Fax (Studentenverbindung)

Fax (Studentenverbindung)
Ein Couleurdiener (links) zieht eine scharfe Klinge in einen Korbschläger ein zur Vorbereitung einer Mensur, ca. 1900.

Fax (auch Couleurdiener oder Corpsdiener), abgeleitet von Latein fac totum (deutsch: „Mach alles“; vgl. Faktotum) ist bei Studentenverbindungen seit etwa den 1880er Jahren ein Ausdruck für einen (oft den einzigen) Angestellten der Verbindung, der den Studenten bei den Verrichtungen des Verbindungsalltags half. Die Entstehung dieser Einrichtung ist der Tatsache zu verdanken, dass zu dieser Zeit die Altherrenverbände begannen, sich zu organisieren und den jungen („aktiven“) Studenten finanzielle Ressourcen für Repräsentationszwecke zur Verfügung stellten, was das ganze Verbindungsleben stark veränderte.

Aufgaben

Philipp Franzmathes, SC-Diener in Heidelberg, mit Stürmer in den Farben der fünf Heidelberger Corps und deren Mensurschlägern (1896)

In der Zeit vor der Errichtung der Korporationshäuser lagen die Hauptaufgaben des Faxen in der Herbeischaffung von Getränken sowie dem Pflegen und Anlegen der Mensurausrüstung als Vorbereitung für das studentische Fechten mit scharfen Waffen.

Als die Verbindungen sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts ihre Häuser bauten, erweiterte sich der Aufgabenkreis um hausmeisterliche und hauswirtschaftliche Tätigkeiten, bei denen dann meistens weitere, oft weibliche Angestellte halfen.

Eine besonders wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe der Faxen war das Anlegen der Schutzausrüstung für die Mensur. Beim studentischen Fechten stellt sie sicher, dass keine tödlichen Unfälle passieren. Das fachgerechte Anlegen setzt Erfahrung und Geschick voraus. Die Studenten vertrauten damals blind ihrem Faxen, der oftmals aus dem handwerklichen Bereich kam und manchmal Jahrzehnte für die Verbindung tätig war. Aus Würzburg ist bekannt, dass ein Fax 39 Jahre einer Verbindung diente.

Auftreten

Faxe trugen zumindest bis in die 1930er Jahre auch eine Couleurmütze. Die sah ungefähr so aus wie die Burschenmütze der jeweiligen Verbindung, war aber deutlich größer (wie die eines damaligen Dienstmannes am Bahnhof) und hatte vorn über dem Schirm in Metall einen Zirkel der Verbindung in Gold oder Silber (je nach Perkussionsfarbe). Dazu kam oft noch eine Livree, die in ihrer Gestaltung an die Kneipjacken der betreuten Studenten angelehnt war, aber einen längeren Zuschnitt hatte.

„Understands His Business“ („Versteht sein Geschäft“), Heidelberger Corpsdiener beim Schärfen einer Mensurwaffe, Illustration zu Mark Twains A Tramp Abroad 1878/1880

Teilweise entwickelten Faxe auch ein gewisses Standesbewusstsein. So gibt es Couleurfotos aus der Weimarer Republik oder dem Kaiserreich, auf dem die Faxe aller am Ort ansässigen Corps gemeinsam in Mütze und Livree vor der Kamera posieren. Sie waren auch in einem eigenen Verband, dem "Bund der Couleurdiener Deutschlands e. V." mit Sitz in Halle (Saale), organisiert. Der Bund war in einzelne Ortsgruppen untergliedert und gab mit der Zeitschrift "Der Couleurdiener" zeitweilig ein eigenes Publikationsorgan heraus. Vor dem Zweiten Weltkrieg bot die Allianz eine eigene Couleurdiener-Versicherung an, die für die Altersversorgung der Faxen gedacht war. Die Verbände der Corps, Burschenschaften, Landsmannschaften und Turnerschaften organisierten eine eigene Couleurdiener-Unterstützungskasse.

Personal heute

Heute werden die erwähnten Aufgaben in den Bereichen Gastronomie und Hauswirtschaft meist von einer Frau oder einem Ehepaar wahrgenommen, die oft in einer Einliegerwohnung innerhalb des Hauses der Verbindung wohnen. Allerdings können sich nur noch finanzstarke Verbindungen einen Faxen oder eine Haushälterin leisten.

In der Gegenwart sind viele Verbindungen zu klein für einen Faxen, die Getränkeversorgung wird dann in der Regel von einem Bierwart, die Verwaltung des Hauses von einem Hauswart wahrgenommen. Beide können aus der Aktivitas oder der Altherrenschaft kommen. Die Entscheidungskompetenzen sind je nach Bund unterschiedlich verteilt.

Carl Repp, der AHSC-Diener in Frankfurt am Main, 1931

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