Ludwig Uhland

Ludwig Uhland
Ludwig Uhland, Gemälde von G. W. Morff (1818)

Johann Ludwig „Louis“ Uhland (* 26. April 1787 in Tübingen; † 13. November 1862 ebendort) war ein deutscher Dichter, Literaturwissenschaftler, Jurist und Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Uhlands Geburtshaus in Tübingen
Eingangstür zum Geburtshaus mit Gedenktafel
Uhlandbüste von Ernst Rau in Stuttgart (Guss: Wilhelm Pelargus)

Johann Ludwig Uhland wurde am 26. April 1787 in Tübingen, im Herzogtum Württemberg, geboren. Sein Stammbaum lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Er entstammt einer renommierten Gelehrtenfamilie. In Tübingen lebte die Familie Uhland, seitdem der Großvater Ludwig Joseph als Professor der Theologie an die Universität berufen worden war. Ludwigs Vater war Universitätssekretär. Seine Mutter galt als fürsorgliche und gutmütige Frau. Ludwig verbrachte seine Kinderjahre in Tübingen und wohnte mit seiner Familie in einem alten Bürgerhaus an der Neckarhalde. Er hatte zwei Geschwister, von denen sein Bruder Friedrich im Alter von zehn Jahren an Scharlach starb. Die Schwester Luise wurde erst nach Friedrichs Tod geboren.

Am 25. September 1820 heiratete der Dichter Johann Ludwig Uhland, Dr. jur., Rechtskonsulat in Stuttgart, Professor in Tübingen, Emilie Auguste Vischer (* 15. Mai 1799 in Calw; † 5. Juni 1881 in Stuttgart), Tochter des Johann Martin Vischer, Kaufmann aus Calw und seiner Ehefrau Friederike Auguste Emilie Vischer, geb. Feuerlein aus Stuttgart. Emilie Uhland ist eine Enkelin von Carl Friedrich Feuerlein, der Kanzleiadvokat und geheimer Kabinettssekretär Karl Eugens von Württemberg war. Emilie Uhland überlebte ihren Mann um 19 Jahre.

Studium und Bildungsreise

Von 1793 bis 1801 besuchte Ludwig Uhland die Schola Anatolica – die damalige Tübinger Lateinschule. Im Sprachunterricht war er begabt und bekam stets gute Zeugnisse; nur mit der Mathematik stand er zeitlebens auf Kriegsfuß. Er wurde oft von Freunden aus der Schule besucht, denn seine Mutter wollte nicht, dass er zum Einzelgänger würde.

1801 erhielt Uhland ein Stipendium für das Tübinger Stift. Er studierte dort Rechtswissenschaften und Philosophie. Die ihm auferlegten Pflichten erfüllte er mit unermüdlichem Eifer, Selbstbeherrschung und Ordnungsliebe zeichneten ihn aus. Dabei blieb er aber schweigsam und sehr zurückhaltend. Dies änderte sich erst, als 1804 der Medizinstudent Justinus Kerner nach Tübingen kam. Ludwig und er wurden gute Freunde. Zusammen mit anderen Kameraden gingen sie oft auf ausgedehnte Wanderungen. In diesem Zusammenhang entstanden manche Gedichte aus Uhlands Feder, etwa „Die Kapelle“ (1805). Die gleiche Gesinnung und die gemeinsame Richtung des Schreibens verbanden Uhland mit seinen Freunden Gustav Schwab, Justinus Kerner und Karl Mayer, die ebenfalls literarisch tätig waren. Zahlreiche Briefe sind Beleg dafür, welch warme und innige Verbindung zwischen den schwäbischen Dichterfreunden bestand. Sie alle blieben lebenslang miteinander in Kontakt.

1809 versuchte die habsburgische Monarchie, durch einen Krieg die französische Vorherrschaft über Deutschland zu beenden. In diesem Zusammenhang kam es auch zur Erhebung der Tiroler, deren Land kurz zuvor von Napoleon an Bayern gegeben worden war. Nur mit Mühe ließ sich dieser Aufstand, geführt von Andreas Hofer, schließlich niederschlagen. Eine Zeitlang schien es, als ob auch württembergische Truppen auf der Seite Bayerns in den Kampf hineingezogen werden würden. Damals schrieb Uhland sein Gedicht Der gute Kamerad, das dann auf eine Melodie von Friedrich Silcher (1825) viel gesungen und in späteren Zeiten – bis hin zum Nationalsozialismus – häufig im Sinne des patriotischen Aufbruchs und der Kriegsverherrlichung umgedeutet wurde. Uhlands Text ist weit entfernt von alledem, er handelt – nüchtern und doch bewegend – von Freundestreue und Kriegsschicksal. Ohnehin eignete sich das Ereignis, aus dem das Gedicht hervorging, kaum zu vaterländischer Begeisterung, kämpften hier doch Deutsche gegen Deutsche.

Am 3. April 1810 wurde Uhland zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Einen Monat später begab er sich auf eine Bildungsreise nach Paris. Sein Interesse galt dabei französischen und altdeutschen Schriften. Seine schriftlichen Studien betrieb er in der Pariser Nationalbibliothek. Der Hauptzweck der Reise sollte jedoch – aus Sicht des Vaters – das Studium der französischen Rechtsverhältnisse sein. Hier zeigt sich zum ersten Mal das Aufbegehren Uhlands gegen seinen Vater und gegen die Juristerei, die ihm nicht besonders am Herzen lag. Am 26. Januar 1811 kehrte der Sohn nach Tübingen zurück und eröffnete dort eine Anwaltskanzlei. Gleichzeitig arbeitete er seine Forschungsergebnisse aus, wobei ihm Gustav Schwabs Kenntnisse hilfreich waren.

In dieser Zeit (21. März 1812) entstand auch Uhlands wohl bekanntestes Gedicht „Frühlingsglaube“. Der romantische Charakter dieser Verse und die Wahl seiner lyrischen Themen (Natur, Mittelalter) darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Verfasser nur in eingeschränktem Sinn als Romantiker betrachtet werden kann. Uhlands wortkarge und nüchterne Art schlägt sich auch in seinen Gedichten nieder, die weniger zu Schwärmerei und Gefühlsergüssen neigen als zur knappen, anschaulichen, präzisen Darstellung von Gegebenheiten. Der Ton ist schlicht und unpathetisch, häufig angelehnt an Volkslieder, mit denen der Autor sich auch wissenschaftlich beschäftigt hat; so wird Uhland zum Volksdichter, dessen Gedichtbände immer wieder neu aufgelegt werden und zum Grundbestand des deutschen Bücherschranks im 19. Jahrhundert gehören.

Stuttgart / Sprecher der Landstände

Jupitersäule im Schlosspark Hohenheim, für Uhland die Anregung zur Ballade Des Sängers Fluch.
Gedenktafel an der Jupitersäule

Ende 1812 schloss Uhland seine Kanzlei in Tübingen und zog nach Stuttgart. Er erhielt eine Anstellung als zweiter Sekretär des württembergischen Justizministers, aber diese Stelle war unbesoldet, sie konnte allenfalls als Sprungbrett für spätere Aufstiegsschritte betrachtet werden.

Im September 1813 bekam der Jurist die lang ersehnte Einladung zur Schattengesellschaft, einem Zusammenschluss von Universitätsstudenten. Von nun an nahm er regelmäßig an den Treffen und Diskussionen teil. Am 15. Dezember 1814 erwähnt er in seinem Tagebuch zum ersten Mal Emilie Vischer aus Calw, seine spätere Ehefrau. In diesem Jahr entstand auch seine bekannteste Ballade: „Schwäbische Kunde“; sie basiert auf dem historischen Hintergrund des 3. Kreuzzugs, an dem Kaiser Friedrich I. Barbarossa teilnahm (und bei dem er ertrank). Uhland geht es hier jedoch weniger um die Darstellung historischer Abläufe als um eine humorvolle Schilderung mittelalterlicher Zustände. Zunehmend geht er dann allerdings dazu über, Vorgänge besonders aus der Geschichte Altwürttembergs in die Form der Ballade zu gießen.

In der napoleonischen Zeit war Württemberg durch den Anschluss umliegender Gebiete vor allem im Süden, in der Region zwischen Donau und Schweizer Grenze, erheblich vergrößert worden; Fläche und Bevölkerungszahl hatten sich glatt verdoppelt. In diesem Zusammenhang hatte der Monarch die alte landständische Verfassung, die auf der Mitwirkung von Bürgertum und Kirche an der Landespolitik beruhte, außer Kraft gesetzt. Dies war nicht gegen das Recht, da die ausgedehnten neuen Ländereien außerhalb dieser Verfassung standen; um eine möglichst effektive Eingliederung in das alte Württemberg zu ermöglichen, mussten neue Regelungen ausgearbeitet werden.

Im Jahr 1815 berief Friedrich I., der unter Napoleon den Königstitel angenommen hatte, eine allgemeine Ständeversammlung ein, um ihr den Entwurf einer neuen Verfassung vorzulegen. Nun kam es zu einem jahrelangen Ringen um die Bestimmungen dieses württembergischen Grundgesetzes, da die Abgeordneten zäh an den alten Regeln festhalten wollten. In dieser erbitterten Auseinandersetzung wurde Ludwig Uhland am 26. Juli 1815 führender Sprecher der Landstände. Für die Sache des „Alten Rechts“ setzte er auch seine poetischen Fähigkeiten ein und verfasste eine Reihe von Gedichten, in denen er die Grundsätze einer Verfassung im Sinn der Landstände darlegte. Da seine Verse bei vielen Versammlungen vorgetragen wurden, wuchs seine Volkstümlichkeit noch weiter.

Erst unter dem neuen König Wilhelm I. wurden die Beratungen über die Verfassung 1819 mit einem Kompromiss abgeschlossen. Auch Uhland musste schließlich zugeben, dass in ihr viel Gutes enthalten sei: Steuerbewilligung durch den Landtag sowie Mitwirkung an der Gesetzgebung, Einrichtung eines Staatsgerichtshofs zum Schutz der Verfassung, volle Pressefreiheit. Nicht gutheißen konnte er die Teilung des Landtags in zwei Häuser, die Einrichtung einer Adelskammer neben der herkömmlichen Volkskammer. Die feierliche Verkündigung des Grundgesetzes wurde am 29. Oktober 1819 in Stuttgart mit der Aufführung von Uhlands Drama Ernst, Herzog von Schwaben begangen.

Bereits im Mai 1817 hatte der Jurist sein Arbeitsverhältnis aufgelöst: Einerseits wurde ihm die Bezahlung nach wie vor verweigert, andererseits fühlte er sich nicht wohl in einer Stellung, in der er dem Fürstenstaat zuarbeiten sollte. Er beschloss nun, freier Anwalt in Stuttgart zu werden. Aber auch hier verdiente er nicht viel, weil er mit seiner schüchternen, wortkargen Art kaum in der Lage war, seine Klienten vor Gericht erfolgreich zu vertreten. So ist es kein Zufall, dass er in vielen seiner Fälle als Armen- und Pflichtverteidiger auftrat. In dieser Zeit befand er sich in akuter Geldnot.

Abgeordneter für Stuttgart

Ende 1819 war Uhland ohne besonderes Zutun wieder in den Landtag gewählt worden. Einen Tag nach dessen Eröffnung verlobte sich Uhland am 16. Januar 1820 mit Emilie Vischer und ließ sich am 29. Mai desselben Jahres mit ihr in der Stuttgarter Hospitalkirche trauen. Die Hochzeitsreise führte das junge Paar in die Schweiz, wo Uhland sein Wissen über mittelalterliche Handschriften in der Zürcher Bibliothek erweiterte. Bei anderer Gelegenheit unternahmen die beiden zusammen eine ausgedehnte Schwarzwaldreise. Hier mag den Dichter die alte Klosterruine von Hirsau zu seinem (erst 1829 niedergeschriebenen) „Ulmenbaum“ angeregt haben.

Uhland gehörte bis 1826 dem württembergischen Landtag an. Er verfuhr wie in allen Dingen auch hier äußerst gewissenhaft und fehlte während der gesamten Periode nur ein einziges Mal; selbst an seinem Hochzeitstag erschien er in der Kammer. Bald musste er freilich bemerken, dass die Mehrheit der Abgeordneten den Vorhaben der Regierung allzu willig folgte und dass in der Bevölkerung das Interesse an den politischen Vorgängen deutlich zurückging. Er selber hielt sich im Allgemeinen zur Opposition und wünschte eine wirksamere Kontrolle der Regierungstätigkeit, ohne damit durchzudringen. So zog er sich am Ende der Amtsperiode aus dem Landtag zurück, um sich wieder ganz seinen wissenschaftlichen Studien zu widmen.

Tübingen: Professor und Landtagsabgeordneter

Uhland-Denkmal in Tübingen

Uhlands Bemühen um einen Lehrstuhl hatte erst Ende 1829 Erfolg. Er wurde zum Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Tübingen ernannt. Das Ehepaar Uhland zog im April 1830 von Stuttgart nach Tübingen. Eine Anekdote besagt, dass er beim Auszug aus der Landeshauptstadt einen Lorbeerkranz bekommen habe, den er aber in einem Wald an einen Baum hängte, weil nach seinen Worten der Natur diese Ehrung eher zukomme als ihm. Auszeichnungen dieser Art ließen sich mit seiner Bescheidenheit nur schwer vereinbaren.

Am 3. Mai 1830 hielt Uhland seine erste Vorlesung. Seine Studenten waren angetan von seiner Persönlichkeit. Sie spürten die Begeisterung, mit welcher er sich selbst für die von ihm vorgetragenen Themen interessierte. Uhland arbeitete intensiv auf dem noch jungen Gebiet der Altgermanistik und trug zum Siegeszug dieser Wissenschaft bei. Dies führte zu einem intensiven Austausch mit dem gleichgesinnten Joseph von Laßberg.

Als eine Abordnung von Stuttgarter Bürgern bei ihm vorsprach, ließ sich der Philologe 1832 dazu bewegen, erneut für den Landtag zu kandidieren. Ohne eigenen Wahlkampf wurde er mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Nach schweren Konflikten zwischen Landtag und Regierung entzog diese den Landesbeamten den bisher gewährten Urlaub für die Kammersitzungen. Damit befand sich Uhland im Dilemma, er musste zwischen seiner Professur und dem Abgeordnetenamt wählen. Gegen seine innere Neigung entschied er sich dafür, im Landtag auszuharren, weil er sich nicht politisch erpressen lassen wollte. So ging ihm die geliebte Tätigkeit an der Tübinger Hochschule verloren.

Bis 1838 war Uhland Abgeordneter des Landtags. Wieder befand er sich auf der Seite der Minderheit, die politisch nicht viel bewirken und ihre Reformvorschläge nicht durchbringen konnte. Uhland sprach sich stets für große Sparsamkeit aus und wollte insbesondere die Militärausgaben deutlich zurückstutzen. Regelmäßig stimmte er gegen die Haushaltsvorlagen der Regierung. Man mag fragen, ob seine Tätigkeit als Professor ihm nicht größeren öffentlichen Einfluss ermöglicht hätte. Im Landtag ergriff er selten das Wort, dann allerdings häufig zu grundsätzlichen Äußerungen. Als ein adliger, sehr frommer Abgeordneter einmal vorschlug, vor jeder Sitzung der Ständekammer zu beten, erhob er sich mit Würde und sagte: „Ich meine, dass es Gott genehmer sein wird, wenn wir in unserem Kämmerlein statt in der Kammer beten.“ Eine solche Schlagfertigkeit entsprach eigentlich nicht seiner sonstigen Wortkargheit. In dieser Hinsicht hatte seine Frau vermutlich unter dem Ehegatten zu leiden. Entgegen der Aussage, dass jedes Ding zwei Seiten habe, meinte sie einmal, sie kenne eine Sache, die stets nur eine Seite habe, nämlich die Briefe ihres Ludwigs.

In diesen Jahren nahm das kinderlose Paar Uhland einen Neffen und den Sohn eines verstorbenen Freundes bei sich auf. Um der vergrößerten Familie ein bequemes häusliches Leben zu ermöglichen, wurde ein Haus in Tübingen in der Nähe der Neckarbrücke erworben; das Grundstück umfasste auch einen großen Obstgarten. Bald kam noch ein gesonderter Weingarten mit Häuschen hinzu. Hier arbeitete Uhland im Sommer in der frischen Luft an seinen Sammlungen und wissenschaftlichen Studien. Im Übrigen unternahmen die Eheleute zahlreiche Reisen durch ganz Deutschland und in die Nachbarländer. Stets hatte Uhland dadurch die Chance, in wissenschaftlichen Bibliotheken seine Studien über ihm unbekannte Handschriften zu betreiben. Die meisten Reisen dienten der wissenschaftlichen Forschung und der Sammlung von Quellen sowie der Begegnung mit bedeutenden Autoren. Als Uhland 1838 aus dem politischen Betrieb ausschied, arbeitete er als Privatlehrer.

So zurückhaltend wie als Privatperson verhielt Uhland sich auch bei den Veröffentlichungen seiner altgermanistischen Untersuchungen. Die meisten seiner Schriften schienen ihm noch nicht reif für den Druck zu sein. Er zögerte und zögerte, bis Andere, etwa Wilhelm Grimm oder Karl Lachmann, ihm zuvorkamen, und nahm sich so einen großen Teil der Wirkung, die er bei beherzterem Herangehen hätte ausüben können. Als nach seinem Tod der Nachlass veröffentlicht wurde, war vieles schon überholt.

Abgeordneter im deutschen Nationalparlament

Nach zehn Jahren eines zurückgezogenen Forscherlebens trat Uhland noch einmal auf die politische Bühne. Im Revolutionsjahr 1848 wurde er von den Bürgern seiner Heimatstadt Tübingen mit mehr als 90 Prozent der Stimmen zum Abgeordneten der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewählt. Dort hielt er sich im Allgemeinen zum linken Flügel, den so genannten „Demokraten“, ohne sich jedoch einer der politischen Gruppierungen fest anzuschließen. Während der monatelangen Beratungen über eine Reichsverfassung blieb er meist schweigsam, meldete sich nur gelegentlich mit kurzen Beiträgen zu Wort und hielt sich gewöhnlich in der Rolle des Einzelgängers.

Uhland erkannte klar, dass das Gelingen des großen Werks, die Schaffung eines deutschen Nationalstaats auf demokratischer Grundlage, letztlich eine Machtfrage war. Solange das Parlament in der Paulskirche von vornherein auf Verständigung mit den deutschen Fürsten setzte, wie es die liberale Mehrheit der Abgeordneten für richtig befand, schwächte es seine eigene Position. Um eine Gegenmacht zu schaffen, befürwortete Uhland die Volksbewaffnung. Im Übrigen sprach er sich für die Abschaffung des Adels aus.

Nur zweimal hielt der Tübinger Abgeordnete längere Reden. Das eine Mal ging es um sein Herzensanliegen, die Zusammenfassung aller Deutschen in gemeinsamen Grenzen, einschließlich Deutschösterreichs. An diesem „großdeutschen“ Nationalbau hielt er auch fest, als diesem Konzept durch die Niederschlagung der Revolution in Österreich die Grundlage entzogen war, denn die Habsburger waren nicht bereit, ihren Gesamtstaat in Einzelteile aufzulösen. Die Donaumonarchie wollte zwar einen Fuß in Deutschland behalten, aber Deutschösterreich sollte nicht in einem deutschen Nationalstaat aufgehen. So war es fast zwangsläufig, dass die Mehrheit in der Paulskirche schließlich (gegen Uhland) für die kleindeutsche Lösung stimmte.

Um zumindest für eine spätere Zeit den Beitritt Deutschösterreichs offen zu halten, sprach sich der Tübinger in der Frage des deutschen Staatsoberhaupts gegen die Erbmonarchie aus, die unter den Gegebenheiten von 1849 auf eine preußische Dauerlösung hinauslaufen musste. Stattdessen schlug er vor, oberhalb der Fürsten, die weiterhin, wenn auch mit eingeschränkter Funktion, in ihrer Stellung bleiben sollten, einen gewählten Präsidenten einzusetzen. Diese Konstruktion war freilich in sich so widersprüchlich und abwegig, dass sie bei den Beratungen in der Paulskirche ohne Chance blieb.

Bald zeigte sich, dass auch das preußische Erbkaisertum eine Totgeburt war, denn der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte die ihm angebotene „demokratische“ Kaiserkrone ab. Das Werk der Paulskirche war gescheitert, die österreichischen und preußischen Abgeordneten wurden auf Anordnung ihrer Regierungen zurückgerufen und verließen zusammen mit vielen anderen aus den Reihen der gemäßigten Liberalen Frankfurt. Die im so genannten Rumpfparlament zurückbleibenden Demokraten riefen die Bevölkerung zu tätiger Aktion auf, um das Verfassungswerk doch noch in letzter Minute zu retten. Der Text dieses Aufrufs war von Uhland formuliert.

Gleichzeitig beschlossen die Abgeordneten, den „Rumpf“ von Frankfurt nach Stuttgart zu verlegen, um der südwestdeutschen Aufstandsbewegung näher zu sein. Als dort von der württembergischen Regierung der Sitzungssaal verschlossen wurde und die Delegierten in einem Zug durch die Stadt, mit Uhland an der Spitze, einen anderen Versammlungsort suchten, wurden sie von Militär auseinander getrieben. Das war der Abgesang des ersten deutschen Nationalparlaments und zugleich das Ende von Uhlands politischer Betätigung. Jedoch übte der Tübinger auch später noch gelegentlich Kritik an politischen Vorgängen.

Rückkehr nach Tübingen

Beerdigung Ludwig Uhlands auf dem Tübinger Stadtfriedhof.

Uhland kehrte nach Tübingen zurück und wurde wieder als Privatlehrer tätig. Er widmete sich erneut seinen wissenschaftlichen Studien, betrieb Sagenkunde und reiste. Auf Betreiben Alexander von Humboldts in Berlin sollte ihm der Pour le Mérite verliehen werden, den er jedoch ablehnte, ebenso wie den bayrischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst. Uhland zog sich nun mehr und mehr aus dem öffentlichen Leben zurück. Sein Freundeskreis lichtete sich. Mit fast 75 Jahren nahm er teil an der Beerdigung seines besten Freundes Justinus Kerner, der am 22. Februar 1862 in Weinsberg gestorben war. An dem eisigen Wintertag zog er sich eine Erkältung zu, von der er sich nicht mehr richtig erholen sollte.

Am 26. April 1862 beging Uhland seinen 75. Geburtstag und mit ihm feierte das ganze deutsche Volk. Er wurde von den Deutschen sehr verehrt, denn er verkörperte für viele das Ideal nationaler Einheit und Freiheit. Überall im Land wurden Uhland-Linden und Uhland-Eichen gepflanzt. Es waren neben seinem lyrischen Werk seine Gradlinigkeit, seine Redlichkeit und sein selbstloser Einsatz für die Nation, die ihm diese Beliebtheit verschafften. Noch in seinem letzten Lebensjahr wurde ihm das Ehrenband der Tübinger Burschenschaft angetragen, welches er gerne annahm.[1] Im Sommer des Jahres suchte Uhland Stärkung im Solebad Jagstfeld, was ihm aber keine Besserung seines Leidens brachte. Am 13. November 1862 starb er im Alter von 75 Jahren. Er wurde auf dem Tübinger Stadtfriedhof begraben. Nur ein dunkler Granitblock mit dem Namen in goldener Schrift gibt Hinweis auf den großen Dichter. Sein Grab ist nicht weit von dem seines Dichterkollegen Friedrich Hölderlin entfernt.

Einzelnachweise

  1. K. Philipp: Burschenschaft Germania Tübingen, Gesamtverzeichnis der Mitglieder seit der Gründung 12. Dezember 1816. Stuttgart 2008.

Werke, Gedichte

Uhland auf einer Briefmarke der DDR, 1987
Uhland-Stein in Bad Harzburg

Literatur

  • Heinz Krämer: "Louis Uhland am Neckar, an der Seine - und am Feuerbach." "Ein Erinnerungsbuch an den Dichter und Demokraten Ludwig Uhland zum 100-Jahr-Jubiläum der Stadt Feuerbach im Jahre 2007." 1. Auflage 2007 DRW - Verlag. ISBN 978-3-87181-046-6
  • Hermann Bausinger (Hrsg.): Ludwig Uhland. Dichter – Politiker – Gelehrter. Attempto, Tübingen 1988.
  • Victor G. Doerksen: Ludwig Uhland and the Critics. Camden House, Columbia, South Carolina 1994.
  • Hartmut Froeschle: Ludwig Uhland und die Romantik. Böhlau, Köln 1973.
  • Armin Gebhardt: Schwäbischer Dichterkreis. Uhland, Kerner, Schwab, Hauff, Mörike. Tectum, Marburg 2004, ISBN 3-8288-8687-6.
  • Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 933. 
  • Hermann FischerLudwig Uhland. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 39, Duncker & Humblot, Leipzig 1895, S. 148–163.

Weblinks

 Commons: Ludwig Uhland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Ludwig Uhland – Quellen und Volltexte

Siehe auch


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