausbildungseinrichtungen, für welche man mindestens den Abschluss der polytechnischen Oberschule brauchte. Sie unterstanden dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR. Zu den Fachschulen gehörten in der DDR bspw. die Ingenieurschulen, die Institute für Lehrerbildung, an welchen Ingenieure, Unterstufenlehrer, Freundschaftspionierleiter und Heimerzieher ausgebildet wurden. Das Studium an der Ingenieurschule dauerte 3 Jahre, am Institut für Lehrerbildung 4 Jahre. Ein sehr großer Teil der in der DDR erworbenen Fachschulabschlüsse wurde nach der Wende in der BRD anerkannt.
Internationale Anerkennung
Im Rahmen der Harmonisierung der Bildungsgänge im Raum der Europäischen Union gibt es Bestrebungen, den Fachschulabschluss auf Niveau 6 gemäß DQR/EQR einzustufen.[8] Bei einer Einstufung auf Niveau 5 wäre der Abschluss gleichwertig mit dem Gesellenbrief. Eine Einstufung auf Niveau 6 wäre nach DQR/EQR zutreffend[9], trifft aber noch auf das Problem, dass der Bachelor ebenfalls auf Niveau 6 eingestuft ist.
Quellen
- ↑ Beschluss des „Bund-Länder-Ausschusses Handwerksrecht“ zum Vollzug der Handwerksordnung v. 21. November 2004 und der Änderung der Verordnung über die Anerkennung von Prüfungen bei der Eintragung in die Handwerksrolle und bei der Meisterprüfung im Handwerk vom 2. November 1982, §1
- ↑ Günter Sodan (Hrsg.), Die Technische Fachhochschule Berlin im Spektrum Berliner Bildungsgeschichte, Berlin 1988, ISBN 3-926714-00-X
- ↑ Festschrift anlässlich der 250. Sitzung des Unterausschusses für Berufliche Bildung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (UABBi) am 16./17. Juni 2005 in Potsdam, hrsg. v. Klaus Illerhaus
- ↑ Rahmenvereinbarung über Fachschulen http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2002/2002_11_07-RV-Fachschulen.pdf
- ↑ Vereinbarung über den Erwerb der Fach- oder Hochschulreife in beruflichen Bildungsgängen http://www.kmk.org/doc/beschl/Vefhsr01-03-09.pdf
- ↑ http://www.daa-wirtschaftsakademie.de/studium/abschluss-betriebswirt
- ↑ Rahmenvereinbarung der KMK
- ↑ Unterschriftenaktion zum Deutschen Qualifikationsrahmen
- ↑ Deutscher Qualifikationsrahmen
Weblinks
- Kultusministerkonferenz http://www.kmk.org/index1.shtml
- BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe
Literatur
- Pahl, Jörg-Peter (2010): Fachschule - Praxis und Theorie einer beruflichen Weiterbildungseinrichtung, Bielefeld, ISBN 978-3-7639-4298-5 wbv.de
Kategorie:- Schultyp der Berufsbildung
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