Senioren-Convent

Senioren-Convent

Ein Senioren-Convent (SC) ist im allgemeinen ein Gremium, das aus Vorsitzenden von Studentenverbindungen (den Senioren) gebildet wird, bzw. eine Sitzung dieses Gremiums. Im speziellen werden damit meist örtliche Vereinigungen studentischer Corps an den jeweiligen Universitätsstädten bezeichnet.

Senioren-Convente können auch eigene Korporationsverbände bilden, von denen der Kösener Senioren-Convents-Verband der älteste und seit jeher mitgliederstärkste ist. Dessen Corps sind in Senioren-Conventen im obigen Sinne organisiert, ebenso wie jene des Weinheimer Senioren-Conventes.

Farben Göttinger Studentenmützen des Göttinger SC 1827

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Seniorenconvent, d. h. die Senioren der einzelnen Bünder, war eine alte Einrichtung der „Landsmannschaften“, der landsmannschaftlichen Studentenvereinigungen. Es gab ihn schon zur Zeit des Pennalismus (Fabricius, Dtsch. Corps, S. 33). Da damals die Landsmannschaften alles beherrschten, bestand kein Zweifel an seinen Machtbefugnissen. Als aber auf die Orden Rücksicht zu nehmen war, wurden mit diesen wie 1791 in Jena Abkommen getroffen, die auf beiderseitiger Gleichberechtigung beruhten (Fabricius, a.a.O., S. 74 ff.). Später wurden diese wie im Heidelberger Komment von 1806 (Fabricius, a.a.O., Anlagen, S. 15 ff.) jedoch beiseitegeschoben und ihren Mitgliedern der Verruf angedroht.[1]

Senioren-Convente wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts an deutschen Universitäten zu dem Zwecke gebildet, einen SC-Comment aufzustellen, der das Leben der Studenten im rechtsfreien Raum der Universität (und in der Öffentlichkeit) regeln sollte.

Von jeher lag großes Augenmerk auf den Regelungen, wie bei Streitigkeiten und Ehrenhändeln, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch teilweise sehr formlos mit der Waffe ausgetragen wurden, zu verfahren sei. Der SC-Comment sollte regellose Duelle verbieten und gab präzise Anweisungen für die Umsetzung.

Die örtlichen SC beanspruchten damals das Alleinvertretungsrecht der Studenten an einer Universität. Sie bildeten eine Frühform der heute üblichen studentischen Gremien.

Durch die Bildung der Urburschenschaft im Jahre 1815 und die Entstehung neuer Arten von Studentenverbindungen ab ungefähr 1840 verloren die SC ihren Alleinvertretungsanspruch. Sie beschränkten sich in der Folgezeit auf die Regelung interner corpsstudentischer Fragen.

Als im 19. Jahrhundert studentische Gepflogenheiten stark in die Gesellschaft ausstrahlten, wurde die Bezeichnung auch für öffentliche Gremien verwendet.[2][3]

Siehe auch: Erloschene Corps

Stellung der SC

Die Stellung der Senioren-Convente in Dachverband ist im KSCV und im WSC sehr unterschiedlich geregelt. Der KSCV ist bereits ausweislich seines Namens ein Senioren-Convents-Verband, damit ist er ein Zusammenschluss der einzelnen (Glied-)SC, die auf dem Kösener Congress allein stimmberechtigt sind, folglich auch einen relativ großen Einfluss auf den Dachverband ausüben und fast alle wesentlichen Befugnisse des Dachverbandes gegenüber den einzelnen Corps direkt wahrnehmen. Der WSC hingegen ist ein Zusammenschluss der einzelnen Corps, die direkte Mitglieder des Verbandes sind, mit einer relativ schwachen Stellung der Senioren-Convente.

Baltische Traditionen

Bei den baltischen Verbindungen in Dorpat und Riga, die sich an den Gepflogenheiten der deutschen Corps orientierten, hieß der Senioren-Convent Chargierten-Convent (abgekürzt Ch!-C!).

Geschichte einzelner Senioren-Convente

SC zu Brünn

Marchia, Austria und Frankonia

Der erste SC zu Brünn SC wurde am 1. November 1877 durch die Corps Marchia und Austria gegründet. Er bestand bis zur Suspension Austrias am 18. Mai 1880. Am 19 Januar 1903 gründeten die Corps Marchia und Frankonia den zweiten SC zu Brünn. Dieser wurde nach Kriegsunterbrechung durch die beiden Corps am 26. Juni 1919 wiederbegründet und am 5. Juli 1919 durch die rekonstituierte Austria auf drei Corps erweitert.

Am 20. September 1919 wurde der SC zu Brünn SC mit seinen drei Mitgliedscorps in den KSCV aufgenommen. Mit der Suspension der Austria am 20. Dezember 1924 hatte der SC wieder zwei Mitgliedscorps. Am 27. Oktober 1933 trat der SC zu Brünn wegen der Gleichschaltung und der Einführung des Führerprinzips im Deutschen Reich aus dem KSCV aus und gründete mit dem SC zu Prag den Prager Senioren-Convents-Verband.

Sowohl bei Marchia als auch bei Frankonia wurden Kösener Corpsstudenten aus dem Deutschen Reich als Mehrbändermänner aktiv.[4] Mit Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren suspendierten Marchia und Frankonia am 16. März 1939. Der SC zu Brünn hörte damit auf zu bestehen.

SC zu Düsseldorf

Seit dem 12. Mai 1962 bestand mit der Rekonstitution des Corps Marchia Brünn an der Medizinischen Akademie ein Kösener Corps, jedoch zunächst als Mitgliedscorps des SC zu Köln. Nach Ausbau der Medizinischen Akademie zur Vollfakultät und Gründung der Universität Düsseldorf am 1. Januar 1966 wurde Düsseldorf durch oKC-Beschluss am 2. Juni 1966 eigenständiger SC mit Marchia als Einzelcorps. Mit der Suspension Marchias in Düsseldorf am 15. Juli 1991 hörte der SC zu Düsseldorf auf zu bestehen.

SC zu Göttingen

Farbentafel des Göttinger SC 1881

Der erste Göttinger SC-Comment wurde im Frühjahr 1809 mit dem Titel „Allgemeiner Komment der Göttinger Burschenschaft“ von vier Corpslandsmannschaften unterzeichnet.[5] Bei den Unterzeichner handelte es sich um das Corps Guestphalia, die mit der Rhenania vereinigte Hannovera, die (baltische) Ruthenia und die mit der Pommerania vereinigte Vandalia . Der Comment limitierte die Anzahl der Corpslandsmannschaften an der Göttinger Universität auf maximal fünf. Fünfte Corpslandsmannschaft wurde später im Sommer 1809 die Ostfrisia.[6] Am 15. März 1809 wurde erstmals SC-Meldungen zur Personalstärke erstellt, die den Mitgliederstand der einzelnen Corps wieder geben, soweit sie sich erhalten haben. Dieser Göttinger SC schuf 1809 auch einen „Paukcomment“. Durch die Gendarmen-Affäre, ausgelöst durch einen Ausritt der Hannoveraner am 17. August 1809, und die damit einhergehenden Untersuchungen des Prorektors Hugo und des Generaldirektors des öffentlichen Unterrichts bei Regierung des Königreichs Westphalen in Kassel Leist, kamen die Aktivitäten der Corps in Göttingen zunächst weitgehend zum Erliegen und wurden erst unter dem Prorektor Tychsen im Wintersemester 1810/11 wieder aufgenommen.[7] Im November 1811 kam es zu neuerlichen Ermittlungen der akademischen Behörden gegen die Corps, nachdem ein Pfeifenkopf mit den Namen von 33 Mitgliedern der Vandalia beschlagnahmt werden konnte. Aufgrund dieser Untersuchungen tarnten sich die im Göttinger SC zusammengeschlossenen Corps immer wieder gegenüber der Universität als harmlose Clubbs von Studenten gleicher landsmannschaftlicher Herkunft. Am 2. April 1813 wurde der SC-Comment von den inzwischen sieben Göttinger Corpslandsmannschaften neu gefasst. Eine gute Darstellung der Verhältnisse des Göttinger SC um 1825/26 ist in der 1829 in New York erschienen Reisebeschreibung Norddeutschlands des Amerikaners Henry Edwin Dwight enthalten.

SC zu Hamburg

Der SC zu Hamburg entstand im Oktober 1919, als die drei suspendierten Pépinière-Corps Suevo-Borussia, Franconia und Saxonia von Mitgliedern des Hamburger AHSC als Kösener Corps an der neuen Universität Hamburg rekonstituiert wurden.

Nach den Suspensionen im Dritten Reich rekonstituierte sich die kreisfreie Suevo-Borussia am 10. Januar 1949. Sie fusionierte 1978 mit Guestphalia Marburg zum Corps Guestphalia et Suevoborussia.

Die blaue Franconia machte am 18. April 1951 wieder auf und suspendierte 1979. Ihre Tradition wird von Brunsviga Göttingen weitergetragen.

Saxonia wurde von Angehörigen der Corps Franconia Tübingen, Saxonia Kiel, Thuringia Jena, Brunsviga Göttingen, Suevia München und Vandalia Berlin rekonstituiert und stieß zum Schwarzen Kreis. Sie suspendierte im WS 1922/23 erneut, schloss sich 1930 der Andrée´schen Tischgesellschaft in Hann. Münden an, suspendierte 1935 zum dritten Mal und fusionierte 1956 mit Brunsviga Göttingen.

Am 12. März 1950 gründeten Königsberger Balten, Hanseaten und Littauer das Corps Albertina Hamburg.

Die schwarze Thuringia Jena war schon am 6. Juni 1948 in die Hansestadt gekommen. Als erste Korporation Deutschlands verlegte sie 1990 zurück in die DDR.

Vorübergehend traten vom 23. Oktober 1951 bis zum 31. März 1953 die schwarze Normannia Berlin und vom 9. Mai 1952 bis zum 27. Juli 1956 die blaue Lusatia Breslau zum SC zu Hamburg.

Concordia Rigensis, das 1869 in Riga gegründete und 1939 vertagte Baltencorps, reaktivierte sich am 13. Oktober 1956 in Hamburg. Sie bildet mit Albertina den SC zu Hamburg.

SC zu Heidelberg

Hauptartikel: Heidelberger Senioren-Convent

Der erste SC-Comment wurde von den Heidelberger Landsmannschaften Rhenania und Franco-Badenia 1803, ein weiterer im Juli 1806 beschlossen. Der Heidelberger Senioren-Convent gehört damit zu den ältesten Senioren-Conventen in Deutschland.

SC zu Königsberg i. Pr.

Königsberger SC

»Albertinas Burschenbrauch« wurde 1824 festgeschrieben. Aus ihm entwickelte sich bis 1848 der SC-Komment. Am 30. Juni 1851 schlossen die drei Corpslandsmannschaften ein engeres Kartell und bildeten einen SC. Nachdem die Silber-Litthauer dem KSCV 1864 beigetreten waren, folgte 1865 der SC mit Masovia und Baltia. Ihm schlossen sich Normannia (1873), Hansea (1876) und die Landsmannschaft Littuania (1894) an.

Siehe auch:

Münchener SC

Der erste SC-Comment der heutigen Münchener Corps wurde noch vor Verlegung der Universität nach München (1826) in Landshut etwa um das Jahr 1809 vereinbart. 1832 werden die Münchener Corps vom König genehmigt, Isaria aufgelöst.

Die Corps sind grundsätzlich nach Dachverbänden getrennt in den Senioren-Conventen zusammengeschlossen, was dazu führen kann, dass zwei SC an einem Ort bestehen (wie in Berlin) oder dass zwar ein Kösener SC besteht, aber ein vor Ort ansässiges Weinheimer Corps einem benachbarten Weinheimer SC angehört. Einzige Ausnahme ist hier der Münchner SC, in dem seit Ende des Zweiten Weltkriegs mit 11 Kösener, 7 Weinheimer, einem verbandsfreien sowie fünf angegliederten auswärtigen alle Corps vor Ort in einem gemeinsamen SC vereinigt sind.[8] Der Münchner SC ist damit der größte deutsche oder österreichische Senioren-Convent und außerdem, neben dem Wiener Cartellverband, der wohl größte örtliche Zusammenschluss von Studentenverbindungen überhaupt.

Lied des Münchener SC[9]
Nein, ihr könnt uns nicht begreifen,
denen nie ein Burschenband
als ein immergrüner Reifen
um die junge Brust sich wand.
Die ihr auf dem Pfad der Tugend
durch das harte Dasein trabt
|: und darüber eurer Jugend
holde Lust verloren habt. :|
Nach des Tages Qual und Hitze
flüchten wir aufs alte Haus
und in Band und bunter Mütze
treiben wir die Sorgen aus.
Und die Burschen, die das singen,
das ist unser Fleisch und Blut,
|: daß die Seelen sich verschlingen
in der heißen Liebesglut. :|
Wer sich legt mit heilen Wangen,
der kann sanft und sicher ruhn,
aber keiner soll verlangen,
daß wir just dasselbe tun.
Wenn wir unsre Waffen schmieden,
und es schwingt sie jeder Mann,
|: also laßt uns doch zufrieden,
denn es geht euch gar nichts an. :|
Wenn wir einst vollendet haben,
blitzt am Grab uns blanke Wehr,
und auch euch wird man begraben,
doch kein Bursch senkt euch den Speer.
Laßt uns schwärmen, laßt uns singen,
bis das Lied zu Ende geht,
|: aber redet nicht von Dingen,
die ihr einmal nicht versteht. :|
Zu singen nach den Liedern
Heidelberg du Jugendbronnen oder
Nicht der Pflicht zu genügen

Siehe auch:

SC zu Straßburg (1873)

Hauptartikel: Straßburger Vorstellung

SC zu Trier

Mit der Rekonstitution des Corps Marchia Brünn am 5. September 1992 bestand an der Universität Trier erstmals ein Kösener Corps. Zum oKC 1993 anlässlich der Pfingsttagung in Würzburg wurde Trier eigenständiger SC mit Marchia als Einzelcorps. Im Geschäftsjahr 2008/2009 hatte der SC zu Trier die Vorortgeschäfte im KSCV inne.

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Siegfried Schindelmeiser: Die Albertina und ihre Studenten 1544 bis WS 1850/51 und Die Geschichte des Corps Baltia II zu Königsberg i. Pr. (1970-1985). Erstmals vollständige, bebilderte und kommentierte Neuausgabe in zwei Bänden mit einem Anhang, zwei Registern und einem Vorwort von Franz-Friedrich Prinz von Preussen, herausgegeben von R. Döhler und G. v. Klitzing, München 2010. ISBN 978-3-00-028704-6, S. 76
  2. Seniorenkonvent. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 14, Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1892, ‎ S. 866.
  3. Artikel Hans Erlwein. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. März 2007, 18:49 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hans_Erlwein&oldid=28673733 (Abgerufen: 20. März 2007, 18:52 UTC)
  4. Hermann Kruse, Kösener Corpslisten 1996, Gesamtverzeichnis 1919-1996, Nürnberg-Fürth 1998, S. 289
  5. Abgedruckt bei Götz von Selle im Göttinger Universitätstaschenbuch 1929
  6. Franz Stadtmüller: Geschichte des Corps Hannovera zu Göttingen, S. 30 ff.
  7. Franz Stadtmüller: Geschichte des Corps Hannovera zu Göttingen, S. 38 ff., S. 51 ff..
  8. Webseite des Münchner SC
  9. Geschrieben wurde das Lied in Greifswald von Thomas Hübbe, Turnerschaft Cimbria Greifswald.

Literatur

Weblinks

 Commons: Senioren-Convent – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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