Hassan II. (Marokko)

Hassan II. (Marokko)
Hassan II. 1978
Hassan II. bei seinem Besuch in den Vereinigten Staaten 1983

Hassan II. (arabischالحسن الثاني بن محمد‎, DMG al-Ḥasan aṯ-ṯānī b. Muḥammad; * 9. Juli 1929 als Moulay Hassan; † 23. Juli 1999) war von 1961 bis 1999 König von Marokko.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Hassan II. wurde 1929 als ältester Sohn von Mohammed V. geboren. Nach der Unabhängigkeit 1956 wurde er Oberbefehlshaber der Armee und schlug mehrere Aufstände der Berber im Rif-Gebirge nieder, nachdem die Rif-Berber versucht hatten, den damaligen Thronfolger und Oberbefehlshaber der Armee in der Nähe von Al-Hoceima, im Zuge eines Besuches Hassan II. in der Region, zu erschießen.

Festigung der Macht

Als König setzte Hassan II. die Dynastie der Alawiden fort und verfolgte eine konservative Politik, wobei er sich vor allem auf die alten Eliten und die feudalen Strukturen des Landes stützte. Nachdem Marokko 1962 eine konstitutionelle Monarchie geworden war, löste Hassan II. nach Unruhen das Parlament auf und übernahm wieder persönlich die Regierungsgeschäfte. Vor allem die linke Opposition wurde verfolgt und ins Exil getrieben. 1965 wurde mit Ben Barka ein Führer der linken Opposition im Pariser Exil entführt und getötet. Dies führte zu einer zunehmenden Opposition, Hassan II. überlebte zwei republikanische Putsche 1971 und 1972 nur knapp (siehe Republik Marokko).

Westsahara-Konflikt

1975 initiierte Hassan II. den „Grünen Marsch“, bei dem 350.000 unbewaffnete marokkanische Zivilisten die spanische Kolonie Westsahara besetzten, was auch von der innenpolitischen Opposition begrüßt wurde. Allerdings ließ er nach dem spanischen Abzug einen Teil der Westsahara durch Marokko selbst besetzen. Bald begann der militärische Widerstand eines Teils der Einheimischen unter der POLISARIO. Dies führte zu starken Spannungen mit Algerien und Libyen, die die POLISARIO unterstützten. Der Westsaharakonflikt konnte bis heute nicht gelöst werden. Erst 1989 kam es zu einer Aussöhnung mit Algerien und Libyen, als die Arabische Maghreb Union, unter Einschluss Tunesiens, zur Vertiefung der wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit gegründet wurde.

Gravierende Menschenrechtsverletzungen

(siehe Hauptartikel: Wahrheitskommission Marokko)

Insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren kam es unter seiner Herrschaft zu schweren Menschenrechtsverletzungen, die gegen jegliche Art von Opposition gegen das Königshaus gerichtet waren. Teilweise wird diese Periode als schmutziger Krieg bezeichnet.[1] Die Opfer der staatlichen Repression waren Mitglieder des Militärs nach den Putschversuchen in den Jahren 1971 und 1972, Mitglieder linker Parteien und Bewegungen sowie Aktivisten für die Selbstbestimmung der Sahara. Die dabei begangenen Verbrechen - unter anderem Folter und das Verschwindenlassen von Menschen - waren so zahlreich und gravierend, dass sein Sohn Mohammad VI. im Jahr 2004 eine Wahrheitskommission zu ihrer Untersuchung und Wiedergutmachung einsetzen ließ. Sie war die bisher einzige derartige Kommission in der arabischen Welt.

Hassan II. selbst hatte Mitte der 1990er aufgrund des innen- und außenpolitischen Druck eine Abkehr von der auf gnadenloser Repression beruhenden Politik veranlasst. Nur wenige Monate vor seinem Tod 1999 rief er eine erste nationale Kommission ins Leben, die sich mit dieser Frage befasste. In der Folge wurde das berüchtigte Gefängnis von Tazmamart geschlossen, und zahlreiche politische Gefangene kamen in den Genuss einer Amnestie. Eine wichtige Triebfeder für die Reformen spielte eine Vereinigung ehemaliger politischer Gefangener namens „Forum Verité et Justice“, welche die marokkanische Öffentlichkeit hartnäckig auf das Thema aufmerksam machte.

Bilanz und Ende der Herrschaft

Abgesehen von der verheerenden Bilanz in Bezug auf die Menschenrechte werden zu seinen positiven Leistungen gezählt: der systematische Bau zahlreicher Staudämme zur Versorgung der lokalen Agrarindustrie mit Wasser, sowie Bemühungen, den Israelisch-Palästinensischen Konflikt durch Vermittlungen zu lösen.

Innenpolitisch gelang es Hassan II., den aufkommenden militanten Islamismus unter Kontrolle zu halten. Seit der Verfassungsänderung von 1992 begann eine vorsichtige Liberalisierung der Politik. Am 23. Juli 1999 starb Hassan II. in Rabat. Nachfolger wurde sein Sohn Mohammad VI. Ein weiterer Sohn, Moulay Rachid, wurde neuer Kronprinz.

Literatur

Gilles Perrault: Unser Freund der König von Marokko: Abgründe einer modernen Despotie. Leipzig; Weimar: Kiepenheuer 1992 (eine anschauliche Darstellung des Folterregimes Hassans)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eric Goldstein: Morocco's Dirty War. In: The Nation, 3. Januar 2002

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