- HighCom
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HighCom ist ein analoges Rauschunterdrückungssystem, das die Firma Telefunken in den 1970er Jahren entwickelte.
Es war ab 1978 in einigen höherwertigen Kassettenrekordern erhältlich (erst von Telefunken, dann auch von anderen Herstellern) und erzielte eine erheblich bessere Rauschunterdrückung als das damals verbreitete Dolby-B-Verfahren (max. 20 dB bei HighCom verglichen mit max. 9 dB bei Dolby B). Das System wurde von Telefunken auch als externe Lösung angeboten, schaltbar zwischen Kassettendeck und Verstärker.
Inhaltsverzeichnis
Wirkungsweise
Die bessere Rauschunterdrückung im Vergleich zu Dolby B beruhte auf der Auslegung als Breitbandkompander, also der Einbeziehung des gesamten hörbaren Frequenzbereichs statt nur der hohen Frequenzen.
HighCom basiert auf den Erfahrungen, die Telefunken mit dem für die professionellen Aufnahmetechnik entwickelten TelCom C4 gemacht hat. Dabei handelte es sich um einen Mehrband-Kompander, bei dem über eine 4-bandige Frequenzweiche jeweils ein Kompressor/Expander für einen Frequenzbereich zuständig war.
Vorteile
Tatsächlich waren HighCom-Aufnahmen in leisen Passagen hörbar rauschärmer als herkömmliche Aufnahmen. Gegenüber dem damals konkurrierenden Dolby-B-Verfahren wurden außerdem häufig folgende Vorteile aufgeführt:
- Wesentlich bessere Rauschunterdrückung (s. o.)
- Gute Wirkung auch bei tieffrequenten Störungen
- Austauschbarkeit, d. h. auf Gerät A aufnehmen und von Gerät B abspielen bereitet keine Probleme
- Keine „Atem-“ und „Pumpgeräusche“
- keine Höhendämpfung
Dagegen hatten Dolby-B-Geräte häufig Probleme mit Verzerrungen, da Kompressor und Expander nicht immer passend zueinander arbeiteten, insbesondere auf unterschiedlichen Geräten. Im Ergebnis klangen Aufnahmen mit Dolby B damals häufig zu dumpf.
Nachteile
Laut einigen Anwenderberichten war bei kritischen Musikstücken (Klaviermusik, Soloinstrumente ohne Begleitung) ein starkes „Rauschpumpen“ zu hören, da mit der Dynamik-Expansion bei der Wiedergabe auch das Rauschen des Kassettenbandes wechselnd laut hörbar wird, weil es in den genannten Fällen nicht von dem Nutzsignal verdeckt wird. Diese Effekte wurden von manchen Menschen als besonders störend empfunden. Andererseits konnte das Rauschpumpen aber nicht von jedem Anwender bestätigt werden, im Gegenteil: Laut einigen Berichten tritt „Pumpen“ nur bei älteren HighCom-Versionen oder bei einer Fehlkalibrierung auf.
Plötzlich einsetzende, laute Soloinstrumente (insbesondere Bässe) klingen mit HighCom mitunter deutlich abgeschwächt.
Noch stärker traten diese Effekte bei den konkurrierenden Rauschunterdrückungssystemen dbx und adres (von Toshiba) in Erscheinung.
Verbesserungen am HighCom-System
Im Laufe der Jahre gab es mehrmals Verbesserungen an Telefunkens HighCom-Chip. So konnten die ersten Systeme lediglich mit HighCom aufnehmen und wiedergeben, nicht jedoch mit Dolby B, damit waren mit Dolby B bespielte Kassetten nur bedingt verwendbar. Die zweite HighCom-Generation hatte ein integriertes Verfahren namens DNR (Dynamic Noise Reduction), damit konnte man auch Dolby-B-codierte Kassetten adäquat abspielen (es gab einen zu Dolby B kompatiblen Expander). Die dritte HighCom-Generation, eingesetzt bei Akai, aber auch im Telefunken RC200 und RC300 zu finden, konnte sogar mit DNR aufzeichnen. Damit war eine Art Dolby B integriert, das sogar ohne Höhenverlust funktionierte (besser als fast alle Dolby-B-Systeme).
Um 1979 erschienen von Telefunken Publikationen zu Weiterentwicklungen des Systems als 2-Band- und 3-Band-Kompander nach dem Kettenverstärkerprinzip unter den Namen High Com II und High Com III.
Das HighCom-II-System wurde ab 1979/1980 von der Firma Nakamichi unter dem Namen Nakamichi High-Com II Noise Reduction System in Form externer Kompandereinheiten auf den Markt gebracht. In dieser Form erzielte das an beliebige Stereo-Bandmaschinen und -Kassettenrekorder anschließbare System etwa 25 dB Dynamikgewinn. Dabei wurden für jeden der beiden Stereokanäle zwei HighCom-Bausteine TFK U401B eingesetzt, die jeweils durch eine Frequenzweiche auf unterschiedliche Frequenzbänder wirkten, was zu deutlich verringertem Rauschatmen und geringeren Artefakten führte. Gleichzeitig war das Verfahren kaum anfällig für Störungen durch Drop-Out-Fehler oder stärkere Hochtondämpfung durch Azimutfehler. Mittels eingebautem Prüftongenerator, Pegelreglern und Aussteuerungsanzeigen ließ sich das System optimal an die jeweiligen Aufnahme- und Wiedergabegeräte und das verwendete Bandmaterial anpassen, ähnlich der Play-Trim-Regelung späterer Dolby-Geräte (siehe Abschnitt Historische Entwicklung). Nachteilig an der aufwendigen Realisierung war, dass man für Hinterbandkontrolle gleich zwei solche Geräte benötigte, so dass sich das System wegen der hohen Kosten nicht sehr weit verbreiten konnte.
Auch Telefunken hat im Laufe der Jahre mehrere Verbesserungen an der externen Beschaltung durchgeführt, zunächst durch Verwendung anderer Zeitglieder für eine längere Abklingzeitkonstante, um damit die Verzerrungen im Bassbereich zu verbessern, später dann durch eine zusätzliche Beschaltung mit einigen Transistoren und passiven Bauteilen. Die Funkschau 26/1982 schreibt dazu: „Die Systemmodifikation setzt in diesem Fall nicht bei der Dimensionierung der Zeitwerte ein, sondern es wird der zeitliche Übergang der abklingenden Regelspannung optimiert. In der bisherigen Systemauslegung wurde beim Erkennen des schnellen Pegelabfalls (nach Ablauf der Haltezeit) abrupt von der langen Abklingzeitkonstante auf den kurzen Wert umgeschaltet. Dies hatte zur Folge, daß bereits wenige Millisekunden nach diesem Vorgang relativ große Verstärkungsänderungen auftraten. Daraus ergab sich im Falle von „Drop-outs“ oder stärkerem „Mistracking“ die Gefahr hörbarer Dynamikfehler (teilweise auch als „Pumpen“ bezeichnet). Die Systemmodifikation ergibt für den genannten Wechsel von langer zu kurzer Zeitkonstante einen weichen Übergang. Diese Änderung wird auch als Verrundung oder „soft-switching“ bezeichnet und bewirkt eine wesentliche Beruhigung des dynamischen Systemverhaltens, so daß selbst unter kritischen Signal- und Toleranzbedingungen, eine in der Praxis vollständige Maskierung der zuvor geschilderten Gegebenheiten eintritt.“ Siehe auch [1]
Historische Entwicklung
In den ersten Jahren gab es eine regelrechte HighCom-Euphorie, versprach das neue System doch erstmals praktisch rauschfreie Tonaufnahmen auf die damals verbreitete und eben ziemlich bandrauschende Compact Cassette. Die bekannte WDR-Fernsehsendung Hobbythek brachte in den frühen 1980er Jahren sogar einen „HobbyCom“-Bausatz heraus, ein mit Original-Telefunken-Platinen ausgerüstetes kleines Do-it-yourself-Gerät zum Dazwischenschalten, mit dem herkömmliche Kassettenrekorder in den Genuss der HighCom-Rauschunterdrückung kamen.
Zwischenzeitlich war auch die Einführung einer speziellen Telefunken „HighCom FM“-Variante (mit verminderter Kompression) für den deutschen UKW-Rundfunk geplant, bei dem das Signal senderseitig komprimiert und empfängerseitig expandiert werden sollte. Der Empfänger hätte komprimierte Sendungen an einer auf den Stereo-Pilotton aufmodulierten Kennung (ähnlich wie Verkehrsfunk) erkannt und den Expander bei Bedarf zuschalten können. Durch die spezielle Anpassung wäre ein Abhören auch ohne Expandierung bei guter Qualität möglich gewesen. Dieses System wurde aber nie eingeführt.
Auch wenn zwischenzeitlich viele Hersteller Kassettengeräte mit HighCom auf den Markt brachten, konnte es sich letztlich nicht durchsetzen.
Mögliche Gründe dafür:
- HighCom-Aufnahmen benötigen zwingend ein HighCom-Kassettengerät zum Abspielen, eine Wiedergabe ohne die notwendige HighCom-Entzerrung klingt unzumutbar schlecht. Anders beim konkurrierenden Dolby B: Eine Wiedergabe ohne Dolby-B-Entzerrung verzichtet zwar auf die Rauschminderung, klingt aber akzeptabel und lediglich ein wenig höhenbetont – was billigen Abspielgeräten sogar entgegenkam.
- Die ersten HighCom-Kassettengeräte hatten kein Dolby B, so dass Dolby-B-Aufnahmen auf den neuen Geräten nicht adäquat abgespielt werden konnten. Dieser Nachteil wurde aber bald behoben.
- Vermutlich der wichtigste Grund für das Scheitern von HighCom war die Einführung von Dolby C im Jahre 1980. Dolby C bietet gegenüber Dolby B eine deutlich verbesserte Rauschunterdrückung (ca. 16 dB), wobei die unerwünschten Nebeneffekte („Rauschpumpen“, Dynamikverzerrungen) deutlich kleiner als bei HighCom waren. Alle Dolby-C-Rekorder hatten außerdem auch einen Schalter für Dolby B, bisherige Aufnahmen konnten also problemlos weitergehört werden (was mit dem o. g. DNR aber auch ging).
- In vielen Fällen bewirkte das neuere Dolby C immer noch – wie sein Vorgänger – Höhenverzerrungen, d. h. Aufnahmen mit HighCom klangen mitunter besser als solche mit Dolby C. Möglicherweise waren aber die Lizenzbedingungen und -kosten von Telefunken zu restriktiv, oder der Werbe-Etat war zu gering, um sich gegen die weltweit agierenden Dolby-Laboratorien wirtschaftlich durchzusetzen.
Schließlich gibt es aus heutiger Sicht noch einen weiteren Nachteil von HighCom: Bei älteren HighCom-Aufnahmen, deren Magnetisierung durch die Lagerung gelitten hat, werden die daraus resultierenden Fehler durch die starke Entzerrung verstärkt. Somit sind alte HighCom-Aufnahmen nach langer Lagerung oft nicht mehr adäquat abspielbar. Bei Dolby B und C gibt es dieses Problem zwar auch, für diese Systeme wurde von NAD und Dolby aber die sogenannte Play-Trim-Regelung entwickelt, mit deren Hilfe ein bandseitig fehlerhafter Hochtonfrequenzgang vor der Dynamikexpansion korrigiert werden kann. Bei Nakamichis HighCom II stellte das kein Problem dar, da die Kompander nachträglich vom Benutzer eingepegelt werden konnten. Ein vom Kompander bei Bedarf am Anfang des Bands aufgenommener Kalibrierton war für die nachträgliche Justage der Wiedergabekette sehr nützlich.
Die letzten HighCom-Kassettenrekorder wurden etwa Ende 1986 verkauft.
Kassettengeräte mit HighCom
- Akai GX-F37
- ASC AS-3000
- Blaupunkt XC-240, XC-1400
- Eumig FL-1000 µP
- Grundig MCF 200, MCF 600, CF 5100, SCF 6200
- Hitachi D-E75
- Imperial td 6100
- Körting C 102, C 220
- Nikko ND-500H
- nippon TD-3003
- Saba CD 278, CD 362
- Schneider SL 7270 C
- Sencor SD-6650
- Siemens RC 333, RC 300
- Studer A710
- Telefunken, diverse Geräte[2]
- Tensai TFL-812
- Uher CG 321, CG 344, CG 356
- Universum Ct 2307A, CT 2318, CT 2337
- Wangine K-3M, WSK-220
Literatur
- Thomas Görne, Ulrich Schmidt (Hrsg.): Tontechnik. 1. Auflage, Carl Hanser, Leipzig 2006, ISBN 3-446-40198-9
- Wermuth, Jürgen: Dynamik-Erweiterung durch neuartigen Studio-Kompander, 10. Tonmeistertagung Köln, 19.–22. November 1975
- Wermuth, J.; Temmer, St. F.: Dynamikerweiterung durch neuartigen Studio-Kompander, Funkschau Nr. 18 (1975) pp 571 ff
- Schröder, E.; Wermuth, J.: Ein neues Kompandersystem – Grundlagen und Einsatzmöglichkeiten, Vortrag auf der FKTG Tagung in Freiburg, am 5. Oktober 1976, veröffentlicht in: FKT 30 (1976) Nr. 12, pp 9 – 11
- C.R.: Kompander verbessert Magnettonkopie, radio mentor Nr. 4 1965 pp 301 - 303
- Dickopp, Gerhard; Schröder, Ernst: Der Telefunken-Kompander, Rundfunktechnische Mitteilungen Vol 22 (1978) Heft 2, pp 63 - 74
- Dickopp, Gerhard; Schröder, Ernst: Meßverfahren für Kompander,
Funkschau 1978, Heft 17, pp 29 - 32
- HIGH COM, Audio Engineering 3 (1981) pp 30 - 35
- IRT Technical Report 55/81, Prüfung eines modifizierten HIGHCOM-Kompanders für den Einsatz bei der RF-Übertragung im UKW-Hörfunk, 30. Dezember 1981
Einzelnachweise
Fundstellen
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