Halsgerichtsbarkeit

Halsgerichtsbarkeit
„Halsgericht mit bedeckten Blößen“
Detail des Reliefs am Rathaus von Hannover

Die Blutgerichtsbarkeit, auch als ius gladii („Recht des Schwertes"), Blutbann, Hochgerichtsbarkeit (Hohe Gerichtsbarkeit) oder Halsgerichtsbarkeit bekannt, war im Mittelalter im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die peinliche Gerichtsbarkeit („peinlich“ bezieht sich auf das lateinische „poena“, übersetzt „Strafe“) über Straftaten, die mit Verstümmelungen oder mit dem Tode bestraft werden konnten, also „blutige Strafen“ waren („straffen biss ann das blut“ oder „straffen, so an das blut gandt und das läben kostendt“).

Inhaltsverzeichnis

Straftaten

Dies waren vor allem Straftaten wie Raub und Mord, Diebstahl, Notzucht, homosexueller Geschlechtsverkehr, Hexerei oder Zauberei oder Kindesmord. Die Hinrichtungsformen bei einem Todesurteil unterschieden sich jeweils nach dem Verbrechen (zum Beispiel für Kindesmörderinnen das Ertränken, für Notzucht (Vergewaltigung) der Feuertod oder für Mord das Rädern) sowie nach der Person des Verbrechers. Die Hinrichtung durch Enthaupten war beispielsweise lange Zeit eine „privilegierte“ Hinrichtungsmethode für Adelige.

Bei Straftaten, die durch Verstümmelung gesühnt werden sollten (sog. lybstraffen), gab es unterschiedliche Strafformen, wie das an den Pranger stellen, Abschneiden/Anschneiden von Körperteilen (zum Beispiel Ohren, Zunge), „Schwemmen“, Auspeitschen oder Brandmarken.

Bei Straftaten wie Beleidigungen oder Raufereien blieben die niederen Gerichte zuständig, die keine „blutige Strafen“ verhängen, sondern „nur“ auf Geldbußen, Gefängnishaft, Ehrlosigkeit oder Verbannung erkennen durften.

Todesurteil

In der Regel wurden vor allem (besitzlose) Landstreicher, Kleinkriminelle und Menschen aus der sozialen Unterschicht zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde dann oft zum Zweck der Abschreckung in der Öffentlichkeit vollzogen. Aus demselben Grund ließ man die Gehängten in vielen ländlichen Gegenden auch lange Zeit gut sichtbar am Galgen hängen.

Die Blutgerichtsbarkeit wurde von den jeweiligen Herrschern an ausgewählte Gerichtsorte verliehen und untermauerte den Machtanspruch der jeweiligen Stadt. Auf Dorf- und Stadtebene gab es meist nur die Gerichte der Gutsherren oder die Gerichte der niederen Gerichtsbarkeit. Da die Freie Reichsstadt einem Fürstentum praktisch gleichgestellt war, hatte auch sie das Recht auf die Hohe Gerichtsbarkeit.

Kodifikation

Die Blutgerichtsbarkeit wurde vor allem durch die Constitutio Criminalis Carolina (CCC) Kaiser Karls V. von 1532, auch peinliche Halsgerichtsordnung genannt, reformiert und vereinheitlicht. Diese galt zwar subsidiär, d.h. sie wurde nur herangezogen, wenn das eigene Landesrecht keine entsprechende Regelung kannte, dennoch führte sie zur Vereinheitlichung der Kriminalprozesse.

Im deutschen Raum und Teilen der Schweiz und Österreichs war die Blutgerichtsbarkeit noch teilweise bis ins 18. und 19. Jahrhundert verbreitet und wurde erst durch die Nationalisierungs- und Kodifikationstendenzen der einzelnen Herrschaftsgebiete durch eigentliche Strafgesetze, wie wir sie heute kennen, ersetzt, z. B. in Preußen oder Bayern.

Blutschild und Kennzeichen der Blutgerichtsbarkeit

Das Recht der Blutgerichtsbarkeit wurde vielfach durch Zeichen und Wappen dargestellt. Seit dem späten Mittelalter fügten viele Landesherren ihrem Wappen ein zweites schlichtes rotes Wappen, den so genannten Blutschild, bei. Dieser war Zeichen der Hohen Gerichtsbarkeit. Auf Karten des 15. bis 18. Jahrhunderts sind Gerichtsorte oft gesondert markiert, entweder durch einen Blutschild oder durch einen Galgen, der auch den Richtort markieren kann.

Beispiele für einen Blutschild: Epitaph von Kurfürst Albrecht Achilles von Brandenburg in der Moritzkirche in Ansbach und Blutschild des Markgrafen Georg Friedrich in der Schlosskirche der Plassenburg in Kulmbach.

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