- Girna
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Girna (plur. Giren) heißen Kraggewölbebauten aus Trockenmauerwerk, die in der noch unverstädterten Hälfte Maltas und auf Gozo als Feldställe oder Schäferhütten zu finden sind. Ihre Besonderheit ist, dass sie wie ähnliche Tholos-Bauten in anderen Ländern eine aus der Vorzeit überkommene Architekturform darstellen. Sie wurden als Kraggewölbe aus unbearbeiteten Feldsteinen gebaut. Ihre Wände bestehen aus einer sorgsam geschichteten äußeren und einer inneren Mauer (in Zweischalentechnik). Der Zwischenraum ist lose verfüllt. Diese Bauweise ist auch bei vorzeitlichen Bauten in anderen Weltgegenden (Knap of Howar) und bei mittelalterlichen Kirchen belegt.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Diese Bauweise war während der maltesischen Tempelphase (bis 2500 v. Chr.) noch nicht üblich und muss daher bei der Zweitbesiedlung Maltas nach 2000 v. Chr. von sizilianischen Einwanderern mitgebracht worden sein. Auf Sizilien gibt es ganz ähnliche Bauten, die dort Pagghiaru heißen.
Forschungsstand
Ihre architektonische, völkerkundliche und archäologische Relevanz motivierte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts dazu, Untersuchungen über sie anzustellen. Der deutsche Gelehrte Gerhard Rohlfs forschte mehr als 30 Jahre über Strukturen mit kuppelförmigen Decken in Europa. 1957 veröffentlichte er das Ergebnis in dem Buch: Primitive Kuppelbauten in Europa. Er vermittelt Informationen über ähnliche Hütten in Italien, im ehemaligen Jugoslawien an der Adriatischen Küste, auf Sardinien, in Spanien, Portugal, Frankreich, Irland, auf den Hebriden und in anderen Ländern. Er zeigte mittels Vergleichen auf, wie das alte Europa von kuppelförmigen Deckenbauten überzogen war, obwohl er die maltesischen Giren gar nicht erwähnt/kannte. Aleksandra Faber war die erste Gelehrte die Maltas Giren in „Le Bunje“ beschrieb.
Formen
Giren sind im Grundriss rund, oval, quadratisch oder rechteckig. Es gibt kleine, mittlere oder große. Manche werden im unteren Bereich durch eine breitere Trockenmauer verstärkt, andere haben im Inneren eingebaute Krippen oder Nischen. Es gibt Giren die auf anderen Giren errichtet sind, Giren deren Bauweise völlig aus dem Raster fällt und Pseudogiren.
Manche Giren haben Rampen oder Treppen die von außen auf das Dach führen. Auf manchen Dächern findet sich in der Mitte eine niedrige, ovale, Caghqija (maltesisch Kieselstein) genannte konkav gestaltete oder eine andersartige scheinbar funktionslose Steinstruktur. Giren haben anders als der apulische Trullo ein relativ flaches Dach. Es gibt nur einen Eingang und selten dreieckige oder quadratische Fenster, meist über der Tür zur Entlastung des Sturzes.
Geschichte
Die überlieferte Geschichte dieser Hütten geht ins 16. Jahrhundert zurück. Als nach der großen Belagerung von Malta (1565) durch die Osmanen Frieden herrschte, zogen die Leute aus den Hochburgen wieder in die Landschaft zurück. Sie errichteten nun aber einfache, quadratische Hütten in der Nähe ihrer Felder. Der Stein für die Gebäude wurde aus dem Fels gehauen und man schuf dadurch an der Stelle ein für die Hütte geeignetes Fundament. Früh entdeckten die Erbauer, dass die weichen Steine nur etwa 1,5 m überspannen konnten bevor sie brachen. Deshalb wurde ein kompliziertes System von Bögen benutzt, um größere Räume zu schaffen.
Heute werden Kragsteintechniken, nun jedoch aus bearbeiteten glatten Platten, in gozetanischen Landhäusern angetroffen, wo sie als gestufte Decken (z.B im Dar ta Xmun), Raumbreiten bis zu 3,65 m überspannen.
Literatur
- Michael Fsadni: The Girna. The Maltese Corbelled Stone Hut. Dominican Publication, Malta 1992.
- Gerhard Rohlfs: Primitive Kuppelbauten in Europa. C.H.Beck'sche Verlags. München 1957
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