Haraway

Haraway
Donna Haraway.

Donna J. Haraway (* 1944 in Denver, Colorado) ist Naturwissenschaftshistorikerin, Biologin, und Professorin für feministische Theorien und Technoscience an der European Graduate School in Saas-Fee, Schweiz, wo sie einen Sommer-Intensivkurs unterrichtet.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werke

Mit einem Stipendium der Fulbright Foundation studierte sie Evolutionstheorie in Paris mit Georges Canguilhem und erlangte 1972 einen Doktortitel (Ph. D.) an der Biologischen Fakultät der Yale University für eine interdisziplinäre Dissertation über die Bedeutung der Metapher in der Forschungsdefinition der Evolutionären Biologie des Zwanzigsten Jahrhunderts.

1983 publizierte Haraway A Manifesto for Cyborg, ein postmoderner feministischer Essay, der die möglichen Schnittstellen von Mensch und Maschine beleuchtet.[1] Im September 2000 wurde Haraway die höchste Anerkennung der Society for Social Studies of Science (4S), der J. D. Bernal Award, für ihr Lebenswerk verliehen.

Donna Haraway diskutiert verschiedene Formen der Macht und Lust, insbesondere in technologisch vermittelten Gesellschaften. Sie konzentriert sich dabei auf die Veränderung von Klasse, Rasse und Gender in unserer Gesellschaft. Ihre antiessentialistische Perspektive prägt auch ihre Wissenschaftskritik, in der sie dichotome Kategorien wie die "Grenzziehungen zwischen Mann/Frau, Mensch/Maschine und Physischem/Metaphysischem aufzuheben und neu zu denken" versucht. Statt vermeintlich objektiver Standpunkte fordert sie ein Konzept des situierten Wissen, das "Verantwortung für eigene Positionen übernehmen und den göttlichen Trick des vermeintlich herrschaftsfreien, universal gültigen androzentristischen Wissenschaftsprinzip entlarven" (Laura Dobusch) möchte.[2]

In ihrem Essay "Hunde mit Mehrwert und lebendiges Kapital" (2007) / When Species Meet (2007)[3] erläutert Haraway, dass Menschen und Tiere sich in ihren Begegnungen gegenseitig beeinflussen. Vor dem Hintergrund der Bedeutung, die diese Begegnungen für die kapitalistische Ökonomie, Familien- und Verwandtschaftskontruktionen, Krieg und Technowissenschaften und für emanzipatorische Vorstellungen besitzen, stellt sie heraus, dass die Kategorie "Natur" und "Kultur" für das Verständnis dieser Begegnungen nicht ausreichen. Die "Wiedergänger" von Marx, der die Begriffe des Gebrauchs- und Tauschwerts als Bezeichnung für Beziehungen verstand, müssten heute, wenn sie die marx'sche Terminologie zur Analyse des Biokapitals heranzögen, diese Terminologie um den Begriff des Begegnungswertes erweitern.[4]

Das Zusammenleben unterschiedlicher Spezies, wie Mensch und Tier, fasst sie in dem Begriff companion species[5]. Dabei werden Haustiere nicht allein als "Gefährten und Begleiter" der Menschen betrachtet, bei denen der Mensch im Mittelpunkt des Handelns steht, sondern Formen von Lebenswelten zwischen Menschen und Tieren, bei denen die Interaktion nicht allein vom Mensch bestimmt wird. Die Beispiele, die Haraway hier analysiert, sind sehr weitführend und umfassen die Bedeutung zwischen Hunden und Menschen bei der Folter im Irak-Krieg oder die Funktion von Hunden in Vollzugsanstalten der USA, bei denen Gefangene und Hunde zum Zwecke der Resozialisierung in ein Straftransformationsverhältnis gesetzt werden. Hier entscheidet die Erziehung der Hunde, die von den menschlichen Häftlingen unter Verschluss gehalten werden, über die Freiheit oder das Todesurteil der Hunde: "Die Übergänge zwischen Vorbildfunktion und Befehlsgehorsam, zwischen den Rollen von Lehrer und Schüler, körperlicher Gefügigkeit und gegenseitiger seelischer Annäherung sind für Menschen und Hunde gleichermaßen fließend. Im Unternehmenskomplex aus Industrie und Strafvollzug stehen Leben und Tod auf dem Spiel. Diskurse zur Resozialisierung von Strafgefangenen waren selten klarer zu durchschauen. Arbeit macht frei."[6]

Haraway lehrte an der University of Hawaii und an der Johns Hopkins University und unterrichtet jetzt als Professorin und ehemalige Dekanin des History of Consciousness Programms an der University of California, Santa Cruz und an der European Graduate School.

Werk

  • 1990: Primate Visions. Gender, Race, and Nature in the World of Modern Science (Routledge, New York)
  • 1990: A Manifesto for Cyborgs. Science, Technology and Socialist Feminism in the 1980s. In: Linda Nicholson (Hrsg.): Feminism, Postmodernism (Routledge, New York, S. 190–233)
  • 1991: Simians, Cyborgs, and Women. The Reinvention of Nature (Routledge, New York)
  • 1995: Monströse Versprechen. Die Gender- und Technologie-Essays (Argument-Verlag, Hamburg, ISBN 3-88619-234-2)
  • 1996: Modest_Witness@Second_Millennium.FemaleMan©_Meets_Oncomouse™ (Routledge, New York)
  • 2003: The Companion Species Manifesto. Dogs, People, and Significant Otherness (Prickly Paradigm Press)

Literatur

  • Karin Harrasser: Donna Haraway. In: Stephan Moebius, Dirk Quadflieg (Hrsg.): Kultur. Theorien der Gegenwart. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14519-3.
  • Joseph Schneider: Donna Haraway (Live Theory). Continuum International Publishing Group Ltd., New York 2005, ISBN 0826462782

Einzelnachweise

  1. Donna Haraway: A Cyborg Manifesto Science, Technology, and Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century. In Simians, Cyborgs and Women: The Reinvention of Nature. New York 1991n
  2. A Cyborg Manifesto Science. Science, Technology and Socialist Feminism in the 1980s. In: Linda Nicholson (Hrsg.): Feminism, Postmodernism (Routledge, New York, S. 190–233), Einen guten Überblick gibt das Referat von Laura Dobusch, Uni Wien, 2007: [1]
  3. Donna Haraway: When Species Meet, Minnesota 2007
  4. Donna Haraway: Hunde mit Mehrwert und lebendiges Kapital. In: jour fixe initiative berlin (Hg.): Gespenst Subjekt. Münster 2007.
  5. The Companion Species Manifesto
  6. Donna Haraway: "Hunde mit Mehrwert und lebendiges Kapital". In: Jour fixe initiative berlin (Hg.): Gespenst Subjekt. Münster 2007. S. 99

Weblinks


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