Henriette Vogel

Henriette Vogel
Grab von Henriette Vogel und Heinrich von Kleist

Adolphine Sophie Henriette Vogel (* 9. Mai 1780; † 21. November 1811 in Wannsee als Adolphine Sophie Henriette Kaeber) war die Freundin Heinrich von Kleists, mit dem sie sich gemeinsam das Leben nahm.

Leben

Henriette Vogel war mit dem Landrentmeister Friedrich Ludwig Vogel, genannt Louis, verheiratet und hatte mit ihm eine Tochter namens Pauline. Ihr wurde nachgesagt, dass sie eine wunderbare Hausfrau und Gesellschafterin mit Verstand für Poesie, Kunst und Musik gewesen sei, die sich in solchem selbst übte, so dass sie in Gesellschaft mit Klavierspiel und Gesang entzücken konnte.

Sie lernte Heinrich von Kleist 1809 durch dessen Freund Adam Müller kennen und schloss, da sie beide Ähnlichkeiten beieinander fanden, bald Freundschaft mit ihm. Sie teilten die Liebe zur Musik, und laut Ernest Peguilhen soll Henriette Vogel ihren Freund gebeten haben, ihr die Kriegskunst zu erläutern sowie das Fechten beizubringen. Das Verhältnis zwischen beiden wurde im Herbst 1811 inniger, blieb jedoch, laut Zeitgenossen, keine leidenschaftliche, sondern eine rein geistige Liebe. Dies behauptete Adam Müller, der selbst eine Zeit lang in Henriette verliebt gewesen war. Auch Marie von Kleist, eine angeheiratete Verwandte Kleists, sorgte dafür, dass diese Behauptung gestreut wurde.

Ein erhaltenes Dokument, nämlich eine Eintragung in das Taufbuch der französisch-reformierten Gemeinde Berlin-Friedrichstadt, vom 16. November 1810, belegt, dass neben 12 anderen Personen Heinrich von Kleist Taufpate und Henriette Vogel Taufpatin von Isidora Marie Cäcilie Kunigunde Müller, am 27.10. geborene Tochter von Adam und Sophie Müller waren. Beide waren bei der Taufe des Kindes anwesend.

Auch Julie Eberhardi, die verwitwete Geheimrätin, wird in diesem Dokument als Patin benannt: diese heiratete Louis Vogel einige Monate nach Henriettes Tod. Ihr vermachte Henriette in ihrem Brief vom 21.11.1811 „unsre kleine messingne Kaffeemaschine“.

Louis Vogel besuchte zusammen mit Adam Müller die Schule, nämlich das Graue Kloster in Berlin. Laut Obduktionsbericht war Henriette Vogel (unheilbar) an Gebärmutterkrebs erkrankt. Ob sie einen qualvollen Tod gefürchtet hat, ist nicht belegt. Sie äußerte jedoch des Öfteren den Wunsch, zu sterben, wagte aber nicht, sich selbst das Leben zu nehmen. Mit Kleist, der selbst seit seiner Jugend solche Gedanken gehegt hatte, hatte sie also, wie umgekehrt auch er, den idealen Partner zum Sterben gefunden. Der Arzt Johann Benjamin Erhard, bei dem Henriette Vogel in Behandlung war, schreibt am 26.11.1811: „Die Frau konsultierte mich vor drei Jahren über eine unheilbare Krankheit, die sie auf Äußerung eines Arztes haben sollte; ich fand die Sache nicht so schlimm, gab ihr Mittel, und glaubte sie so weit hergestellt, worüber ich auch Professor Froriep, der damals hier war, konsultierte; der Mann aber, der eine Abneigung gegen sie bekam, entzog sich ihr, behandelte sie aber mit Achtung.“ An ihren Mann Louis Vogel schrieb sie am 20.11.1811: „Nicht länger kann ich mehr das Leben ertragen, denn es legt sich mir mit eisernen Banden an mein Herz – nenne es Krankheit, Schwäche, oder wie du es sonst magst, ich weiß es selbst nicht zu nennen – nur so viel weiß ich zu sagen, daß ich meinem Tode als dem größten Glücke entgegensehe;(...)“ (in: Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte von Zeitgenossen. Hg. Helmut Sembdner. Bremen 1957)

In Henriette Vogels Brief heißt es weiter: „könnte ich Euch doch alle, die ich liebe, mitnehmen, möchtet Ihr doch bald zum ewigen herrlichen Verein folgen, ach! dann bliebe mir gar nichts zu wünschen übrig. Kleist, der mein treuer Gefährte im Tode, wie er im Leben war, sein will, wird meine Überkunft besorgen und sich alsdann selbst erschießen.“

Berühmt wurde Henriette Vogels „Liebeslitanei“, die sie an Heinrich von Kleist im November 1811 verfasste, in dem sie ihn mit Koseworten und Liebesnamen überhäuft.

Der Berliner Kleistforscher Horst Häker hat das Taufbuch der Luisenstädtischen Kirche, das Totenbuch der Matthäikirche, Berliner Adressbücher sowie das Taufbuch der Berliner Jerusalemkirche ausfindig gemacht und u.a. die genauen Daten der Geburt von Henriettes Kindern festgestellt. Drei von ihnen verstarben im Säuglingsalter. Dies wurde von Biographen bisher nicht beachtet, da diese sich nicht mit Henriette befassen mochten.

Am 21. November 1811 erschoss Kleist zuerst die Freundin und dann sich selbst in der Nähe des Wannsees bei Potsdam. Die Abschiedsbriefe, die die beiden noch in Berlin, am Tag ihrer Abfahrt nach Wannsee, und in der Nacht, die sie dort im Gasthof Stimming verbracht hatten, verfasst haben, gehören heute zur Weltliteratur.

Das gemeinsame Grab der beiden am Kleinen Wannsee (Bismarckstraße) zieht immer wieder viele Besucher an. Es wird z.Zt. wegen des 200. Todestages neu gestaltet.

Literatur

  • Günter Blamberger: Heinrich von Kleist. (Frankfurt a.M.: 2011, S. Fischer Verlag)

Literarische Auseinandersetzungen mit Leben und Tod Henriette Vogels

  • Tanja Langer: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit - Die letzte Nacht von Henriette Vogel und Heinrich von Kleist. (dtv, München: 2011) ISBN 978-3-423-13981-6
  • Karin Reschke: Verfolgte des Glücks. Das Findebuch der Henriette Vogel. (Berlin: 1982, Rotbuch Verlag)

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