Gläubigerverzug

Gläubigerverzug

Der Annahmeverzug (auch: Gläubigerverzug) liegt vor, wenn der Gläubiger die Leistung des Schuldners, die möglich gewesen wäre und vertragsgemäß angeboten wurde, nicht rechtzeitig zum Leistungszeitpunkt annimmt.

Im deutschen Recht ist der Annahmeverzug in den § 293 ff. BGB geregelt. Hier ist zunächst als Voraussetzung das Angebot der Leistung durch den Schuldner zu sehen. Das Angebot der Leistung muss vertragsgemäß erbracht werden. Die Offerte ist also am Leistungsort und zur vertraglich vereinbarten Zeit (die sich bei fehlender vertraglichen Vereinbarung aus den Umständen heraus objektiv bestimmen lässt - dann aber nach § 299 BGB Annahmeverzug nur, wenn der Schuldner die Leistung zuvor angekündigt hat) zu erbringen. Der Gläubiger muss nach § 294 BGB auch in die Nähe der Leistung kommen können. Es muss sich folglich um ein tatsächliches Angebot handeln. Bei einer vorab mitgeteilten Weigerung zur Leistungsentgegennahme des Gläubigers bedarf es lediglich des wörtlichen Angebots nach § 295 BGB, um den Gläubiger in Verzug zu setzen. Bedarf es der Mitwirkung des Gläubigers, so ist ein Angebot nach § 296 BGB gar entbehrlich, wenn diese unterbleibt. Notwendig ist jedoch nach § 297 BGB immer, dass der Schuldner zur Leistung bereit und fähig ist. Bei synallagmatischen (= gegenseitigen) Schuldverhältnissen kommt der Gläubiger auch dann in Annahmeverzug, wenn er die Leistung zwar entgegennehmen will, andererseits aber die selbst geschuldete Leistung nicht anbietet.

Inhaltsverzeichnis

Gefahrenübergang

Der Annahmeverzug ist keine Pflichtverletzung (z.B. im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB), sondern führt lediglich dazu, dass der Gläubiger nunmehr die Leistungsgefahr trägt. Geht die Sache ohne ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Bewirken des Schuldners unter, so bleibt der Gläubiger zu seiner Gegenleistung verpflichtet (§ 326 Abs. 2 S. 1 BGB), während der Schuldner die Leistung nicht mehr bewirken muss. Der Gläubiger muss auch Aufwendungsersatz nach § 304 BGB leisten, wenn Kosten entstehen. Der Schuldner kann sich befreien, wenn er die Sachen hinterlegen kann (§ 372 BGB).

Im Bereich der Zwangsvollstreckung von Leistungen, die Zug um Zug erfolgen, darf die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erst vorgenommen werden, wenn der Schuldner die Annahme ausdrücklich oder schlüssig verweigert.

Im Bereich der Dienstverträge und Arbeitsverträge muss nach § 615 BGB der Dienstherr bzw. Arbeitgeber die Dienstleistung vertragsgemäß vergüten, wenn er sich im Annahmeverzug befindet. Eine Pflicht, die Dienstleistung nachzuholen, ergibt sich abweichend von den allgemeinen Vorschriften ausdrücklich nicht (§ 615 S. 1 BGB).

Rechte des Verkäufers bei Annahmeverzug

Grundsätzlich hat der Verkäufer das Recht, die Mehraufwendungen, die durch den Annahmeverzug entstanden sind, vom Käufer ersetzt zu bekommen, sowie die Kosten für die Erhaltung und Aufbewahrung der Sache.

Hinterlegung der Ware

Wenn es sich bei der Kaufsache um Geld (Scheine oder Münzen), Wertpapiere, sonstige Urkunden oder Kostbarkeiten handelt, kann der Verkäufer die Ware auf Gefahr und Kosten des Käufers beim örtlich zuständigen Amtsgericht hinterlegen (§ 372). Von der Hinterlegung muss der Käufer benachrichtigt werden.

Ist der Kauf für beide Parteien ein Handelsgeschäft, so kann der Verkäufer auch andere als die vorgenannten Kaufsachen in einem öffentlichen Lagerhaus oder sonst in sicherer Weise hinterlegen (§ 373 Abs. 1 HGB).

Selbsthilfeverkauf

Nicht hinterlegungsfähige Waren kann der Verkäufer öffentlich versteigern lassen, nachdem er dem Käufer die Versteigerung angedroht hat. Ort und Zeit der Versteigerung müssen dem Käufer ebenfalls mitgeteilt werden.

Ausnahmen:

  • Ware mit Börsenpreis oder Tagespreis:

Wird die Ware an der Börse gehandelt oder gibt es Tagespreise, darf der Verkäufer eine Nachfrist setzen und nach Verstreichen der Frist den Verkauf auch ohne Versteigerung „aus freier Hand“ bewirken.

  • Verderbliche Ware:

Wenn die Ware verderblich ist (z. B. Lebensmittel) kann die Ware ohne Nachfrist und ohne vorherige Androhung verkauft werden (Notverkauf)

Der Verkäufer muss den Käufer in jedem Fall anschließend über das Ergebnis des Selbsthilfeverkaufs informieren.

Der Selbsthilfeverkauf erfolgt für Rechnung des säumigen Käufers. Wenn der Erlös des Selbsthilfeverkaufs geringer ist als die Forderung des Verkäufers, so ist der ursprüngliche Käufer verpflichtet, die Differenz an den Verkäufer zu zahlen. Wenn der Erlös aus dem Selbsthilfeverkauf höher ist als die Forderungen des Verkäufers, ist dieser verpflichtet, die Differenz an den ursprünglichen Käufer zu zahlen.

Annahmeverzugslohn

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer zur Arbeit ausdrücklich aufzufordern, um den Annahmeverzug zu vermeiden oder zu beenden (BAG 24. November 1994, 2 AZR 179/94).

Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

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