Gustinus

Gustinus

Gustinus Ambrosi (* 24. Februar 1893 in Eisenstadt; † 1. Juli 1975 in Wien) war ein österreichischer Bildhauer und Lyriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gustinus Ambrosi hatte vielseitig begabte Eltern. Der Vater, Friedrich Ambrosi, sorgte als k.u.k. Hauptmann der österreichisch-ungarischen Monarchie für den Unterhalt der Familie; er war aber auch Kunstmaler und wirkte als Chorleiter und Komponist. Zunächst unterrichtete er an der Militärunterrealschule in Eisenstadt, ab 1894 in St. Pölten, 1899 wurde er nach Prag versetzt, wo er dem 8. Korpskommando zugeteilt wurde. Die Mutter, Natalie Ambrosi née de Lángh, dichtete und spielte ausgezeichnet Klavier.

Der jüngste Sohn August (später Gustinus) erstaunte durch seine auffallende musikalische Begabung; er spielte bereits als 6-Jähriger in Quartetten die Geige. 1900 erkrankte er in Prag an einer epidemisch auftretenden Meningitis mit völliger Gehörlosigkeit als Folge.

Von 1902 bis 1906 besuchte Gustinus das Prager Privat-Taubstummeninstitut. Am 2. Oktober 1906 begann sein Arbeitsleben. Er wurde zuerst probeweise als Praktikant, ab 1907 als Lehrling im größten Prager Bildhauer-und Stuckateurunternehmen „Jakob Kozourek“ aufgenommen.

Nach dem Tod des Vaters (1908) übersiedelte die Familie 1909 nach Graz; hier setzte Gustinus die Lehre bei der Firma Suppan, Haushofer und Nikisch fort, seine Freisprechung erfolgte am 15. Januar 1911. Noch als Lehrling besuchte er die Meisterklasse für Modelleure der Grazer k.k. Staatsgewerbeschule. Hier förderte ihn besonders der Bildhauer Prof. Georg Winkler, der seine spezielle Porträtbegabung entdeckte. Erste öffentliche Anerkennung erfuhr Ambrosi mit dem Werk „Der Mann mit dem gebrochenen Genick“ (1909); damit wurde der erst 16-Jährige in die Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks aufgenommen.

Von 1910 bis 1912 beteiligte er sich erfolgreich an Kollektivausstellungen im Grazer Landesmuseum; 1912 wurde dem jungen Künstler der Staatspreis für Plastik der österreichisch-ungarischen Monarchie verliehen. 1913 erhielt er - nach Fürsprache des k.k. Statthalters der Steiermark, Graf Dr. Manfred Clary v. Aldringen, - von Kaiser Franz Josef I. ein Staatsatelier auf Lebenszeit in Wien.

Zur weiteren Ausbildung übersiedelte Ambrosi 1912 mit seiner Mutter nach Wien und studierte bis 1914 als außerordentlicher Hörer an der Akademie der bildenden Künste (Gasthörer bei Josef Müllner und Edmund v. Hellmer, bei Kaspar Ritter v. Zumbusch Privatunterricht).

1918 vermählte sich der Künstler mit Anni Murmayer, diese Ehe wurde 1922 geschieden; die im selben Jahr geschlossene Ehe mit der bildschönen Maria Louise Janik aus Lemberg endete im Jänner 1925. Erst mit Berta Mayer, die er am 14. Februar 1928 ehelichte, fand der Künstler in den nachfolgenden 47 Jahren sein Lebensglück.

In der Zwischenkriegszeit war Ambrosi gezwungen, Aufträge aus dem Ausland anzunehmen; er arbeitete in vielen Hauptstädten Europas (Amsterdam, Brüssel, Antwerpen, Paris, Rom, Basel, Zürich, Köln . . .) und besaß Ateliers in Rom, Paris und Köln.

1925 beauftragte man ihn, als Kommissär Österreich bei der III. Biennale in Rom zu vertreten; er präsentierte auch heute hoch bewertete Künstler, wie Alfons Walde, Gustav Klimt, Egon Schiele, Alfred Kubin, Anton Faistauer, Franz Barwig u. a.

Noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erhielt Ambrosi den Auftrag, für Berlin 4 dekorative Brunnenfiguren aus dem Themenbereich der griechisch-römischen Mythologie (Narcissos, Venus, Diana und Bacchus) zu schaffen. Infolge des herrschenden Materialmangels während des Krieges konnten nur 2 Skulpturen in Bronze gegossen werden. In dieser für ihn „toten Zeit“ widmete er sich vor allem seinen Dichtungen. Durch Kriegseinwirkungen wurden seine Prater Staatsateliers verwüstet und geplündert, 663 seiner Werke zerstört.

Nach 1945 strebte Ambrosi die Sicherung seines verbliebenen Lebenswerkes an. Er pochte auf sein Anrecht eines Staatsateliers auf Lebenszeit, vor allem verfolgte er vehement die Idee, einen Teil seines Lebenswerkes dem österreichischen Volk zu schenken. Am 10. Juli 1951 erfolgte der einstimmige Beschluss des Ministerrates, für Prof. Gustinus Ambrosi - auf Grund seiner außergewöhnlichen Leistungen auf dem Gebiete der bildenden Kunst - ein Museum zu errichten; den angeschlossenen Wohn- und Ateliertrakt wollte man ihm mit allen Pflichten und Lasten zur Verfügung stellen. Nach den Entwürfen des Architekten Dipl.-Ing. Georg Lippert entstand 1953-57 der Gebäudekomplex im Augarten. Am 20. Mai 1957 unterschrieb Prof. Gustinus Ambrosi den Notariatsakt mit der Republik Österreich. 165 Werke in Bronze und Marmor gingen als Schenkung an das österreichische Volk und in das Eigentum der Republik über - 1971 übergab der Künstler weitere 56 Werke an die Republik.

Infolge der jahrzehntelangen, schweren Arbeit litt Ambrosi in den letzten Lebensjahren unter starken Gelenksbeschwerden der Oberarme; immer wieder erkrankte er in den Wintermonaten an Lungenentzündungen. Trotzdem begann er im Alter von 76 Jahren in Stallhofen, Weststeiermark, seinen Alterssitz zu bauen; Prof. G. Ambrosi schied kurz vor dem Bezug des neu erbauten Hauses, am 1. Juli 1975, aus dem Leben. Seit 1988 ist das im toskanischen Stil von ihm entworfene Haus ein sehenswertes Museum und zugleich eine Gedenkstätte.

1978 wurde im Augarten in Wien-Leopoldstadt das Gustinus Ambrosi Museum eröffnet, das nach dem Konzept des Künstlers gestaltet worden war. Im selben Jahr wurde auch die Gustinus Ambrosi-Gesellschaft gegründet.

Ambrosis bildhauerisches Werk umfasst rund 2300 Arbeiten, davon etwa 650 Porträts.

Bedeutende Skulpturen

  • Der Mann mit dem gebrochenen Genick (1909) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Promethidenlos (1916-18) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Der ewige Frühling (1916) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Der opfernde Abel (1917) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Die Erschaffung Adams (1913-19) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Orpheus und Eurydice (1919) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Der Mensch und sein Schicksal (um 1920) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Kain (1922) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Ikaros (1923) [Ambrosi-Museum, Wien]
  • Phaidros (1953) [Bank Austria]
  • Die Blüte (1965-75) [Ambrosi-Museum, Wien] u. a.

Ambrosi als Porträtist

Gustinus Ambrosi muss als bedeutender Porträtist des 20. Jahrhunderts angesehen werden; seine Porträts stellen einen wichtigen Beitrag zur Geistes- und Kulturgeschichte dieses Jahrhunderts dar. Er schuf die Porträts der Päpste "Pius XI." (1927), "Pius XII." (1957) und "Johannes XXIII." (1960); es entstanden die Bildnisse von Kardinälen, Fürsten, Staatsmännern, Politikern, Wissenschaftlern, Wirtschaftstreibenden . . . von schönen Frauen und Kindern.

Das lyrische Werk

Bisher sind erschienen: "Die Sonette an Gott" (1923), "Die Sonette am Grab einer Liebe" (1926), "Einer Toten" (1937), "Das Buch der Einschau" (1959), "Die Sonette an Beethoven" (1974), "Das Buch der kleinen Lieder" (1995 - 1. Auflage, 2000 - 2. Auflage, herausgegeben von der G. Ambrosi-Gesellschaft).

Prof. G. Ambrosi fand Anerkennung als geistvoller Briefschreiber und Zeitkritiker; er stellte Gott, die Natur, das Schicksal des Menschen, die Ethik und die Ästhetik in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen.

Literatur

  • Ambrosi Mappe, Verlag Strache, Leipzig-Wien, 1921
  • Fritz Karpfen, "Gustinus Ambrosi", Thyros-Verlag, Leipzig-Wien, 1923
  • Ambrosi-Festschrift 1948, Burgenland-Verlag, Wien (Die Fähre-Sonderdruck)
  • Artikelserie in den Zeitschriften "Der physiognomische Beobachter" und "Der gute Menschenkenner", herausgegeben von Siegfried Kupfer, Nürnberg, 1953-77
  • MITTEILUNGEN u. FESTSCHRIFTEN d. G. Ambrosi-Gesellschaft, Wien, 1978-2008.
  • Natalie Ambrosi, "Gespräche mit meinem tauben Sohn Gustinus (1906-12)", herausgegeben v. d. G. Ambrosi Gesellschaft, 2003.
  • Franz Renisch: Gustinus Ambrosi, Eigenverlag, ISBN 3-9500018-0-8

Quellen

  • Elisabeth Zerlauth, Dissertation, Das dichterische Schaffen Gustinus Ambrosis, Universität Innsbruck, 1982
  • Anna Maria Hufnagl, Diplomarbeit, Gustinus Ambrosi - Porträtist seiner Zeit, Universität Graz, 1991
  • SAUR - Allgemeines Künstlerlexikon, Band 3, München-Leipzig, 1992, Seite 156
  • Felix Czeike, Historisches Lexikon, Wien, Bd.1, Seite 81
  • Ausstellungskataloge (Personale): St. Gallen - Kunstverein, 1923; Budapest - Ernstmuseum, 1933; Graz - Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks, 1937; Wien - Palais Lobkowitz, 1951.

Weblinks


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