Handicap (Golf)

Handicap (Golf)

Das Handicap im Golf ist eine Kennzahl, die die ungefähre Spielstärke eines Golfers beschreibt. Vereinfacht lässt sich sagen, dass sich das Handicap aus der Differenz der Schläge, welche zum Beenden eines Platzes benötigt werden, vom Par des Platzes (in der Regel 72) ergibt. Verschieden hohe Handicaps können gegeneinander aufgerechnet werden, so dass ein Wettbewerb „auf Augenhöhe“ auch zwischen Golfern unterschiedlicher Spielstärke möglich wird.

Inhaltsverzeichnis

Grundidee

Aus dem Handicap, in Deutschland auch Stammvorgabe genannt, wird vor einem Wettbewerb die sogenannte Spielvorgabe errechnet. Diese unterscheidet sich von der Stammvorgabe dadurch, dass sie zusätzlich noch die Schwierigkeit des zu spielenden Platzes berücksichtigt. Sie kann also höher, niedriger oder (bei einem durchschnittlich schweren Platz) genauso hoch wie die Stammvorgabe sein. Aus dieser Spielvorgabe ergibt sich dann eine Anzahl von sogenannten Vorgabeschlägen, die der Spieler von der eigentlich gespielten Schlagzahl einer Runde abziehen darf. Dieses errechnete Ergebnis unter Berücksichtigung der Vorgabeschläge wird Netto-Ergebnis genannt und ist zwischen Golfern unterschiedlicher Spielstärke vergleichbar.

Die Stammvorgabe ist bei fast allen Spielern eine negative Zahl, das negative Vorzeichen wird deshalb im Sprachgebrauch oft unterschlagen. Die Bandbreite liegt in Deutschland zwischen etwa +5 (beste Amateurspieler) und −54 (Anfängereinstufung). Daraus ergibt sich, je besser (gemäß oben erwähntem Sprachgebrauch ohne Vorzeichen: je niedriger) ein Handicap ist, desto höher die Spielstärke, die es ausweist.

In clubinternen Amateurwettspielen werden normalerweise mehrere Netto-Preise ausgeschrieben, da dann alle Spieler eine realistische Chance auf einen Gewinn haben. Oft gibt es aber zusätzlich einen Brutto-Preis für das absolut beste Ergebnis, also ohne Berücksichtigung von Vorgabeschlägen.

Bei nationalen und internationalen Amateurmeisterschaften sowie in Berufsspielerturnieren wird immer brutto gewertet. Berufsgolfer haben keine Stammvorgabe und können deshalb, wenn sie bei Wettspielen mit Amateuren antreten, nicht an der Nettowertung teilnehmen.

Anwendung des Handicaps

Bei fast allen Spielformen (Stableford, Zählspiel, Lochspiel und vielen Teamspielformen) kann man das Handicap dazu verwenden, das unterschiedliche Können der Spieler rechnerisch auszugleichen. Ein schlechter Spieler kann dann durchaus gegen einen guten gewinnen, weil der schlechtere Spieler mit seiner höheren Spielvorgabe entsprechend mehr Vorgabeschläge erhält.

Für jede der 18 Bahnen einer vollen Golfrunde gibt es einen Richtwert für die Schlagzahl, der als sog. Par angegeben ist. Je nach Länge der Bahnen sind drei, vier oder fünf Schläge für sie als Soll vorgegeben, man geht also davon aus, dass ein sehr guter Spieler in der Lage ist, diese Bahnen mit jeweils drei, vier oder fünf Schlägen abzuschließen. In der Regel hat eine Golfrunde ein Par von 72, das sich meist aus je vier Par-3- und Par-5-Bahnen und zehn Par-4-Bahnen zusammensetzt. Die einfachste und früher auch praktizierte Form der Ermittlung eines Handicaps besteht darin, den Durchschnitt mehrerer vergangener Ergebnisse eines Spielers mit dem Par zu vergleichen. Spielte beispielsweise ein Spieler die letzten Runden bei Par 72 mit durchschnittlich 90 Schlägen, so wäre sein Handicap −18, da man 18 von seinem Ergebnis abziehen müsste, um zum Par zu kommen. Ein Spieler, der den Platz im Durchschnitt mit 72 Schlägen spielen würde, hätte ein Handicap von 0. Einen solchen Spieler nennt man auch Scratch-Golfer.

Methode der Handicapberechnung

Das einfache System leidet vor allem darunter, dass verschiedene Golfplätze unterschiedlich schwierig zu spielen sind und Ergebnisse daher auch vom jeweiligen Golfplatz abhängen. In der Folge sind Handicaps, denen Ergebnisse auf unterschiedlichen Plätzen zu Grunde liegen, nicht miteinander vergleichbar. Die tatsächliche Ermittlung eines Handicaps wird daher heute wesentlich differenzierter vorgenommen, wobei Golfverbände unterschiedliche Regeln für die Führung des Handicaps festlegen. So unterscheidet sich zum Beispiel das in den USA verwendete Handicap-System der USGA (United States Golf Association) deutlich von dem in Europa verwendeten EGA Handicap System, das in Deutschland als DGV-Vorgabensystem durch den Deutschen Golf Verband DGV angewendet wird. Obschon sich die Berechnungsmethoden unterscheiden, werden sich die Handicaps gleich starker Spieler in vergleichbaren Größenordnungen bewegen. Dennoch ist die Ungenauigkeit zu groß, um einen fairen Quervergleich zwischen zwei Handicaps unterschiedlicher Systeme zu ermöglichen. Im folgenden soll unter gelegentlicher Nennung von Unterschieden grundsätzlich nur auf die Berechnung des Handicaps nach dem System des DGV eingegangen werden.

Um die Handicaps vergleichbar zu machen, wird heute auch die Schwierigkeit eines Platzes bei der Berechnung berücksichtigt. International am verbreitetsten und auch in Deutschland verwendet ist hierbei das System des sogenannten Course Rating (CR) und des Slope Rating (Slope). Diese Ratings berücksichtigen – anders als Par – nicht nur die Länge einer Spielbahn, sondern auch andere für die Schwierigkeit wichtige Einflussfaktoren, z.B. das Vorhandensein von Hindernissen. Der CR-Wert bezeichnet dabei die (auf eine Stelle nach dem Komma angegebene durchschnittliche) Schlagzahl, die ein sehr guter Golfer für eine Runde brauchen sollte. Der Slope-Wert gibt eine relative Steigerung der Schwierigkeit für schlechtere Golfer an. Mittels beider Werte können Ergebnisse unterschiedlich guter Golfer auf unterschiedlichen Plätzen zueinander in Relation gesetzt werden.

Jeder Golfer hat eine sogenannte Stammvorgabe, die seine Spielstärke in absoluter Form ausdrückt und auf eine Nachkommastelle angegeben wird. Dieser Wert ist derjenige, der im Volksmund als Handicap bezeichnet wird. Hierbei wird meist das Vorzeichen Minus nicht genannt, sehr gute Golfer, die normalerweise besser als Par spielen, können auch eine positive Stammvorgabe haben, in diesem Fall wird das Plus ausdrücklich als Vorzeichen genannt. Unter Hinzunahme des CR- und des Slope-Wertes wird aus der Stammvorgabe eine für den zu spielenden Platz gültige ganzzahlige Spielvorgabe berechnet. Ein Golfer, der z. B. eine Stammvorgabe von −19,3 hat, könnte auf einem schwierigen Platz eine Spielvorgabe von −21 erhalten, dürfte also 21 Schläge mehr als Par benötigen, um sein normales Leistungsniveau erreicht zu haben. Auf einem leichten Platz könnte seine Spielvorgabe hingegen nur −18 sein, so dass er entsprechend weniger Schläge benötigen darf. Für die genaue Berechnung der Spielvorgabe siehe Course Rating und Slope.

Im DGV-System werden Stammvorgaben von maximal −36,0 vergeben, in die andere Richtung ergeben sich in der Praxis bei Topamateuren Handicaps von bis zu +4,0. Um Anfänger auch schon am Vorgabensystem beteiligen zu können, kann ein Verein für seine Mitglieder auch sogenannte Clubvorgaben führen, die zwischen −54 und −37 liegen, immer ganzzahlig sind und im Wesentlichen nach den gleichen Regeln wie Stammvorgaben berechnet werden.

Die Stammvorgabe (oder Clubvorgabe) wird auf Basis der Ergebnisse vorgabenwirksamer Runden ermittelt. Vorgabenwirksam sind im Wesentlichen in bestimmten Turnieren gespielte Runden, es können auch EDS-Runden (Extra Day Score, außerhalb von Turnieren gespielte Runden auf dem Heimatplatz) zur Berechnung der Stammvorgabe berücksichtigt werden. Der relevante Score ist hierbei der nach Stableford, bei anderen Spielformen muss das Ergebnis in ein Ergebnis nach Stableford umgerechnet werden. Hat der Spieler 36 Stablefordpunkte erzielt, so hat er sein Handicap bestätigt, hat er mehr als 36 Stablefordpunkte erspielt, errechnet sich die neue Stammvorgabe auf Basis der über 36 liegenden Punktzahl. Für jeden zusätzlichen Stablefordpunkt wird die Stammvorgabe um einen bestimmten Wert herabgesetzt (in Anbetracht des Vorzeichens eigentlich heraufgesetzt), und zwar

Bereich des Handicaps Vorgabeklasse Änderung des Handicaps bei >36 Stablefordpunkten Änderung des Handicaps bei Nicht-Erreichen der Pufferzone Pufferzone
zwischen -37 und -54 6 1 keine Verschlechterung keine Verschlechterung
zwischen -26,5 und -36 5 0,5 0,2 5
zwischen -18,5 und -26,4 4 0,4 0,1 4
zwischen -11,5 und -18,4 3 0,3 0,1 3
zwischen -4,5 und -11,4 2 0,2 0,1 2
unter -4,4 und besser 1 0,1 0,1 1

Hat ein Spieler mit einer Stammvorgabe (also −36,0 oder besser) in einer vorgabenwirksamen Runde weniger als 36 Stablefordpunkte erzielt, kann sich seine Stammvorgabe verschlechtern. In der Vorgabeklasse 5 beträgt die Verschlechterung pauschal 0,2 Punkte, sonst 0,1 Punkte. Sie tritt ein, wenn die für jede Vorgabenklasse unterschiedlich große Pufferzone verfehlt wurde. In der Klasse 1 beträgt diese einen Punkt, in der Klasse 2 sind es 2 Punkte, in den Klassen 3, 4 und 5 darf man ohne Auswirkungen auf sein Handicap 3, 4 bzw. 5 Punkte weniger als 36 erzielen. In der Vorgabenklasse 6 wird das Handicap nicht hochgesetzt.

Vorgabenwirksam sind normalerweise nur Zählspiel oder Stableford-Turniere über eine oder mehrere volle Runde(n) von 18 Löchern und EDS-Runden über 18 Löcher. Im deutschen Golf Verband besteht ab der Saison 2006 jedoch die Möglichkeit „vorgabenwirksame Neun-Löcher-Turniere“ zu spielen. Zunehmende allgemeine Zeitknappheit und der Wunsch der Golfspieler, häufiger vorgabenwirksam zu spielen, sind die Gründe für diese Regelung, welche in einem zweijährigen Pilotprojekt vorbereitet wurde. Allerdings sind Neun-Löcher-Turniere nur für Spieler der Vorgabenklassen 3–6, also bis bestenfalls Stammvorgabe −11,5, vorgabenwirksam. Für die "nicht gespielten" zweiten 9 Löcher bei den Neun-Loch-Turnieren werden zum Ergebnis pauschal 18 Stableford Punkte addiert. Die Pufferzone bei Neun-Löcher-Turnieren beträgt in der Vorgabenklasse 3 einen Punkt, in der Vorgabenklasse 4 zwei Punkte und in der Vorgabenklasse 5 drei Punkte.

Am 1. Januar 2007 wurde das sogenannte Competition Stableford Adjustment (CSA) eingeführt, nach dem abhängig von den Ergebnissen der anderen Turnierteilnehmer das eigene Ergebnis um −1 bis +3 Stablefordpunkte angepasst wird und bei ganz schlechten Ergebnissen sogar nur Unterspielungen gezählt werden. Damit sollen aktuelle Einflüsse wie das Wetter oder der Platzzustand Berücksichtigung finden.

Ab dem 1. Januar 2012 wird die oben beschriebene Anpassung der Ergebnisse der Turnierteilnehmer seitens der EGA (European Golf Assoziation) wiederum modifiziert. Mittels des neuen Verfahren Computed Buffer Adjustment (CBA) werden die erzählten Stableford-Punkte nun nicht mehr modifiziert, dafür aber die Puffergrenzen der jeweiligen Stablefordklassen verschoben (von +1 bis -4). Zudem gibt es geringe Anpassungen in den Faktoren, die zur Berechnung des jeweiligen Ergebnisses führen. Insgesamt wird somit versucht, die äußeren Wettspieleinflüsse (Wind, Regen, Trockenheit, hohes Rough, ...) gegenüber dem "normalen" Platzzustand zu berücksichtigen und die Ergebnisse verschiedener Wettspiele auf dem selben Platz vergleichbarer zu machen.

Das Handicap in Turnieren

Wenn das Ergebnis eines Turniers ohne Berücksichtigung von Handicaps gewertet wird, spricht man von einer Bruttowertung, wenn das Handicap berücksichtigt wird, von einer Nettowertung. Golfprofis spielen mangels eines Handicaps immer brutto, in den meisten Turnieren für Amateure werden Brutto- und Nettopreise ausgelobt und dementsprechend mehrere Wertungen vorgenommen. Bruttosieger wird der Spieler, der absolut am wenigsten Schläge in einem Turnier benötigt. Nettosieger wird derjenige, dessen Ergebnis unter Berücksichtigung seiner Spielvorgabe am besten ist.

Beispiel:
Reines Zählspiel: Spieler A mit Spielvorgabe 2 benötigt 76 Schläge, Spieler B mit Spielvorgabe 18 benötigt 90 Schläge.
Spieler A wird Bruttosieger, da 76 die geringste Anzahl von Schlägen ist.
Spieler B wird Nettosieger, da er nach Abzug seiner Spielvorgabe netto nur 72 Schläge (90-18=72) benötigt hat, während dies bei A 74 Schläge (76−2=74) sind.

Im Lochspiel wird das Handicap in der Weise angewendet, dass die Differenz der Spielvorgaben der Gegner berechnet wird, gegebenenfalls modifiziert um einen zusätzlichen Faktor. Je nach der Verteilung der Vorgabeschläge auf die Bahnen darf der schwächere Spieler die sich ergebende Differenz von Schlägen mehr benötigen, um ein Unentschieden zu erreichen. Bei beispielsweise 3 Schlägen Differenz wird je ein Schlag Vorgabe an den Löchern mit den Vorgabewerten 1,2 und 3 wirksam.

Beispiel:
Spieler A hat Spielvorgabe 2, Spieler B hat Spielvorgabe 25, erhält daher 23 Schläge vor.
B darf dann an den 5 Löchern mit Handicapeintrag 1-5 zwei Schläge mehr brauchen als A, an allen anderen Löchern je einen Schlag mehr.
Spielt B beispielsweise am schwersten Loch (Handicapeintrag 1) eine 5 und A eine 4, so hat B das Loch gewonnen.
Wenn Spieler A am leichtesten Loch (Handicapeintrag 18) eine 5 spielt, und Spieler B eine 6, dann hätten beide das Loch geteilt, also "unentschieden" gespielt.

Extra Day Score

Mit Extra Day Score-Runden (EDS-Runden) können Golfspieler auch außerhalb von Turnieren ihr Handicap verbessern. Die Runden werden privat gespielt. Sie müssen jedoch vorher im Clubsekretariat angemeldet werden, der Spieler darf bis Ende 2011 höchstens die Stammvorgabe −11,5 (oder schlechter) haben, und die Person, die den Score aufschreibt (der Zähler), muss eine Stammvorgabe ab -36 haben (Golfprofessionals dürfen keine Zähler bei einer EDS-Runde sein). Ab der Saison 2012 dürfen EDS Runden von der DGV-Vorgabenklasse 2 bis Clubvorgabe gespielt werden. In den Vorgabenklassen 2 und 4 (Stammvorgaben −4,5 bis −26,4) dürfen in einem Kalenderjahr nicht mehr EDS-Runden als vorgabenwirksame Turniere gespielt werden.

EDS-Runden sind bis Ende 2011 auf 18 Loch festgelegt. Mit dem neuen Regelwerk ab 2012 können EDS-Runden wahlweise über 9 oder 18 Loch gespielt werden. Des Weiteren sind die DGV-Vorgabenklassen 2 bis Clubvorgabe (-4,5 bis -54) dafür zugelassen. Sie können laut den Regularien des DGV nur auf dem Heimatplatz des Spielers gespielt werden, also in dem Club, der die Vorgabe des Spielers führt.

Manipulation

Gelegentlich ist der Vorwurf zu hören, Golfer würden versuchen, ihr Handicap zu manipulieren. Dabei wird manchen Spielern vorgeworfen, ein zu niedriges Handicap zu pflegen, um nach außen hin als besserer Golfer zu gelten. Dies kann z. B. dadurch erreicht werden, dass gerade bei EDS-Runden ein „frisierter“ Score angegeben wird.

Anderen wird das „Schonen“ ihres Handicaps vorgeworfen („Sandbagging“): Sie würden ihr Handicap künstlich hoch halten, um bei Turnieren mehr Vorgabeschläge und damit bessere Siegchancen zu haben. Dies kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass zur Vermeidung von Herabsetzungen nur sehr wenige vorgabewirksame Runden gespielt werden oder der Spieler absichtlich schlecht spielt.

Eine Herabsetzung kann man auch vermeiden, wenn man sich als Spieler eines ausländischen Clubs bzw. eines Inhabers einer ausländischen Lizenz bei Turnieren anmeldet. Zum Beleg der Verbesserung wird dem Spieler z. B. eine beglaubigte Scorekarte mitgegeben, wobei aber die Meldepflicht beim Spieler liegt. Versäumt er dies, so startet er verbotenerweise beim nächsten Turnier mit dem gleichen Handicap.

Quellen

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Handicap – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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