Friedrich Wilhelm Erdmannsdorf

Friedrich Wilhelm Erdmannsdorf

Friedrich Wilhelm Freiherr von Erdmannsdorff (* 18. Mai 1736 in Dresden; † 9. März 1800 in Dessau) war ein deutscher Architekt und Architekturtheoretiker.

Erdmannsdorff gilt als der bedeutendste Vertreter des deutschen Frühklassizismus. Nach seinen Plänen entstand das Schloss im Wörlitzer Park bei Dessau als frühestes klassizistisches Schlossbauwerk auf dem europäischen Kontinent. Sein bekanntester Schüler war Friedrich Gilly, der Lehrer Karl Friedrich Schinkels.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, Porträt von Friedrich Tischbein (1796) im Gleimhaus Halberstadt

Erdmannsdorff war der Sohn des kursächsischen Hofbeamten Freiherr Ernst Ferdinand von Erdmannsdorff und dessen Ehefrau Henriette Margarethe von Heßler.

Nach einer Ausbildung an der Ritterakademie in Dresden von 1750–1754 lernte er während seines anschließenden Studiums an der Universität Wittenberg in den Jahren 1754–1757 Franz von Anhalt-Dessau kennen, in dessen Dienste er 1758 trat. Sein späterer Bekanntheitsgrad darf nicht zuletzt im engen Zusammenhang mit dem anhaltischen Fürsten und den in dieser Zeit geschaffenen Wörlitzer Anlagen gesehen werden. Den Bildungsidealen der Aufklärung verbunden, verfolgte Fürst Franz das Ziel, seine Ländereien in ein zusammenhängendes Gartenreich umzugestalten. Neben der Verschönerung der Landschaft sollten Landhäuser verschiedener Baustile, antike Tempelarchitekturen, Brücken und Denkmäler entstehen und für jedermann, egal welchen Standes, zugänglich sein. Mit der architektonischen Gestaltung der Anlage beauftragte er seinen Freund und Architekten Erdmannsdorff.

Auf Studienreisen zwischen 1761 und 1775 nach Italien, Holland, England, Frankreich und in die Schweiz, konnte Erdmannsdorff für die architektonische Gestaltung der Wörlitzer Anlagen wichtige Eindrücke sammeln. Teilweise in Reisebegleitung des Fürsten lernte er den Stil der schottischen Architekten Robert Adam und James Adam (Adams-Style) kennen. Ebenfalls beeindruckte ihn der Architekt William Chambers. In Rom machte Erdmannsdorff die Bekanntschaft mit dem Altertumsforscher Johann Joachim Winckelmann und dem Architekten Charles-Louis Clérisseau und erhielt Kontakt zu dem Baumeister Giovanni Battista Piranesi und zum Maler Jakob Philipp Hackert.

Besonderen Einfluss übte auf ihn die zeitgenössische Kunst und Kultur Englands aus. Die Architektur des englischen Klassizismus, die die strenge Fassadengliederung Palladios zum Vorbild nahm, ist in Erdmannsdorffs späteren Entwürfen wiederzuerkennen. Sie wurde neben der Architektur und Innenraumgestaltung des antiken Italiens zum wichtigsten Vorbild. In diesem Kunstsinn schuf er unter anderem das Schloss Wörlitz als frühestes klassizistisches Schlossbauwerk auf dem europäischen Kontinent.

Obwohl Erdmannsdorff diesen Baustil bevorzugte, entstanden nach seinen Plänen ebenfalls Gebäude in dem von Fürst Franz favorisierten Stil der Neugotik. Unter anderem durch den Bau des „Gotischen Hauses" in den Wörlitzer Anlagen, setzte er die Eindrücke um, die er auf seiner Englandreise gewonnen hatte. In der englischen Architektur hatte die Wiederbelebung des gotischen Stils ihren Ursprung.

Während seiner Tätigkeit in Anhalt-Dessau heiratete er 1781 Wilhelmine von Ahlimb. Mit ihr hatte er zwei Töchter.

1786 berief der preußische König Friedrich Wilhelm II. Erdmannsdorff an seine Residenz, in dessen Diensten er mit kleinen Unterbrechungen bis 1789 in Berlin und Potsdam tätig war. Bereits im ersten Jahr wurde er Ehrenmitglied der „Königlichen Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften“ in Berlin. Zur gleichen Zeit erhielt er den Auftrag, das verwohnte Schlaf- und Arbeitszimmer des verstorbenen Preußenkönigs Friedrichs des Großen im Schloss Sanssouci in Potsdam umzugestalten. Nach Erdmannsdorffs Plänen entstand nun der erste konsequent im Stil des Klassizismus gestaltete Innenraum der Potsdamer und Berliner Schlösser. Weitere Raumgestaltungen im Berliner Schloss erfolgten in den Jahren 1787–1789. Neben diesen Arbeiten war er vor allem als Berater in Fragen der Kunst, Kultur und Bildung in Brandenburg-Preußen tätig.

Zwischen 1789 und 1790 hielt sich Erdmannsdorff erneut in Italien auf. In Rom machte er Bekanntschaft mit den Malern Angelika Kauffmann und Jakob Philipp Hackert sowie den Bildhauern Alexander Trippel, Antonio Canova und Bartolomeo Cavaceppi. Nach einer Weimarreise 1791 mit Fürst Franz von Anhalt-Dessau, folgten Aufenthalte an den Höfen in Gotha, Kassel und Karlsruhe. 1796 übernahm Erdmannsdorff die künstlerische Leitung der 1795 gegründeten Chalkographischen Gesellschaft in Dessau, deren Anliegen es war, durch Kupferstiche künstlerische Werke zu popularisieren.

Grabplatte Erdmannsdorf auf dem Neuen Begräbnisplatz in Dessau

Im Alter von 64 Jahren starb Freiherr Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff am 9. März 1800 in Dessau. Sein Grab befindet sich auf dem Neuen Begräbnisplatz (Historischer Friedhof I) in Dessau.

Erdmannsdorff hatte niemals eine förmliche Stellung in der Verwaltung oder Regierung Anhalt-Dessaus oder eines anderen Landes. Sein Wirken als Baumeister und seinen Einfluss auf die zeitgenössische Kunst übte er ausschließlich durch seine enge Freundschaft mit Franz von Anhalt-Dessau aus. Ebenso hat er nie eine förmliche Lehrtätigkeit ausgeübt. Sein großer Einfluss auf die klassizistischen Künstler in Preußen wie Friedrich Gilly, Carl Gotthard Langhans und Gottfried Schadow rührt daher, dass diese bei seinen Berliner Bauaufgaben für ihn arbeiteten.

Erdmannsdorff war Freimaurer. 1759 wurde er in die Freimaurerloge Minerva zu den drei Palmen in Leipzig aufgenommen.

Werke

Gebäude in Wörlitz und dem Wörlitzer Park

  • 1767–1768 Nymphaeum
  • 1769–1773 Schloss/Landhaus Wörlitz
  • 1770–1772 Küchengebäude mit Sommersaal
  • 1769 Wachhaus zum Pferde
  • 1772 Rotes Wallwachhaus
  • 1773+1813 Gotisches Haus
  • 1785–1787 "Gasthof zum Eichenkranz" (in Wörlitz)
  • 1787–1790 Synagoge (in Wörlitz)
  • 1788 Friederikenbrücke
  • 1791–1794 Villa Hamilton (Felseninsel "Stein")
  • 1792–1795 Rathaus (in Wörlitz)
  • 1794 Venustempel
  • 1795–1797 Pantheon
  • 1796 Propstei
  • 1797–1798 Floratempel

Außerdem verschiedene Gartenpavillons und -architekturen.

Dessau

  • 1767 Kabinett der Fürstin und Großer Festsaal im Schloss Dessau
  • 1774–1778 Schloss Luisium
  • 1775 Pavillons am Lustgarten
  • 1777 Schlosstheater
  • nach 1780 Schloss Georgium
  • nach 1780 Fremdenhaus und diverse Kleinarchitekturen im Park Georgium
  • nach 1780 Wohnhaus Poststr. 11/12
  • nach 1780 Wohnhaus Schlossstr. 3
  • nach 1780 Zerbster Str. 52
  • 1787 Neuer Begräbnisplatz und Friedhofsportal
  • 1790–1791 Reitbahn
  • 1792 Marställe und Hofstallmeisterwohnung
  • 1793 Orangerie und Hauptwache
  • 1796 Brückenhäuser der Muldebrücke
  • 1798 Haus Zerbster Str. 69
  • 1798 Hoftheater
  • 1798 Wohnhaus Wallstr. 10

Potsdam

Berlin

  • 1787–1789 Umgestaltung einiger Räume im Berliner Stadtschloss (Parolesaal, Großer Säulensaal, Blaue französische Kammer, Grüne französische Kammer, Speisesaal) in den Stilformen des Klassizismus.

Literatur

  • Erich Paul Riesenfeld: F.W. von Erdmannsdorff, der Baumeister des Herzogs Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. Berlin 1913.
  • Alex, Reinhard (Hrsg.): Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff 1736–1800. Ausstellung zum 250. Geburtstag. Wörlitz 1986.
  • Kadatz, Hans-Joachim: Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Der Wegbereiter des deutschen Frühklassizismus in Anhalt-Dessau. Verl. für Bauwesen, Berlin 1986. ISBN 3-345-00024-5.
  • Ralf-Torsten Speler: Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Begründer der klassizistischen Baukunst in Deutschland. Diss. Halle 1981 (Typoskript).
  • Ralf-Torsten Speler: Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Bahnbrecher der klassizistischen Baukunst auf dem europäischen Kontinent. Zwischen Wörlitz und Mosigkau, Heft 29. Dessau: Rat der Stadt, Abt. Kultur 1986.
  • August Rode: Leben des Herrn Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Kettmann, Wörlitz 1994. (Nachdruck der Ausgabe Dessau 1801.).
  • Ingo Pfeifer: Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Der Architekt des Gartenreichs. DKV-Kunstführer Nr. 562/4. München / Berlin o.J. [2004], mit weiteren Literaturangaben.
  • Wilhelm Hosäus: Erdmannsdorff, Friedrich Wilhelm Freiherr v.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 6, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 189–193.
  • Korrektur zu: Erdmannsdorff, Friedrich Wilhelm Freiherr v.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 33, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 796.
  • Günther Meinert: Erdmannsdorff, Friedrich Wilhelm Frhr. v.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, S. 575 f.

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