- George Tyrrell
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George Tyrrell S.J. (* 6. Februar 1861 in Dublin, Irland; † 15. Juli 1909 in Storrington, Sussex[1]) war römisch-katholischer Priester und Theologe. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren des sogenannten Modernismus.
Inhaltsverzeichnis
Biographie
1879 konvertierte Tyrrell von der Anglikanischen zur Römisch-Katholischen Kirche und trat 1880 den Jesuiten bei. 1891 wurde er zum Priester geweiht. Aufgrund seiner Lehren wurde er 1906 von den Jesuiten ausgeschlossen und am 22. Oktober 1907 wegen seiner öffentlichen Kritik an der Enzyklika Pascendi Papst Pius' X. exkommuniziert. Auf dem Sterbebett erhielt er 1909 zwar bedingungsweise die Sterbesakramente, doch wurde ihm von Bischof Peter Amigo von Southwark in Absprache mit Kardinalstaatssekretär Rafael Merry del Val, Tyrrells Hauptgegner an der römischen Kurie, ein kirchliches Begräbnis verweigert, weil er keinen formellen Widerruf geleistet hatte. Sein Freund Henri Bremond, der bei der Beerdigung ohne liturgische Kleidung assistierte, wurde dafür zeitweise von seinem Priesteramt suspendiert.
Tyrrell war ursprünglich durch die Neuscholastik geprägt. Deren Fragwürdigkeit wurde ihm bei seiner Tätigkeit als geistlicher Begleiter und Elitenseelsorger in der Londoner Jesuitenniederlassung in der Farm Street deutlich. Unter dem Einfluss der Lektüre von John Henry Newman und in Auseinandersetzung mit der neueren deutschen historisch-kritischen Exegese, die ihm der "Laienbischof der Modernisten" Friedrich von Hügel nahebrachte, stellte Tyrrell nun die religiöse Erfahrung der einzelnen Gläubigen in den Mittelpunkt seiner Theologie. Angesichts der von ihm selbst schmerzlich erfahrenen Auflösung der traditionellen Vorstellungen von der Offenbarungsgeschichte betonte Tyrrell den zweitrangigen Charakter dogmatischer Festlegungen im neuscholastischen Stil: Die Heiligen waren für ihn die eigentlichen Glaubensexperten. Die Glaubensnormen der Theologen konnten zwar nützlich sein, bargen aber in sich die Gefahr der Absolutierung. Aus der Gegenwart Gottes in den Gläubigen ergaben sich für Tyrrell auch Konsequenzen für das Verständnis der Kirche: Wenn Gott kein transzendent Abwesender war, der seine Botschaft über die kirchliche Hierarchie quasi telegraphisch übermitteln ließ, dann musste dies auch die Rolle der Laien in der Kirche verändern. Die Kirche war für Tyrrell aber nach wie vor mehr als die Summe der einzelnen Gläubigen, sondern ein „Mysterium“: Die sakramentale Vergegenwärtigung Christi durch die Zeiten.
Schriften
- Hard Sayings: A Selection of Meditations and Studies. London: Longmans, Green, 1898.
- External Religion: Its Use and Abuse. London: Sands, 1899.
- Lex orandi: or, Prayer & Creed. London: Longmans, 1903.
- Lex credendi: A Sequel to Lex orandi. New York: Longmans, Green, 1906.
- Through Scylla and Charybdis: or, The Old Theology and the New. London: Longmans, Green, 1907.
- Medievalism: A Reply to Cardinal Mercier. London: Longmans, Green, 1908.
- The Church and the Future. London: Priory Press, 1910.
Weblinks
- Klaus-Gunther Wesseling: George Tyrrell. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 781–788.
Literatur
- Ferdinand Brüngel, Die Religionsphilosophie des Modernisten George Tyrrell (1861-1909) (Diss. phil.), München 1974
- Claus Arnold, Kleine Geschichte des Modernismus. Herder, Freiburg 2007. ISBN 978-3-451-29106-7
Zitate
George Tyrrell: Die Christenheit sieht in Jesus den göttlichen Geist, der sich in menschlicher Form offenbart; sie sieht in ihm die Offenbarung Gottes, nicht den Übermittler von Ideen und Lehren. Gott selbst teilt vielmehr in Jesus sich, seinen Geist und sein persönliches Leben der Seele mit durch die sakramentale Gestalt des Evangeliums und der Kirche. Er verwirklicht durch sein persönliches Innewohnen die Erlösung der Seele, ihre Vereinigung mit Gott, ihr ewiges Lebens.[2]
Quellen
- ↑ Die kleine Enzyklopädie, Encyclios-Verlag, Zürich, Band 2, Seite 802
- ↑ George Tyrrell, Christianity at the Cross-Roads (1909). Dt. Übersetzung: George Tyrrell, Das Christentum am Scheideweg, eingeleitet und übersetzt von Ernst Erasmi [Oskar Schroeder], hg. von Friedrich Heiler, München 1959, S. 178; zitiert nach C. Arnold, Kleine Geschichte des Modernismus, S. 69.
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