Hentai

Hentai
Zeichnung mit pornografischer Darstellung im Anime-Stil

Mit Hentai (japanische Schreibweise 変態, „Transformation“ oder „Abweichung“) bezeichnet man außerhalb des japanischen Sprachraums pornographische Manga und Anime. Darunter fallen zum einen im für japanische Anime „typischen“ Stil gehaltene Pornographie, zum anderen pornographische Darstellungen von bekannten Figuren aus Comics, Zeichentrickfilmen oder Videospielen; ursprünglich stammten diese ausschließlich aus japanischen Vorlagen (z. B. Sailor Moon).

Hentai-Anime machen in Japan fünf bis zehn Prozent aller produzierten Anime aus. Man kann viele Hentai-Anime auch anderen Genres wie Fantasy, Science Fiction oder Magical Girl zuordnen.

Hentai zeichnet sich im Gegensatz zu Pornographie mit realen Menschen dadurch aus, dass es eine sehr breite Vielfalt an Darstellungen gibt, die im realen Leben nicht möglich oder verboten wären (wie z. B. Tentakel, Lolicon, Shotacon oder Futanari).

Inhaltsverzeichnis

Verallgemeinerung

Frühe Beispiele von Sexualdarstellungen im Westen stammen überwiegend aus dem Horrorgenre, z. B. Urotsuki Douji, in dem junge Mädchen von Monstern mit Tentakeln vergewaltigt werden. Auch werden oft ausgefallene Praktiken und Fetische dargestellt, z. B. Bondage und Voyeurismus. Tatsächlich werden aber alle Anime mit expliziten Sexualdarstellungen, auch wenn diese der Norm entsprechen, als Hentai bezeichnet. Hentai als Spektakel findet mitunter mehr Akzeptanz als ein simpler Porno, wenn es als Horrorfilm, Thriller oder ähnliches getarnt wird. Erotische Anime wurden im Westen paradoxerweise durch Hentai schon früh salonfähig und haben ihren Ruf behalten, auch nachdem reine Manga-Pornos im Westen Einzug hielten.

Missverständnis

In Japan werden pornographische Manga üblicherweise als ero manga (エロマンガ, „erotische Manga“), seinen comic (成年コック, „Comics für Volljährige“) oder als 18-kin Manga (18禁漫画, „nicht für Leser unter 18 Jahren freigegebene Manga“) bezeichnet, man kann sie aber auch als etchi na manga (エッチな漫画, „versaute Comics“) umschreiben.

Etchi ist die japanisierte Form der englischen Aussprache des Buchstabens H, weswegen man auch H na manga (Hな漫画) schreiben kann. Etchi/H ist höchstwahrscheinlich von Hentai abgeleitet. Auch wird H (na) Manga von westlichen Fans meist fälschlich als Hentai Manga gelesen, was dazu führte, dass Hentai im Westen mittlerweile wie eine Genrebezeichnung benutzt wird.

Abgrenzung zu verwandten, im Westen gebräuchlichen Termini

Hentai und Etchi werden im Westen oft durcheinander geworfen. Anders als in Japan werden beide Wörter zur Bezeichnung von Manga und Anime mit sexuellen Inhalten gebraucht, aber nach Härte der Darstellung unterschieden. Im Gegensatz zum Begriff Etchi, der im Westen üblicherweise für eher softerotische Anime und Manga verwendet wird und dessen Übergang zum Fanservice fließend ist, steht Hentai für harte gezeichnete Pornographie in allen Spielarten. Die unter deutschsprachigen Fans auch anzutreffende Meinung, dass es genau umgekehrt wäre, leitet sich vermutlich von der Fachzeitschrift AnimaniA her, die diese Ansicht bis zu einem Wechsel ihrer Redakteure verbreitete.

Computerspiele mit Hentai-Elementen werden Erogē genannt. Das einzige deutsch synchronisierte ist das Rollenspiel Knights of Xentar und lag seinerzeit verschiedenen Zeitschriften auf CD-ROM in einer jugendfreien USK-12-Version bei.

Hintergrund

Der Traum der Fischersfrau von Hokusai. Holzschnitt aus dem 19. Jahrhundert.

In Japan tauchten früh Kunstwerke mit erotischem Inhalt auf. Schon während der Blütezeit der Ukiyo-e, der so genannten Edo-Zeit, enthielten die Holzschnitte pornografische Szenen mit oftmals surrealen Elementen.

Die japanische Auffassung von Obszönität unterscheidet sich recht stark von der anderer Kulturen. Selbst Animes für Kinder können unbekleidete Charaktere beinhalten, wie zum Beispiel in Sailor Moon, wo die Figuren während ihrer Verwandlung nackt gezeigt werden. Auch viele Mangaka zeichnen erotische Szenen im Rahmen des Fanservice.

Obwohl auch im Westen pornografische Comics und Trickfilme produziert werden, bleibt die Popularität von Hentai bis heute unerreicht. Dies liegt vor allem daran, dass westliche Comiczeichner, die ein Talent für pornografische Inhalte hätten, ihre Produktionen eher auf den Mainstream beschränken. In Japan hingegen gibt es sehr viele Künstler, die sich ausschließlich auf das Zeichnen von Hentai spezialisiert haben.

Diese Form der japanischen Kunst wurde vor allem durch das Internet berühmt. Mittlerweile sind sehr viele Internetseiten entstanden, die sich nur der Darstellung von Hentai widmen. Auch Hentai-Dōjinshi zu berühmten Mangas erfreuen sich großer Beliebtheit.

Zensur und Jugendschutz

Hentai-Mangas, in Japan zum Kauf angeboten

Pornographie ist in Japan gesetzlich verboten. Die Definition von Obszönität ist schwammig, beinhaltet aber die detaillierte und realistische Darstellung von Geschlechtsorganen und dem Geschlechtsakt. Obwohl dem Namen nach verboten, dürfen nach unserem Empfinden pornographische Materialien in Japan unter der Bezeichnung Erotika aber durchaus vertrieben werden, solange die obszönen Stellen mit Balken verdeckt oder mit Computer-Mosaik-Effekten verfremdet werden. Für photographische Pornographie gelten dabei schon lange Altersbeschränkungen: So genannte Adult Videos (abgekürzt AVs) dürfen nur an über 18-Jährige abgegeben werden, für entsprechende Comics gibt es eine solche Altersbeschränkung jedoch erst seit Beginn der 1990er Jahre.

In Japan gibt es keine Prüfstelle für pornographisches Material im eigentlichen Sinne, erst nach Veröffentlichung kann ein Werk für obszön befunden und dann verboten werden. Die Hersteller müssen daher Selbstzensur üben, um eine für sie teure Beschlagnahmung zu vermeiden. Da sich aber weniger stark zensierte Werke deutlich besser verkaufen, werden die Grenzen für Obszönität ständig herausgefordert und auch immer wieder überschritten. Besonders gewagte Comics werden oft probeweise in kleiner Auflage veröffentlicht, um das finanzielle Risiko gering zu halten. Im Falle einer Beschlagnahmung erscheint dann eine stärker zensierte zweite Auflage und die bereits verkauften Exemplare der Erstauflage werden auf dem Gebrauchtmarkt zu begehrten Sammlerstücken.

Die gesetzliche Definition von Obszönität ermöglicht aber verschiedene Schlupflöcher: So waren in einer früheren Gesetzesfassung nur die Darstellung von erwachsenen Genitalien verboten, was den Erfolg von sogenannten Lolicon-Manga (Abkürzung für Lolita Complex) gefördert haben mag. Um die Überhandnahme von Sex-Comics mit teils sehr jungen Mädchen zu unterbinden, wurde das Gesetz Ende der 1980er Jahre geändert: Das bisherige Verbot von Schamhaaren (ein Kriterium für erwachsene Genitalien) wurde aufgegeben, und dafür ausdrücklich die Darstellung aller Genitalien verboten. Daher wurde die Schamgegend besonders in frühen Eromanga einfach freigelassen, oder nur die Silhouette eines Penis gezeichnet. Detailliertere Darstellungen mussten mit Balken verdeckt werden. Ein weiteres Schlupfloch stellen phallusähnliche Objekte wie Dildos oder Tentakel dar, die von solcher Zensur ausgenommen sind – zumindest solange, bis sie in eine Vagina eindringen. Letztendlich lässt sich die Zensur nicht völlig umgehen.

Auch in Mainstream-Werken, die man nicht unbedingt als pornographisch ansehen würde, wurde die Darstellung von Sex immer gewagter, und in den frühen 1990er Jahren lösten Comics wie Blue von Yamamoto Naoki und Angel von U-Jin eine Kontroverse aus, die schließlich zur Einführung des seinen comic-Labels führte. Dieser Aufdruck bedeutet Comics für Volljährige und markiert die oben erwähnte Altersbeschränkung. Da damit aber offiziell ein Genre von Comics für Erwachsene geschaffen und ein System für Jugendschutz etabliert worden war, wurde gleichzeitig auch der Weg geebnet für weniger Zensur. Die Balken wurden von da ab immer kleiner und verdecken meist nur noch einen Teil der Eichel oder der Klitoris, oder es ist verpixelt und man kann weniger der Intim-Zonen erkennen. Am 25. Februar 2008 wurde bekanntgegeben, dass mit einer Überarbeitung des Jugendschutzgesetzes in Japan begonnen werden soll. Als Ursachen dafür wird der starke Anstieg von Fällen, in denen Kindern Opfer von Pornografie wurden,[1] und die Anschuldigung der Vereinigten Staaten, in Japan würde Kinderpornografie erlaubt, genannt.

Inhaltlich decken Eromanga schon von jeher ein breites Spektrum an sexuellen Praktiken und Fetischen ab. Die Handlung war von der Zensur kaum betroffen und ist damit teils viel extremer, als es im Westen möglich wäre. Für westliche Veröffentlichungen werden daher inhaltliche Änderungen vorgenommen (z. B. Dialoge, Alter der auftretenden Personen u. ä.). Im Internet wird unter der Bezeichnung Hentai aber auch viel unverfälschtes japanisches Originalmaterial verbreitet.

Öffentliche Wahrnehmung in Deutschland

Speziell im deutschsprachigen Raum werden Anime auch heute noch häufig mit Hentai gleichgesetzt. Dies hat wohl vor allem mit den Medien (sowohl Zeitung als auch Fernsehen) zu tun: Vielfach beschränkt sich deren Berichterstattung über Manga und Anime nach dem Grundsatz „Sex sells“ auf das Hentai-Genre. Die Tatsache, dass die Charaktere in Hentais teilweise sehr jung aussehen, tut ihr übriges. Außerdem war der Anteil von Hentai an den Anime-Videoveröffentlichungen in Deutschland bis Mitte der 1990er-Jahre sehr hoch (über 30 Prozent), in vielen Videotheken waren gar keine anderen Anime erhältlich. Zudem werden auch teilweise Anime als Hentai bezeichnet, die vereinzelt für deutsche Sehgewohnheiten ungewöhnlich explizite Sexszenen enthalten, aber diesem Genre eigentlich nicht zuzuordnen sind, wie beispielsweise Ninja Scroll oder Wicked City.

Einzelnachweise

  1. Japan looks to close child porn possession loophole. In: asiaone news. 25. Februar 2009, abgerufen am 20. Februar 2009 (englisch).

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Hentai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Hentai – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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