- Gettysburg Address
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Die Gettysburg Address gehört zu den berühmtesten Reden des 16. US-Präsidenten Abraham Lincoln. Er hielt sie am 19. November 1863 anlässlich der Einweihung des Soldatenfriedhofs auf dem Bürgerkriegsschlachtfeld von Gettysburg und fasste darin das demokratische Selbstverständnis der Vereinigten Staaten zusammen. Die Rede gilt allgemein als rhetorisches Meisterwerk und ist Teil des historisch-kulturellen Erbes der USA.
Inhaltsverzeichnis
Anlass
Vom 1. bis 3. Juli 1863 hatte bei dem Städtchen Gettysburg in Pennsylvania die entscheidende Schlacht des Amerikanischen Bürgerkriegs stattgefunden. In ihr waren über 50.000 Soldaten der Nord- und der Südstaaten gefallen oder verwundet worden. Am 19. November 1863, mitten im noch andauernden Bürgerkrieg, wurde auf dem Schlachtfeld ein Soldatenfriedhof für rund 7.000 Gefallene eingeweiht. Der Hauptredner bei der Zeremonie war der Diplomat Edward Everett, der eine etwa zweistündige, heute weitgehend vergessene Ansprache hielt. Präsident Lincoln sollte anschließend als Ehrengast einige Grußworte sagen.
Bedeutung
In dieser nur zweieinhalb Minuten dauernden Ansprache legte Lincoln in sehr knapper und präziser Form die Gründe des Konflikts dar: In ihm müsse sich erweisen, ob eine „Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk“ dauerhaft bestehen könne. Dies war nicht selbstverständlich in einer Zeit, in der ein demokratisch verfasster, großer Flächenstaat wie die USA weltgeschichtlich noch die große Ausnahme darstellte. Mit dem Demokratieverständnis, das Lincoln in der Rede zum Ausdruck brachte, identifizieren sich die US-Bürger bis heute. Amerikanische Schüler lernen die Rede auswendig, und sie bildet – wie die Unabhängigkeitserklärung, deren Versprechen von Freiheit und Gleichheit Lincoln im ersten Satz der Rede wiederholte – einen festen Bestandteil des kollektiven historischen Gedächtnisses der Menschen in den Vereinigten Staaten. Ihr Wortlaut ist in die Südwand des Lincoln Memorials in Washington DC eingraviert.
Auch außerhalb der USA wird immer wieder auf die Rede Bezug genommen, insbesondere auf Lincolns Definition der demokratischen Staatsform als „Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk“. Eine entsprechende Formulierung findet sich etwa in der Rede Philipp Scheidemanns zur Ausrufung der Republik in Deutschland am 9. November 1918.
Wortlaut
Der exakte Wortlaut der Gettysburg Adress ist nicht gesichert, da sie in verschiedenen, leicht voneinander abweichenden Versionen überliefert ist. Als sicherste Quelle, die dem Originalwortlaut am nächsten kommen dürfte, gilt die im Folgenden wiedergegebene "Bliss-Version", die nachträglich von Lincoln unterzeichnet wurde.[1]
„Four score and seven years ago our fathers brought forth on this continent a new nation, conceived in liberty, and dedicated to the proposition that all men are created equal. Now we are engaged in a great civil war, testing whether that nation, or any nation, so conceived and so dedicated, can long endure. We are met on a great battle-field of that war. We have come to dedicate a portion of that field, as a final resting place for those who here gave their lives that that nation might live. It is altogether fitting and proper that we should do this. But, in a larger sense, we can not dedicate...we can not consecrate...we can not hallow this ground. The brave men, living and dead, who struggled here, have consecrated it, far above our poor power to add or detract. The world will little note, nor long remember what we say here, but it can never forget what they did here. It is for us the living, rather, to be dedicated here to the unfinished work which they who fought here have thus far so nobly advanced. It is rather for us to be here dedicated to the great task remaining before us—that from these honored dead we take increased devotion to that cause for which they gave the last full measure of devotion—that we here highly resolve that these dead shall not have died in vain—that this nation, under God, shall have a new birth of freedom—and that government of the people, by the people, for the people, shall not perish from the earth.“
In deutscher Übersetzung:
„Vor 87 Jahren gründeten unsere Väter auf diesem Kontinent eine neue Nation, in Freiheit gezeugt und dem Grundsatz geweiht, dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Nun stehen wir in einem großen Bürgerkrieg, um zu erproben, ob diese oder jede andere so gezeugte und solchen Grundsätzen geweihte Nation dauerhaft bestehen kann. Wir haben uns auf einem großen Schlachtfeld dieses Krieges versammelt. Wir sind gekommen, einen Teil dieses Feldes jenen als letzte Ruhestätte zu weihen, die hier ihr Leben gaben, damit diese Nation leben möge. Es ist nur recht und billig, dass wir dies tun. Doch in einem höheren Sinne können wir diesen Boden nicht weihen – können wir ihn nicht segnen – können wir ihn nicht heiligen. Die tapferen Männer, Lebende wie Tote, die hier kämpften, haben ihn weit mehr geweiht, als dass unsere schwachen Kräfte dem etwas hinzufügen oder etwas davon wegnehmen könnten. Die Welt wird wenig Notiz davon nehmen, noch sich lange an das erinnern, was wir hier sagen, aber sie kann niemals vergessen, was jene hier taten. Es ist vielmehr an uns, den Lebenden, dem großen Werk geweiht zu werden, das diejenigen, die hier kämpften, so weit und so edelmütig voran gebracht haben. Es ist vielmehr an uns, geweiht zu werden der großen Aufgabe, die noch vor uns liegt – auf dass uns die edlen Toten mit wachsender Hingabe erfüllen für die Sache, der sie das höchste Maß an Hingabe erwiesen haben – auf dass wir hier einen heiligen Eid schwören, dass diese Toten nicht vergebens gefallen sein mögen – auf dass diese Nation, unter Gott, eine Wiedergeburt der Freiheit erleben – und auf dass die Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk, nicht von der Erde verschwinden möge.“
Reaktionen
Die unmittelbaren Reaktionen auf die Gettysburg Adress waren eher kritisch. Der Applaus des Publikums war verhalten und Lincoln selbst hatte den Eindruck, die Rede sei wegen ihrer Kürze missglückt. Als er nach der Ansprache wieder Platz nahm, sagte er zu seinem Freund und Leibwächter Ward H. Laman, der neben ihm saß: „Laman, diese Rede wird nicht durchgehen.“ Den Ausdruck „nicht durchgehen“ verwendeten Präriefarmer für lehmverkrustete Pflüge, die den Boden nicht mehr aufbrechen. Auch ein Redakteur der Chicago Times übte scharfe Kritik, als er schrieb: „Es wird jedem Amerikaner die Schamesröte ins Gesicht getrieben, wenn er die törichten, banalen und wässrigen Äußerungen des Mannes liest, der klugen Ausländern als Präsident der Vereinigten Staaten präsentiert werden muss.“ Ganz im Gegensatz dazu äußerte sich Lincolns Vorredner Edward Everett, der die spätere positive Bewertung der Ansprache durch die Nachwelt vorwegnahm: „Verehrter Herr Präsident! Ich wünschte, ich könnte mir schmeicheln, den Kern der Sache in zwei Stunden so prägnant zum Ausdruck gebracht zu haben, wie es Ihnen in zwei Minuten gelungen ist.“ [2]
Einzelnachweise
- ↑ Boritt, Gabor. The Gettysburg Gospel: The Lincoln Speech That Nobody Knows., Appendix B p. 290: "This is the only copy that...Lincoln dignified with a title: 'Address delivered at the dedication of the cemetery at Gettysburg.', a rare full signature, and the date: 'November 19, 1863.' ..This final draft, generally considered the standard text, remained in the Bliss family until 1949."
- ↑ Textpassage aus: Kenneth Lauren Burns, Der Amerikanische Bürgerkrieg, Folge: Die Wiedergeburt der Freiheit, Dokumentarfilm von 1989
Weblinks
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