Albstadt-Lautlingen

Albstadt-Lautlingen
Lautlingen
Stadt Albstadt
Koordinaten: 48° 13′ N, 8° 58′ O48.2152777777788.9616666666667680Koordinaten: 48° 12′ 55″ N, 8° 57′ 42″ O
Höhe: 680 m ü. NN
Einwohner: 1988 (2008)
Eingemeindung: 1. Jan. 1975
Postleitzahl: 72459
Vorwahl: 07431

Lautlingen ist ein Stadtteil von Albstadt im Zollernalbkreis, Baden-Württemberg. Es liegt auf der Schwäbischen Alb, etwa auf halbem Weg zwischen Stuttgart und dem Bodensee.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Luftbild von Lautlingen

Geographische Lage

Lautlingen liegt im landschaftlich reizvollen Eyachtal, eingebettet zwischen Heersberg, Ochsenberg, Autenwang, Tierberg und Gräbelesberg.

Geschichte

Bereits im Jahre 793 wurde Lautlingen in einer Urkunde des Klosters St. Gallen als Lutilinga erstmals urkundlich erwähnt. Schon früh hielt das Christentum hier Einzug, ein Goldblattkreuz und ein Alemannenfriedhof in der Flur Berken geben davon Zeugnis. Der Stadtteil liegt an der alten Römerstraße Sulz - Laiz, die mitten durch den Ort führt. Oberhalb des heutigen Kernortes liegt das römische Kastell Lautlingen, direkt auf der Wasserscheide von Donau und Rhein.

Die Herren von Tierberg vereinigten die Orte Margrethausen und Lautlingen im Mittelalter zu einer Herrschaft im Ritterkanton Neckar-Schwarzwald. Sie waren als Ortsherren Nachfolger, eventuell sogar Nachfahren der Herren von Luttelingen. Ab 1550 gehörte der Ort zur Herrschaft der Herren von Westerstetten und Drackenstein. Auch diese hatten die Ortsherrschaft durch Einheirat ererbt. Das Geschlecht, das auch auf der Burg Straßberg saß, erlosch später im Mannesstamm, so erbten 1625 die Schenken von Stauffenberg, seit 1874 Grafen, die kleine Ritterschaft. Berühmte Familienmitglieder sind unter anderem Marquard Sebastian Schenk von Stauffenberg (1686-1693 Fürstbischof von Bamberg), Johann Franz Schenk von Stauffenberg (1704-1740 Bischof von Konstanz) und Franz Schenk von Stauffenberg (1871-1892 Mitglied des Reichstags).

1805 fiel der Ort durch den Reichsdeputationshauptschluss an Württemberg und gehörte fortan zum Oberamt Balingen, aus dem 1934 der Landkreis Balingen hervorging. 1811 wurden dann die beiden Ortschaften Margrethausen und Lautlingen durch königlichen Erlass endgültig getrennt und separate Ortsverwaltungen eingeführt.

Westfassade der Pfarrkirche

Laut den geschichtlichen Überlieferungen sollen schon die Herren von Tierberg im 15. Jahrhundert ein Schloss in der Ortsmitte gebaut oder erweitert haben. Bereits dieses war mit Ecktürmen und Wallgräben versehen. Nach den Schätzungen anhand der Bausubstanz von Türmen und Mauer ist dieser Teil des Ensembles bis heute im Original erhalten. Als Hans Konrad von Tierberg am 27. August 1518 mit dem Blutbann von Kaiser Maximilian I. (HRR) belehnt wurde, erscheint folgendes Zitat: „… dass er (Hans Konrad von Tierberg) beim Schloss Lautlingen … kein Hochgericht habe.“ Der Kaiser erlaubt ihm den Bann, „dortselbst das Blut zu richten.“ Zwischen 1623 und 1625, also in der Zeit, als die Herren von Westerstetten Lautlingen besaßen, kurz vor der Übernahme durch die Stauffenberger, wurde das bewehrte Schloss mit Mauern, Wallgraben und vier Ecktürmen zum Wohnsitz ausgebaut. Das Hauptgebäude wurde in den Jahren 1842 - 1846 von Excellenzherr Franz Ludwig Schenk von Stauffenberg neu erbaut. An dessen Stelle stand zuvor ein Fachwerkbau, dessen Erdgeschoss in Stein ausgeführt war. An der Südseite befand sich ein repräsentativer Treppenturm. Der sehr nüchtern gehaltene Hauptbau von 1842 mit seinem Walmdach prägt auch heute noch das Ensemble, das unter Denkmalschutz steht.

Das Lautlinger Schloss ist trotz vieler Umbauten in seiner allgemeinen Bausubstanz gut erhalten. Das Gemäuer besteht aus 60 – 80 cm dicken Bruchsteinmauern, die mit einem Putz versehen sind. Innen finden sich komplett verputzte wuchtige Fachwerkwände und Holzbalkendecken. Im Grundriss misst das Gebäude 12,58 m in der Breite und 21,91 m in der Länge. Bis zur Dachtraufe sind es in der Höhe 11,57 m, die Gesamthöhe beträgt 16,37 m Im Innern des Hauptgebäudes ist die international bekannte musikhistorische Sammlung Jehle untergebracht. Diese Räumlichkeiten wurden 2005/06 einer umfassenden Renovation unterzogen und am 18. Februar 2006 von Landwirtschaftsminister Peter Hauck wiedereröffnet. Im ersten Obergeschoss erinnert das Stauffenberg-Zimmer an die früheren Besitzer. Seit dem 15. November 2007 ist in den ehemaligen Räumen des Ortsamtes eine Stauffenberg-Ausstellung untergebracht, die am 100. Geburtstag von Claus Schenk Graf von Stauffenberg eröffnet wurde. Die Thematik des 20. Juli 1944 und die Familiengeschichte bilden den Schwerpunkt der Gedenkstätte.

Gedenkfeier 2005

Die großen Staatsaktionen deutscher Zeitgeschichte reichen an genau diesem Punkt bis nach Lautlingen. Die Widerstandskämpfer Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg machten sich hier im Sommer 1943 Gedanken darüber, wie Deutschland nach einem Attentat auf Hitler aussehen könnte - so entstanden die „Lautlinger Leitsätze“. Mit dem Attentat unternahmen einige Offiziere den letzten Versuch einer Selbstbefreiung des deutschen Volkes. Die Beteiligten wurden in der gleichen Nacht von den Nazischergen umgebracht. Seit 1957 findet jedes Jahr am 20. Juli vor der Gedächtniskapelle bei der Kirche eine Gedenkfeier für die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus statt. Gleichzeitig wird durch Schüler der Albstädter Schulen mit Projektarbeiten an das Attentat erinnert.

Stauffenberg-Gedächtniskapelle

Im Jahr 1275 wurden Kirche und Pfarrei St. Johann Baptist mit Pfarrer Heinrich von Tieringen in einem Steuerverzeichnis des Bischofs von Konstanz erstmals erwähnt. Nach den Unruhen des Dreißigjährigen Kriegs wurde die niedergebrannte Pfarrkirche 1670 von dem Ortsherrn Wolfgang Friedrich Schenk von Stauffenberg und seiner Frau Anna Barbara geborene von Wernau neu erbaut. 1725 erweiterten die Söhne des Ehepaares das kleine Kirchlein und ließen gleichzeitig den heute noch erhaltenen Barockturm erbauen. Nach dem schweren Erdbeben vom 16. November 1911 musste die Kirche abgebrochen werden. Aus Spendengeldern und einer Lotterie wurde die neue Pfarrkirche, der erste sakrale Eisenbetonbau der Diözese Rottenburg, erbaut. Der Turm konnte erhalten werden.

In der 1670 erbauten Kirche war Ignaz Anton Demeter von 1802 bis 1808 Pfarrer. Er wurde am 1. Mai 1836 zum zweiten Erzbischof von Freiburg gewählt. Neben vielen Errungenschaften im Schulwesen gründete er eine Theatergesellschaft und am 7. Mai 1803 auch die heutige Musikkapelle Frohsinn als „Musikgesellschaft“.

Auf dem Tierberg bei Lautlingen befinden sich Reste der Burg Altentierberg, Stammsitz der Tierberger und auf einem Felsen in der Nähe des „Hofes Tierberg“ ein Graben der Burg Vogelfels.

Politik

Bürgermeister

siehe: Liste der Bürgermeister von Albstadt

Ortsvorsteher

  • 1972-1988: Max Müller
  • 1989-1994: Christian Schairer
  • seit 1994: Josef-Peter Koller

Wappen

Das Wappen von Lautlingen zeigt in Blau gehalten, auf grünem Dreiberg eine linkshin blickende, goldene Hirschkuh. Das Wappen bezieht sich auf die Herren von Tierberg, die Ortsherren in Spätmittelalter und Frühneuzeit.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

  • In einem Privatmuseum im Betriebsgebäude der Firma Mey wird heute die Sammlung Albrecht Mey gezeigt, die aus Nähmaschinen vom Beginn ihrer Erfindung bis zur Neuzeit besteht.
  • Die Musikhistorische Sammlung Jehle umfasst Saiten-, Blas- und Tasteninstrumente aus verschiedenen Zeiten und Kulturbereichen. Über 30 Tasteninstrumente, daneben Holz-, Blechblas- und Streichinstrumente sowie andere Instrumentenarten sind hier vertreten, darunter ein Cembalo des ausgehenden 17. Jahrhunderts, ein Hammerklavier von J. A. Stein (1783) und ein repräsentativ gestalteter Schrankflügel aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Des Weiteren umfasst die Sammlung Gesang- und Choralbücher, darunter Erstausgaben und Notenhandschriften, Notendrucke, Musiklehrbücher, Handschriften und Briefe. Gegründet vor dem 2. Weltkrieg als private Sammlung von Martin Friedrich Jehle beinhaltet sie auch den Nachlass von Johannes Jehle. Seit Mitte der 1970er Jahre ist die Sammlung im Eigentum der Stadt Albstadt.
  • Am 15. November 2007 wurde anlässlich des 100. Geburtstags von Claus Graf Schenk von Stauffenberg eine Stauffenberg-Gedächtnisstätte im Stauffenberg-Schloss eingeweiht.

Bauwerke

  • Katholische Pfarrkirche St. Johannes Baptista: Das Erdbeben von 1911 beschädigte die Lautlinger Kirche St. Johannes der Täufer so stark, dass sie abgerissen werden musste. Beim Neubau von 1913 verwendete man erstmals in der Diözese Rottenburg eine Eisenbetonkonstruktion. Der barocke Turm aus dem Jahr 1725 blieb erhalten. Neben der Kirche befindet sich die Stauffenberg-Gedächtnis-Kapelle, die zunächst für die in den Kriegen gefallenen Lautlinger errichtet wurde. 1957 erfolgte eine grundlegende Renovierung. Die wesentliche Neuerung jedoch besteht seit damals darin, dass die Brüder Berthold Schenk Graf von Stauffenberg und Claus Schenk Graf von Stauffenberg in den Mittelpunkt des Gedenkens gestellt wurden, die Namen der Gefallenen und Vermissten aus den beiden Weltkriegen fanden in den roten Sandsteinplatten der Wandverkleidung ebenfalls ihren Platz. Die künstlerische Ausgestaltung der Kapelle wird seitdem von einer Skulptur des Bildhauers Gerhard Marcks geprägt, die den auferstandenen Christus darstellt.
Stauffenberg-Schloss
  • Stauffenbergsches Schloss: Wenige Schritte von der Kirche entfernt liegt das Ensemble des Stauffenbergschen Schlosses. Das dreigeschossige Hauptgebäude stammt aus dem Jahr 1846, es ist heute schmucklos (früher befand sich an der Nordseite eine eingemauerte Wappenplatte) und eher sachlich gehalten. Der Grundriss und die Architektur erinnern an italienisch beeinflusste Architekten, liegt doch das Treppenhaus an der Südseite, die ehemaligen Wohnräume und der Haupteingang an der kühleren Nordseite. Bemerkenswert hingegen ist das umgebende Areal mit Umfassungsmauer, wehrhaften Ecktürmen und Wirtschaftsgebäuden. Umfassungsmauer und Ecktürme stammen aus dem Spätmittelalter. Von den Wirtschaftsgebäuden strahlt das Forsthaus, früher der Fruchtkasten, einen ganz besonderen Charme aus. Hier verbrachten die Brüder Stauffenberg einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend, auch Claus Schenk Graf von Stauffenberg. 1970 verkaufte die Familie Stauffenberg das Schloss an die damals noch selbstständige Gemeinde Lautlingen, heute befindet es sich im Eigentum der Stadt Albstadt.
  • Gasthaus Krone: Westlich vom Schloss befindet sich weithin sichtbar das reich verzierte Gasthaus, eines der schönsten Fachwerkhäuser im Zollernalbkreis. Es stammt aus dem Jahr 1697.

Sport

Für den Wintersport steht in Lautlingen ein 400 Meter langer Lift mit Flutlicht zur Verfügung.

Wirtschaft und Infrastruktur

Heute ist der Ort ein moderner Stadtteil der Stadt Albstadt mit Gewerbegebieten und vielen Freizeitmöglichkeiten (Wandern, Erlebnisbaden, Sport und Unterhaltung).

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

Caroline Schenk Gräfin von Stauffenberg geb. Üxküll-Gyllenband „Mutter des Dorfes“ (1875-1956), Mutter der Widerstandskämpfer Berthold und Claus von Stauffenberg

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

Literatur

  • Hofele / Hetges / Melle: Rückblicke in die Geschichte. 1200 Jahre Lautlingen. Lautlingen 1993.

Weblinks


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