Herzog-Ernst

Herzog-Ernst

Herzog Ernst ist ein mittelhochdeutscher Versroman (in älterer Forschung oft auch als Spielmannsdichtung bezeichnet) des Hochmittelalters, der vermutlich um 1180 von einem rheinischen Dichter verfasst wurde.

Historischer Hintergrund

Den historischen Hintergrund des Werkes, das auf einer lateinischen Quelle beruht, bildet (neben anderen Ereignissen) der Aufstand des Herzogs Ernst II. von Schwaben gegen seinen Stiefvater Konrad II. 1030. Seine zahlreichen Bearbeitungen insbesondere als späteres sogenanntes Volksbuch verdankte es sowohl den Schilderungen der Abenteuer seines Helden in einem fabulösen Orient, der auf eine Vielzahl an Quellen verweist, als auch seinen stets aktuell deutbaren politischen Hintergrund: dem problematischen Verhältnis von Fürsten und Königen, von Landes- und Zentralgewalt. Auffällig ist auch die komplexe Verschränkung verschiedener Erzählmuster, die der Dichter geschickt kombiniert, angelegt vor allem in der Verschränkung von Reichsgeschichte (Aufstand Herzog Ernsts bzw. Taten nach der Rückkehr) und Orientgeschichte (Bewährung in der Fremde). In der Orientgeschichte begegnen Motive und Szenen, die z. B. aus der Geschichte des heiligen Brandan, aus 1001 Nacht (Sindbad der Seefahrer) bekannt sind oder mittelalterliches Wissen aus Enzyklopädien und antiken Weltbeschreibungen nutzen. Insbesondere die Darstellung der monstra, also der körperlich deformierten Wunderwesen des Orients, wie sie z. B. auf der Ebstorfer Weltkarte dargestellt sind, und der miracula des "Ostens", z. B. des Magnetbergs, der goldgrabenden Ameisen, aber auch der Pygmäen, faszinierte so sehr, dass sich eine reiche Tradition der Überlieferung bildete.

Von der ursprünglichen Fassung des Herzog Ernst (A) sind nur zwei Bruchstücke überliefert, die von Karl Bartsch 1869 herausgegeben wurden. Zwei vollständige Handschriften (B) stammen aus dem 15. Jahrhundert, der Text dürfte zu Beginn des 13. Jhs entstanden sein. Bemerkenswert noch die Fassung Herzog Ernst (D), die Ulrich von Etzenbach zugeschrieben wurde. An ihr ist die stilistische und inhaltliche Vorgehensweise einer hochhöfischen Bearbeitung im Verhältnis zum Herzog Ernst B gut ablesbar.

Wie so oft lassen auch hier Textgenese und Überlieferungszusammenhang mittelalterlicher Literatur keine einfache Zuordnung zu einer bestimmten Epoche, gar einem Jahrzehnt zu. Literarische Texte in dieser Zeit sind denn eher als "work in progress" zu fassen, deren Gestalt und Deutungshorizont mit der Überlieferungslage, den Abschriften, Übersetzungen, Drucken etc. je neu zu bestimmen ist.

Lateinische Übersetzungen liegen aus dem 13. Jahrhundert vor: eine Fassung in Hexametern des Dichters Odo von Magdeburg und zwei Prosafassungen. Die lateinische Prosafassung C bildete die Vorlage für die sogenannte Volksbuch-Tradition. Die erste Fassung entstand wohl im 15. Jahrhundert in Augsburg (Erstdruck: Anton Sorg, Augsburg 1476). Eine weitere gekürzte Fassung wurde dann bis ins 19. Jahrhundert überliefert. Auch eine "Liedfassung" im Bernerton, die fast ausschließlich die Abenteuer im Orient zum Gegenstand hat, wird - ursprünglich noch im 14. Jahrhundert entstanden - als gedrucktes "Volksbuch" überliefert.

An dieser breiten Bearbeitungs- und Überlieferungslage lassen sich wesentliche Veränderungen im Erzähler- und Leserinteresse, ja in der Soziologie des Publikums selbst vom Hoch- über das Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit verfolgen.

1817 griff Ludwig Uhland in seiner Tragödie "Herzog Ernst von Schwaben" auf den Stoff zurück, ebenso Peter Hacks in dem Stück "Das Volksbuch von Herzog Ernst oder Der Held und sein Gefolge" (1956). Bemerkenswert ist noch die Adaption des Herzog Ernst als Animationsfilm "Herzog Ernst" von Lutz Dammbeck aus dem Jahr 1993, die in zeichnerischer Umsetzung und gestalterischer Dichte als eines der besten Beispiele der (künstlerisch freien) Umsetzung eines alten "Ritterepos" gelten darf.

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