Heiltumsweisung

Heiltumsweisung
Heiltumsweisung der Reichskleinodien am Schopperschen Haus, Nürnberg. Holzschnitt von 1487 aus einem Heiltumsbüchlein.

Bei einer Heiltumsweisung handelt es sich um die feierliche Zeigung des Reliquienschatzes einer Kirche im Rahmen eines eigens entwickelten, von Ort zu Ort variierenden Bußgottesdiensts.

Wegen der großen Zahl von Besuchern wurden sie meist außerhalb des Kirchenraums durchgeführt, die Reliquien wurden von einer kurzfristig errichteten Bühne, dem so genannten Heiltumstuhl (Abbildung rechts - allerdings seitenverkehrt), oder von dauerhaft am Außenbau der Kirchen angebrachten Balkonen oder Galerien gezeigt. Im Laufe der Zeit bildete sich die Gewohnheit heraus, die Weisung in einem bestimmten, regelmäßigen Turnus durchzuführen, entweder jährlich – nicht selten in Kombination mit dem jeweiligen Kirchweihfest – oder beispielsweise alle sieben Jahre.

Ein bedeutender Anreiz für die Teilnahme an Heiltumsweisungen stellte die Möglichkeit dar, Ablass zu erwerben. Wegen der allgemein praktizierten, wenn auch nicht immer vollkommen rechtmäßigen Ablasskumulation waren bei den Heiltumsweisungen die größten Ablässe im Rahmen öffentlicher Bußleistungen zu erwerben. In der Zeit ihres höchsten Ansehens strömten Menschen aus nahezu ganz Europa zu bestimmten Heiltunsweisungen, wobei sie Haus, Hof, Weib und Kind über einen größeren Zeitraum hinweg allein ließen. Die Heiltumsweisungen gehörten zu den größten Ereignissen des hohen und späten Mittelalters überhaupt, bis die Reformation ihnen fast überall ein Ende setzte. Bis heute werden sie u.a. in Aachen und Kornelimünster durchgeführt (im sieben-Jahres-Rhythmus; zuletzt: 2007).

Siehe auch

Literatur

  • Hartmut Kühne: Ostensio reliquiarum. Untersuchungen über Entstehung, Ausbreitung, Gestalt und Funktion der Heiltumsweisungen im römisch-deutschen Regnum. de Gruyter, Berlin u. a. 2000, ISBN 3-11-016569-4, (Arbeiten zur Kirchengeschichte 75), (Zugleich: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1998).
  • Christof L. Diedrichs: „Man zeigte uns den Kopf des Heiligen“. Bausteine zu einer Ereigniskultur in Mittelalter und Früher Neuzeit. Weißensee-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89998-128-5.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kaiserkrone (Krone) — Frontalansicht der Reichskrone in der Wiener Schatzkammer Seitenansicht von rechts Die Reichskrone ist die Krone der …   Deutsch Wikipedia

  • Bamberger Dom St. Peter und St. Georg — Gesamtansicht Bamberger Dom vom Schloss Geyerswörth aus gesehen …   Deutsch Wikipedia

  • Christusreliquien — Turiner Grabtuch Als Christusreliquie bezeichnet man Reliquien, die nach der Überzeugung der Gläubigen vom Leib und Blut Jesu Christi stammen oder mit ihm in Berührung gekommen sein sollen. Diese Reliquien genießen in der katholischen Kirche… …   Deutsch Wikipedia

  • Heilige Nabelschnur — Turiner Grabtuch Als Christusreliquie bezeichnet man Reliquien, die nach der Überzeugung der Gläubigen vom Leib und Blut Jesu Christi stammen oder mit ihm in Berührung gekommen sein sollen. Diese Reliquien genießen in der katholischen Kirche… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichskrone — Frontalansicht der Reichskrone in der Wiener Schatzkammer …   Deutsch Wikipedia

  • 95 Thesen — Thesentür an der Schlosskirche in der Lutherstadt Wittenberg Martin Luthers 95 Thesen, in denen er gegen Missbräuche beim Ablass und besonders gegen den geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen auftrat, wurden am 31. Oktober 1517 als Beifügung… …   Deutsch Wikipedia

  • Bamberger Dom — (Gesamtansicht) Bamberger Dom vom Schloss Geyerswörth aus gesehen …   Deutsch Wikipedia

  • Dalmatica (Reichskleinodien) — Die Dalmatica (oder Dalmatika), auch blaue Tunicella genannt, der Reichskleinodien war ein ursprünglich liturgisches Gewand und wurde Mitte des 12. Jahrhundert auf Sizilien gefertigt und gehörte später zum Krönungsornat der römisch deutschen… …   Deutsch Wikipedia

  • Hauptmarkt (Nürnberg) — Blick über den Hauptmarkt von Südosten, 2007 …   Deutsch Wikipedia

  • Heiltumstuhl — Der Heiltumstuhl im Jahr 1502 Der Heiltumstuhl war ein von 1483 bis 1485 in Wien am Rande des Stephansplatzes errichtetes Gebäude für die Reliquien und Kirchenschätze, das 1699 als Verkehrshindernis abgetragenen wurde[1]. Geschichte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”