- Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch
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49.3253511.364633333333Koordinaten: 49° 19′ 31,3″ N, 11° 21′ 52,7″ O
Der Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch ist ein bronzezeitliches Artefakt aus dünnem Goldblech. Er diente als äußere Schmuckverkleidung einer langschäftigen Kopfbedeckung mit Krempe, die vermutlich aus organischem Material bestand und das außen liegende, dünne Goldblech mechanisch stabilisierte.
Inhaltsverzeichnis
Einordnung
Das Exemplar von Ezelsdorf-Buch gehört zu einer Gruppe von inzwischen vier bekannten, kegelförmigen Goldhüten aus der Bronzezeit, die im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts im süddeutschen Raum (Berliner Goldhut, Goldener Hut von Schifferstadt, Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch) und in Frankreich (Goldblechkegel von Avanton) in mehr oder weniger gutem Erhaltungszustand gefunden wurden.
Man geht heute davon aus, dass die Goldhüte als religiöse Insignien von Göttern bzw. von Priestern eines in der späten Bronzezeit in Mitteleuropa verbreiteten Sonnenkultes dienten. Diese Auffassung wird durch die bildliche Darstellung eines als Kegelhut interpretierten Gegenstands auf einer Steinplatte aus dem Grab von Kivik in Schonen, Südschweden in eindeutig religiös-kultischem Kontext untermauert [1].
Nach teilweiser Entschlüsselung des Ornamentkanons der kegelförmigen Goldhüte vom Typus Schifferstadt schreibt man den Goldblechkegeln heute neben ihrer repräsentativ-kultischen Funktion weitreichende Kalendereigenschaften zu. Ob sie faktisch als Kalender genutzt wurden oder ob sie das zugrunde liegende astronomische Wissen lediglich darstellen, ist ungeklärt.
Der Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch wurde als Depotfund ohne Beifunde, die eine genauere Datierung ermöglichten, geborgen. Anhand des Ornamentvergleichs mit anderen, genauer zu datierenden Fundstücken wird der Zeitpunkt seiner Herstellung auf die ausgehende Bronzezeit, ca. 1000-900 v. Chr, datiert.
Beschreibung
Der Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch ist ein mit Punzstempeln und Ornamenträdchen verzierter, 310 g schwerer Goldblechkörper mit langem, schlankem Schaft und abgesetztem und gebauchtem Fuß. Der untere Rand ist um einen ca. 1,8 cm breiten Ring aus flachem Bronzeblech gebördelt. Die ursprünglich vorhandene Hutkrempe fehlt.
Nach der zweiten Restaurierung 1976 beträgt die Gesamthöhe des Kegels nunmehr 88,5 cm. Das Stück wurde als Treibarbeit aus einer Goldlegierung mit 88,3 % Au, 11 % Ag, 0,59 % Cu und 0,086 % Sn aus einem Stück hergestellt und weist eine mittlere Wandstärke von 0,078 mm auf.
Der Hohlkegel ist über die ganze Länge mit horizontalen Zier- und Rahmenbändern flächendeckend ornamentiert. Dabei wurden 21 verschiedene Punzstempel und 6 verschiedene Ornamenträdchen verwendet. Die horizontalen Bänder wurden systematisch mit sich wiederholenden, gleichartigen Stempelmustern verziert.
Die optische Trennung der einzelnen Ornamentbänder wurde durch Rippen und Treibwülste realisiert. In den Ornamentbändern finden sich hauptsächlich Buckel- und Kreismotive, die über einen kreisförmigen Innenbuckel verfügen und mit bis zu sieben Aussenringen eingefasst sind.
Daneben treten häufig Zierbänder mit dreifach gekoppelten Punktbuckeln (12 solcher Punktbuckelbänder gegenüber 20 Bändern mit Kreismotiven) auf. Als Besonderheit ist das jeweils einmalige Auftreten eines Zierbandes bestehend aus achtspeichigen Rädern bzw. aus augen- bzw. mandelförmigen Buckeln zu würdigen. Die Kegelspitze wird von einem zehnstrahligen unkonturierten Stern bekrönt, dessen Hintergrund mit Punktbuckeln unterlegt ist.
Eine Übersicht über die Gestalt des Hutes sowie Art und Anzahl der in den jeweiligen Ornamentzonen verwandten Musterpunzen zeigt die nebenstehende Abbildung
Der Schaft geht in einem breiten, senkrecht geriffelt strukturierten Band in den Kegelfuß über, der mit ähnlichen Motiven versehen ist. Als Standring diente ein Band aus Bronzeblech, um das der Krempenrand des Goldblechs gebördelt wurde.
Mitgefunden wurde ein weiteres stabförmiges Bronzefragment (32 mm lang, 2,8x1,4 mm breit), das möglicherweise verschieblich am Hut angeordnet war und dessen Funktion in der Fachliteratur unterschiedlich, nämlich als mögliches Zeigerelement [3] oder als Krempenverstärkung [2] interpretiert wird.
Kalenderfunktion
Nach heutigem Wissensstand weisen die Goldhüte vom Typus Schifferstadt, zu denen auch der Ezelsdorfer Goldblechkegel gehört, eine systematische Abfolge in Anzahl und Art der in den einzelnen Ornamentbändern verwandten Ornamente auf. Basierend auf Untersuchungen am vollständig erhaltenen Berliner Goldhut hat sich herausgestellt, dass auf den Goldhüten ein astronomischer Kalender auf Basis eines lunisolaren Systems abgebildet sind.
Nach teilweiser Entschlüsselung des Ornamentkanons der kegelförmigen Goldhüte schreibt man den Goldblechkegeln heute neben ihrer repräsentativ-kultischen Funktion weitreichende Kalendereigenschaften zu. Ob sie faktisch als Kalender genutzt wurden oder ob sie das zugrunde liegende astronomische Wissen lediglich darstellen, ist ungeklärt.
Im Prinzip wird, beginnend mit der Zone i, anhand eines geeigneten, zusammenhängenden Abschnitts n benachbarter Ornamentzonen Zi..Zi+n eine Summenbildung der darin enthaltenen Sonder- bzw. Kreissymbole durchgeführt. Von dieser Summe wird gegebenenfalls die Symbolanzahl einer oder mehrerer, im Bereich dieses Abschnitts auftretenden Schaltzonen abgezogen, um zum entsprechenden Wert in lunarer oder solarer Zeitschreibweise zu kommen.
Aufgrund seiner fehlenden Krempe ist die Darstellung dieser Kalenderfunktionen auf dem Ezelsdorfer Goldblechkegel nur eingeschränkt möglich. Für einen allgemeinen Überblick über die Charakteristik und Funktionalität der Kalenderfunktionen auf einem intakt erhaltenen Goldhut siehe Berliner Goldhut.
Fundort und Fundgeschichte
Der Ezelsdorfer Goldblechkegel trat im Frühjahr 1953 als "bei der Arbeit hinderliches Blech" direkt unter der Erdoberfläche, in etwa 8 cm Tiefe, zutage. Der Fundort liegt am Fuß des bewaldeten, 576 m hohen Brentenberges an der Gemarkungsgrenze zwischen den Orten Ezelsdorf und Buch in der Nähe von Neumarkt in der Oberpfalz. Die in der Literatur veröffentlichte Karte bezeichnet als genauen Fundort eine geografische Position am Fuße des Brentenbergs bei ca. 11°21'59 Ost, 49°19'38 Nord (WGS84).
Der goldene Hut wurde vom Finder, einem Arbeiter, völlig zerhackt und zur Seite geworfen. Die fragmentierten Blechteile wurden später ob ihrer goldschimmernden Färbung von der Frau des Arbeiters eingesammelt und einem Zahnarzt vorgelegt. Durch eine Schmelzprobe stellte sich heraus, dass das Blech aus gediegenem Gold bestand. Die Fundstücke wurden im Folgenden dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg angeboten, das den Fund als Gegenstück zum Goldenen Hut von Schifferstadt erkannte und ankaufte.
Bei einer Nachuntersuchung der Fundstelle durch das Germanische Nationalmuseum wurden weitere Bruchstücke des Fundes bis zu einer Tiefe von 80 cm entdeckt. Es stellte sich heraus, dass der Goldblechkegel dicht unter dem Waldhumus als Einzelstück ohne Beifunde in "reinem Sand" vergraben worden war. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die planvolle, vermutlich aus kultischen Zwecken veranlasste Deponierung des Goldhutes im Erdboden im Vergleich mit den Fundumständen beim weitgehend erhaltenen Fund aus Schifferstadt von besonderer Bedeutung.
Die Lage des Fundstücks im Boden konnte nicht mehr rekonstruiert werden, doch wird vermutet, dass der Ezelsdorfer Goldblechkegel -analog zum Goldenen Hut von Schifferstadt und wie beim Berliner Goldhut geschätzt- senkrecht im Boden stehend vergraben gewesen sein könnte.
Herstellung
Der Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch besteht aus einer Goldlegierung mit 88,3 % Au, 11 % Ag, 0,59 % Cu und 0,086 % Sn. Er wurde als Treibarbeit aus einem Stück und ohne Naht hergestellt.
Überträgt man das Goldgewicht des Hohlkegels unter Berücksichtigung der fehlenden Krempe in die Abmessungen eines quaderförmigen Goldbarrens, ergibt sich rechnerisch ein Goldklumpen von etwa Streichholzschachtelgröße als Ausgangsmaterial. Dieser Goldrohling wurde während des Bearbeitungsprozesses auf eine mittlere Wandstärke von 0,078 mm ausgeschmiedet.
Aufgrund der tribologischen Eigenschaften des Werkstoffes verfestigt sich das Material bei zunehmendem Umformungsgrad und neigt dann zur Rissbildung. Zur Vermeidung dieser Risse war eine besonders gleichmäßige Verformung beim Ausschmieden erforderlich. Darüber hinaus musste das Werkstück während des Herstellungsprozesses wiederholt bei mindestens 750 °C weichgeglüht werden.
Hierbei war aufgrund der niedrigen Schmelztemperatur der Goldlegierung (ca. 960 °C) eine recht genaue Temperaturkontrolle und eine isotherme Aufheizung des Bauteils erforderlich, um ein Aufschmelzen der Oberfläche zu verhindern. Für diesen Vorgang nutzte der bronzezeitliche Handwerker ein Holzkohlefeuer oder einen Ofen ähnlich den Brennöfen für Töpferwaren, deren Temperatur allerdings nur in Grenzen durch blasebalggestützte Zuführung von Sauerstoff kontrolliert werden konnte.
Berücksichtigt man die tribologischen Eigenheiten des verwandten Werkstoffes und die bescheidenen technischen Mittel stellt allein die Herstellung eines unverzierten Bauteils aus solch dünnem Goldblech bereits eine gewaltige handwerkliche Leistung dar.
Im Rahmen der weiteren Bearbeitung wurde der Berliner Goldhut mit radial verlaufenden Ornamentbändern versehen. Dazu wurde der hohle Innenkörper vermutlich -ähnlich wie der Goldene Hut von Schifferstadt- zwecks Stabilisierung mit einem geeigneten Goldschmiedekitt auf Basis von Baumharz und Wachs gefüllt und das dünne Goldblech von außen durch wiederholtes Aufdrücken von insgesamt 21 verschiedenen Negativpunzen und dem Abrollen von sechs verschiedenen Rollpunzen in der vorliegenden Form strukturiert.
Verbleib
Der Ezelsdorfer Goldblechkegel befindet sich im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg und stellt ein zentrales Kernstück der bronzezeitlichen Sammlung dar.
Siehe auch
- Goldhut- allgemeine Beschreibung der Goldhüte vom Typus Schifferstadt
- Berliner Goldhut, ca. 1000-800 v. Chr.
- Goldener Hut von Schifferstadt, ca. 1400-1300 v. Chr.
- Himmelsscheibe von Nebra, ca. 1700 bis 2100 v. Chr.
Literatur
- Gold und Kult der Bronzezeit. (AusstellungsKatalog). Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2003. ISBN 3-926982-95-0
- Wilfried Menghin (Hrsg.): Acta Praehistorica et Archaeologica. Unze, Potsdam 32.2000, S. 31-108. ISSN 0341-1184
- Peter Schauer: Die Goldblechkegel der Bronzezeit – Ein Beitrag zur Kulturverbindung zwischen Orient und Mitteleuropa. Habelt, Bonn 1986. ISBN 3-7749-2238-1
- Gerhard Bott (Hrsg.): Der Goldblechkegel von Ezelsdorf. (Ausstellungskatalog). Theiß, Stuttgart 1983. ISBN 3-8062-0390-3
- Mark Schmidt: Von Hüten, Kegeln und Kalendern oder Das blendende Licht des Orients. in: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift. Berlin 43.2002, S. 499-541. ISSN 0012-7477
Weblinks
Commons: Bronze Age golden hats – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Goldhut Runenstein
- Goldene Hüte im Archäologischen Lexikon (Landschaftsmuseum Obermain Kulmbach)
Kategorien:- Goldhut
- Archäologischer Fund (Bayern)
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