Gastrinom

Gastrinom
Klassifikation nach ICD-10
E16.4 Abnorme Gastrinsekretion
- Zollinger-Ellison-Syndrom
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Das Zollinger-Ellison-Syndrom ist das paraneoplastische Erscheinungsbild, welches auf der Bildung des Hormones Gastrin durch so genannte Gastrinome basiert. Dieses Hormon regt den Magen zur vermehrten Salzsäure-Produktion an. Benannt ist die Erkrankung nach den Erstbeschreibern, den amerikanischen Chirurgen Robert Milton Zollinger (1903–1992) und Edwin Homer Ellison (1918-1970).[1]

Inhaltsverzeichnis

Ursache

Das Zollinger-Ellison-Syndrom wird durch seltene Tumoren in der Bauchspeicheldrüse (75 %) oder im oberen Anteil des Dünndarmes (20 %) hervorgerufen und ist in 60 % der Fälle bösartig. Diese Tumoren produzieren das Hormon Gastrin und werden daher auch Gastrinome genannt. Gastrinome zählen zu den so genannten neuroendokrinen Tumoren (NET), sie können einzeln oder als multiple Tumore vorkommen. Etwa die Hälfte bis zwei Drittel der einzelnen Gastrinome sind bösartige (maligne) Tumoren, die sich in Leber und Lymphknoten absiedeln können. Nahezu 25 % der Patienten mit Gastrinomen haben im Rahmen einer Multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) Typ I mehrere Tumoren: die drei Ps pituitary (englisch für Hypophyse), Pankreas, Parathyreoidea (Nebenschilddrüse).

Das von einem Gastrinom produzierte Gastrin verursacht eine Überproduktion an Magensäure. Gastrin wirkt am Magen auf die Parietalzellen und veranlasst diese, mehr Wasserstoffionen in das Magenlumen freizusetzen (Protonenpumpe). Der Säureanstieg trägt zur Entwicklung von Magengeschwüren (Ulcera ventriculi) und Zwölffingerdarm-Geschwüren (Ulcera duodeni) bei, da Helicobacter paradoxerweise im Sauren besser gedeiht.

Symptome

multiple Ulzera des Zwölffingerdarms

Diagnose

Für die Diagnose ist vor allem der erhöhte Gastrin-Spiegel (Hypergastrinämie) wegweisend. Werte über 1 000 ng/l sind dabei fast beweisend. Im Gegensatz zu anderen Krankheiten, bei denen der Gastrin-Spiegel ebenfalls erhöht sein kann, kommt es beim Zollinger-Ellison-Syndrom zusätzlich nach Provokation mit Sekretin zu einem oft 100-prozentigen Anstieg des Gastrin-Spiegels. Neuroendokrine Tumoren bilden typischerweise Chromogranin, welches im Serum nachgewiesen wird.

Weiters können zur Diagnosesicherung die therapieresistenten, oft atypisch lokalisierten Ulcera herangezogen werden.

Die Lokalisationsdiagnostik erfolgt etwa mit Octreotid-Szintigraphie, Positronenemissionstomographie, MRT, CT sowie Endoluminalem Ultraschall.

Therapie

Protonenpumpenhemmer können die Säure-Sekretion reduzieren. Wenn möglich, sollten die Tumoren chirurgisch entfernt werden. Kurativ ist dies allerdings nur beim Fehlen von Metastasen möglich. Die Chemotherapie hat sich als wenig effektiv gezeigt. Die Hormonproduktion lässt sich durch Somatostatin hemmen.

Metastasierte neuroendokrine Tumoren können mit palliativem Ansatz mit 90Y-DOTATOC oder 177Lu-DOTATOC behandelt werden.[2]

Vorkommen

Diese Krankheit ist extrem selten und kommt nur zirka in fünf bis zehn Fällen pro Jahr und pro 1 000 000 Menschen vor. Sie kann in jedem Alter auftreten, vorwiegend aber bei 30- bis 60-jährigen.

Literatur

  • SJ Konturek et al.: Case presentation of gastrinoma combined with gastric carcinoid with the longest survival record -- Zollinger-Ellison syndrome: pathophysiology, diagnosis and therapy. In: Med Sci Monit. 2002, Band 8, S. CS43-59, PMID 12070442.
  • EC Ellison et al.: Forty-year appraisal of gastrinoma. Back to the future. In: Ann Surg. 1995, Band 222, S. 511-21, Discussion 521-4, PMID 7574931.
  • DK Andersen et al.: Current diagnosis and management of Zollinger-Ellison syndrome. In: Ann Surg. 1989, Band 210, S. 685-703, PMID 2686566.
  • JW Harmon et al.: Removal of gastrinomas for control of Zollinger-Ellison syndrome. In: Ann Surg. 1984, Band 200, S. 396-404, PMID 6148919.
  • S Bonfils et al.: Results of surgical management in 92 consecutive patients with Zollinger-Ellison syndrome. In: Ann Surg. 1981, Band 194, S. 692-7, PMID 7030236.
  • CW Deveney et al.: The Zollinger-Ellison syndrome--23 years later. In: Ann Surg. 1978, Band 188, S. 384-93, PMID 686901.
  • EH ELLISON et al.: THE ZOLLINGER-ELLISON SYNDROME: RE-APPRAISAL AND EVALUATION OF 260 REGISTERED CASES. In: Ann Surg. 1964, Band 160, S. 512-30, PMID 14206854.
  • CA Godellas et al.: Gastrinoma: State of the Art. In: Cancer Control. 1997, Band 4, S. 30-34, PMID 10763001.
  • M Peracchi et al.: Plasma chromogranin A in patients with sporadic gastro-entero-pancreatic neuroendocrine tumors or multiple endocrine neoplasia type 1. In: Eur J Endocrinol. 2003, Band 148, S. 39-43, PMID 12534356.
  • D Granberg et al.: Clinical symptoms, hormone profiles, treatment, and prognosis in patients with gastric carcinoids. In: Gut. 1998, Band 43, S. 223-8, PMID 10189848.
  • G Cadiot et al.: Usefulness of somatostatin receptor scintigraphy in the management of patients with Zollinger-Ellison syndrome. Groupe de Recherche et d'Etude du Syndrome de Zollinger-Ellison (GRESZE). In: Gut. 1997, Band 41, S. 107-14, PMID 9274481.
  • JM Temperley et al.: Zollinger-Ellison syndrome and hyperparathyroidism. In: Proc R Soc Med. 1971, Band 64, S. 1004, PMID 4329791.
  • W Shi et al.: Localization of neuroendocrine tumours with [111In] DTPA-octreotide scintigraphy (Octreoscan): a comparative study with CT and MR imaging. In: QJM. 1998, Band 91, S. 295-301, PMID 9666953.
  • LF Yee et al.: Neuroendocrine disorders of the gut. In: West J Med. 1995, Band 163, S. 454-62, PMID 8533409.
  • P Tomassetti et al.: Treatment of Zollinger-Ellison syndrome. In: World J Gastroenterol. 2005, Band 11, S. 5423-32, PMID 16222731.

Einzelnachweise

  1. Zollinger RM, Ellison EH: Primary peptic ulcerations of the jejunum associated with islet cell tumors of the pancreas. In: Ann Surg. 1955, 142:709-23. PMID 13259432.
  2. M. Hofmann, T. Krause: Therapie mit rezeptoraffinen Peptiden. In: T. Kuwert, F. Grünwald, U. Haberkorn, T. Krause: Nuklearmedizin. Stuttgart, New York 2008, ISBN 978-3-13-118504-4.

Weblinks

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