Fusionskontrolle

Fusionskontrolle

Zusammenschlüsse von Unternehmen unterliegen in den meisten Staaten einer (meist präventiven) staatlichen Zusammenschlusskontrolle (oft auch "Fusionskontrolle" genannt), sofern der Zusammenschluss eine bestimmte Mindestbedeutung erreicht. Diese Mindestbedeutung wird in den gesetzlichen Bestimmungen über die Zusammenschlusskontrolle in der Regel durch Mindestanforderungen in Bezug auf Umsatz oder Marktanteil der beteiligten Unternehmen definiert.

Die Zusammenschlusskontrolle ist darauf gerichtet, funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, indem sie Zusammenschlüsse verhindert, die auf einem der betroffenen Märkte zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führen können.

Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft tritt an die Stelle der nationalstaatlichen Zusammenschlusskontrolle unter bestimmten Voraussetzungen die europäische Zusammenschlusskontrolle.

Inhaltsverzeichnis

Zusammenschlusskontrolle in Deutschland

Die Zusammenschlusskontrolle in Deutschland richtet sich nach §§ 35 ff des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Danach ist die Zusammenschlusskontrolle in Deutschland dem Grunde nach wie folgt geordnet:

Notwendigkeit individueller Zusammenschlusskontrolle

Ein Zusammenschluss von Unternehmen muss dem Bundeskartellamt förmlich angemeldet werden, wenn

  • die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro erzielt haben und außerdem
  • mindestens eines der beteiligten Unternehmen innerhalb Deutschlands Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen Euro erzielt hat.

Von der Anmeldepflicht sind solche Zusammenschlüsse ausgenommen, bei denen auf der einen Seite ein mittelständisches Unternehmen (im Sinne eines selbständigen Unternehmens, das weltweit nicht mehr als 10 Millionen Euro Umsatz erzielt) beteiligt ist, sowie Zusammenschlüsse, die einen Bagatellmarkt betreffen (d.h. einen Markt, der bereits seit mindestens fünf Jahren besteht, auf dem aber im Jahr nicht mehr als 15 Millionen Euro umgesetzt werden). Die Tatsache dagegen, dass eines oder mehrere der beteiligten Unternehmen ihren Sitz im Ausland haben, macht eine deutsche Fusionskontrolle nicht ohne weiteres überflüssig.

Solange ein Zusammenschluss vom Bundeskartellamt nicht freigegeben worden ist, dürfen die beteiligten Unternehmen den Zusammenschluss nicht vollziehen. Es dürfen, mit anderen Worten, grundsätzlich weder Geschäftsanteile erworben noch Betriebsgrundstücke, Mobiliar, Patente oder sonstige Vermögenswerte übertragen werden. Vollziehen die Unternehmen den Zusammenschluss dennoch, so sind die Vereinbarungen, die den Zusammenschluss ausmachen, unwirksam. Außerdem kann das Bundeskartellamt empfindliche Bußgelder verhängen und die Trennung des Zusammenschlusses anordnen.

Materieller Prüfungsmaßstab und Prüfungsverfahren

Das Bundeskartellamt untersagt einen Zusammenschluss, wenn durch den Zusammenschluss auf einem der Märkte, die der Zusammenschluss betrifft, eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird. Trotz marktbeherrschender Stellung wird ein Zusammenschluss ausnahmsweise dann nicht untersagt, wenn der Zusammenschluss auch zu Verbesserungen der Marktstrukturen führt (z.B. dadurch, dass ein insolvenzbedrohter Wettbewerber am Leben erhalten oder ein neuer Markt erschlossen wird) und diese Verbesserungen so bedeutend sind, dass sie die Nachteile, die mit der marktbeherrschenden Stellung verbunden sind, aufwiegen. Zur Feststellung der Untersagungsvoraussetzungen ist das Bundeskartellamt mit umfangreichen Ermittlungsbefugnissen ausgestattet.

In den kontrollpflichtigen Fällen hat das Bundeskartellamt grundsätzlich einen Prüfungszeitraum von 4 Monaten nach Eingang der vollständigen Anmeldung; d.h. es kann innerhalb dieser Frist den Zusammenschluss untersagen. Dazu muss es aber den anmeldenden Unternehmen innerhalb eines Monats nach Eingang der Anmeldung mitteilen (sog. "Monatsbrief"), dass es in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist. Das Hauptprüfverfahren soll eingeleitet werden, wenn eine weitere Prüfung des Zusammenschlusses erforderlich ist (§ 40 Abs. 1 S. 2 GWB). Im Hauptprüfverfahren entscheidet das Bundeskartellamt durch förmliche Verfügung, ob der Zusammenschluss untersagt oder freigegeben wird. Auch die Freigabeentscheidung ist zu begründen; sie kann mit Bedingungen sowie Auflagen verbunden werden (§40 Abs. 3 GWB). Diese dürfen sich nicht darauf richten, die beteiligten Unternehmen einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen. Entscheidungen im Hauptprüfverfahren werden bekannt gemacht (§ 43 (2) Nr. 1 GWB).

Ist das Zusammenschlussvorhaben sachlich unproblematisch, so wird es in der Regel innerhalb von deutlich weniger als vier Wochen vom Bundeskartellamt freigegeben.

Modernisierung der Zusammenschlusskontrolle

Im Jahr 2005 wurde das GWB umfassend überarbeitet. Die zum 1. Juli 2005 in Kraft getretene 7. GWB-Novelle diente vor allem der Anpassung des deutschen Rechts an das durch die VO 1/2003 zum 1. Mai 2004 reformierte EU-Wettbewerbsrecht. Sie betraf in erster Linie das Kartellverbot und führte zu keinen nennenswerten Änderungen in Bezug auf die deutsche Zusammenschlusskontrolle. Eine die deutsche Fusionskontrolle an die Europäische Fusionskontrollverordnung 139/2004/EG anpassende Modernisierung steht noch aus.

Ministererlaubnis

Nach § 42 GWB ist es dem Bundesminister für Wirtschaft erlaubt, einen Zusammenschluss, welcher durch das Bundeskartellamt untersagt wurde, zu genehmigen. Diese Genehmigung soll erteilt werden, wenn ein überragendes Interesse der Allgemeinheit besteht. Diese Bedingung kann an Auflagen geknüpft sein. Eine Stellungnahme der Monopolkommission ist erforderlich.

Europäische Zusammenschlusskontrolle

Auf EU-Ebene ist die Zusammenschlusskontrolle durch die so genannte Fusionskontrollverordnung (VO 139/2004/EG) geregelt. Der Zusammenschlusskontrolle durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Generaldirektion Wettbewerb) unterliegen Zusammenschlüsse dann, wenn

  • die beteiligten Unternehmen weltweit einen Umsatz von zusammen mehr als 5 Mrd. Euro und
  • mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen gemeinschaftsweiten Umsatz von mehr als 250 Millionen Euro erzielt haben.

Werden diese Umsatzschwellen nicht erreicht, so findet die europäische Zusammenschlusskontrolle dennoch statt, wenn der weltweite Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen mehr als 2,5 Mrd. Euro beträgt und weitere, in der Verordnung im einzelnen benannte Umsatzschwellen erreicht sind.

Wie für die deutsche Fusionskontrolle, so gilt auch für die EU-Kontrolle, dass der Zusammenschluss nicht vollzogen worden werden darf, solange er von der Kommission nicht freigegeben worden ist. Die Freigabe wird auch nach europäischem Recht nicht erteilt, wenn durch den Zusammenschluss wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verhindert wird, insbesondere durch Begründung und Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung. Für einen Zusammenschluss, der der EU-Fusionskontrolle unterliegt, findet eine mitgliedstaatliche Fusionskontrolle grundsätzlich nicht mehr statt. Doch es besteht laut Art. 9 FKVO ein Mitteilungsrecht der Mitgliedstaaten, die Kommission zu unterrichten, wenn in diesem Land die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung durch einen Zusammenschluss droht ("deutsche Klausel"). Die Kommission entscheidet darauf hin, ob der Fall auf nationaler oder EU-Ebene weiterbehandelt werden soll. Entscheidet sie sich für eine Übertragung der Prüfung auf das nationale Recht des Mitgliedsstaates, dann erfolgt der weitere Verlauf des Kontrollverfahrens ausschließlich nach den nationalen Regelbestimmungen und nicht nach den EU-Bestimmungen.

USA

In den USA wird die Zusammenschlusskontrolle von der Federal Trade Commission wahrgenommen.

Schweiz

In der Schweiz wird die Zusammenschlusskontrolle von der Wettbewerbskommission wahrgenommen.

Weblinks

EU-Recht

Schweiz

Deutschland

Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Fusionskontrolle — Fusionskontrolle,   Zusammenschlusskontrolle, 1973 in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) eingeführtes Instrument der Wettbewerbspolitik, das dazu dienen soll, wettbewerbspolitisch unerwünschte Unternehmenszusammenschlüsse zu… …   Universal-Lexikon

  • Fusionskontrolle — ⇡ Deutsches Kartellrecht, ⇡ Europäisches Kartellrecht …   Lexikon der Economics

  • Deutsche Klausel — Zusammenschlüsse von Unternehmen unterliegen in den meisten Staaten einer (meist präventiven) staatlichen Zusammenschlusskontrolle (oft auch Fusionskontrolle genannt), sofern der Zusammenschluss eine bestimmte Mindestbedeutung erreicht. Diese… …   Deutsch Wikipedia

  • Zusammenschlusskontrolle — Die Zusammenschlusskontrolle (auch Fusionskontrolle) ist ein Instrument des staatlichen (teilweise auch des zwischenstaatlichen) Wettbewerbsrechts, das darauf gerichtet ist, substantielle Störungen des freien und ungehinderten Wettbewerbs durch… …   Deutsch Wikipedia

  • Wettbewerb — Mitbewerb; Konkurrenz; Rivalität; Wettstreit; Verdrängungskampf; Konkurrenzkampf; Bewerb (österr.) * * * Wett|be|werb [ vɛtbəvɛrp], der; [e]s, e: Kampf, Wettstreit von mehreren Beteiligten um die beste Leistung, um eine führende Stellung o. Ä.:… …   Universal-Lexikon

  • Kartellrecht — ist ein Teil des Wirtschaftsrechts. Im engeren Sinne besteht Kartellrecht aus den Regelungen bezüglich wirtschaftlicher Kartelle, die zwischen Unternehmen und sonstigen Marktakteuren getroffen werden. Im weiteren Sinne umfasst Kartellrecht… …   Deutsch Wikipedia

  • Monopolkommission — Die Monopolkommission ist ein ständiges, unabhängiges Beratungsgremium, das die deutsche Bundesregierung auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und Regulierung berät. Stellung und Aufgaben der Monopolkommission sind in §§ 44 bis § 47… …   Deutsch Wikipedia

  • Europäisches Kartellrecht — Die deutsche Wettbewerbsordnung wird heute nicht mehr allein durch das deutsche Recht bestimmt. Neben das deutsche Wettbewerbsrecht sind vielmehr durch die Art. 81 und 82 EG Vertrag (EGV) und die Europäische Fusionskontroll Verordnung (FKVO) vom… …   Lexikon der Economics

  • Chinesisches Antimonopolgesetz — Das chinesische Antimonopolgesetz (auf Chinesisch 反垄断法) wurde am 30. August 2007 vom ständigen Ausschuss des chinesischen Parlaments (全国人民代表大会常务委员会) erlassen und wird am 1. August 2008 in Kraft treten. Es ist das erste Kartellgesetz im Reich der… …   Deutsch Wikipedia

  • Monopolkomission — Die Monopolkommission ist ein ständiges, unabhängiges Beratungsgremium, das die deutsche Bundesregierung auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und Regulierung berät. Stellung und Aufgaben der Monopolkommission sind in §§ 44 bis 47 des Gesetzes… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”