Hirnanhangdrüse

Hirnanhangdrüse
Lage der Hypophyse (Pfeil)
Lage der Hypophyse, schematisch
Vorder- und Hinterlappen

Die Hypophyse (gr. ὑπόφυσις hypóphysis „das unten anhängende Gewächs“) ist eine Hormondrüse, der eine zentrale übergeordnete Rolle bei der Regulation des neuroendokrinen Systems im Körper zukommt. Die Hypophyse sitzt in der Sella turcica, einer knöchernen Vertiefung der Schädelbasis auf Höhe der Nase und mitten im Schädel. Eine geläufige deutsche Bezeichnung ist Hirnanhangsdrüse, die lateinisch-anatomische Bezeichnung Glandula pituitaria.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Physiologie

Die Hypophyse ist mit dem Hypothalamus über den Hypophysenstiel (Infundibulum) verbunden und wird in Hypophysenvorderlappen (HVL oder Adenohypophyse), Hypophysenhinterlappen (HHL oder Neurohypophyse) und Hypophysenzwischenlappen (HZL) eingeteilt. Entwicklungsgeschichtlich und funktionell unterscheiden sich die Hypophysenlappen voneinander. Während die Adenohypophyse aus einer Ausstülpung des Rachendaches, der sogenannten Rathke-Tasche, hervorgeht und sich der Neurohypophyse anlagert, ist die Neurohypophyse eine Ausstülpung des Zwischenhirns. Dieser Unterschied ist histologisch zu erkennen, denn während in der Adenohypophyse verschiedene in Ballen angeordnete endokrine Drüsenzellen vorkommen, dominieren in der Neurohypophyse vor allem Nervenzellfortsätze, sogenannte Axone, deren Zellkörper im Hypothalamus liegen. Somit vermag die Adenohypophyse Hormone unter Kontrolle des Hypothalamus selbst zu bilden und die Neurohypophyse ist hingegen als Speicher- und Sekretionsorgan für die im Hypothalamus gebildeten Hormone zuständig.

Blutversorgung

Die Hypophyse wird über vier Arterien mit Blut gespeist. Aus der Pars cavernosa der Arteria carotis interna entspringen zwei Arteriae hypophysiales inferiores, die vor allem im Bereich der Neurohypophyse ein Kapillarnetz bilden, in welches die entsprechenden Hormone abgegeben werden. Aus der Pars cerebralis der Arteria carotis interna entspringen zwei Arteriae hypophysiales superiores, die im Bereich der Eminentia mediana und des Hypophysenstiels Primärplexus bilden, in welchem einige Areale des Hypothalamus ihre Hormone, Liberine und Statine, sezernieren. Über die Venae portales hypophysiales gelangen sie in den Sekundärplexus, der an der Adenohypophyse liegt. In diesem Sekundärplexus gelangen die Hormone des Hypothalamus direkt an ihren Wirkort und es werden die Hormone der Adenohypophyse dort abgegeben, von wo aus sie in den Sinus cavernosus und damit in den Körperkreislauf abfließen, um ihre Wirkungen zu entfalten.

Hormone des Hypophysenvorderlappens (Adenohypophyse)

Unterschieden werden Hormone, die direkt auf ihre Zielorgane einwirken (nichtglandotrope Hormone), und solche, welche die Hormonproduktion nachgelagerter endokriner Drüsen stimulieren (glandotrope Hormone). Direkt auf ihre Zielorgane wirken das Wachstumshormon Somatotropin (STH) sowie Prolactin. Bei den glandotropen Hormonen werden die auf die Keimdrüsen (Gonaden) wirkenden gonadotropen Hormone follikelstimulierendes Hormon (FSH) und Luteinisierendes Hormon (LH) sowie die nichtgonadotropen Hormone, nämlich das die Nebennierenrinde stimulierende adrenocorticotrope Hormon (ACTH) und das die Schilddrüse stimulierende Thyroideastimulierendes Hormon (TSH) unterschieden. Durch Prozessierung eines größeren Vorläuferpeptides, des Proopiomelanocortins entstehen neben dem ACTH zudem Melanotropin (MSH), β-Endorphin und met-Enkephalin. Die Hormonproduktion der Hypophyse wird mittels Liberinen und Statinen durch den Hypothalamus geregelt.

Hormone des Hypophysenhinterlappens (Neurohypophyse)

Bei den Hormonen, die im Hypophysenhinterlappen gespeichert und ausgeschüttet werden, handelt es sich um das Oxytocin sowie das antidiuretische Hormon (ADH), das auch als Adiuretin oder Vasopressin bezeichnet wird. ADH wird im Nucleus supraopticus, Oxytocin im Nucleus paraventricularis des Hypothalamus gebildet.

Krankheiten und Diagnostik

MRT-Aufnahme eines Hypophysenadenoms

Eine Unterfunktion der Hypophyse (Hypophyseninsuffizienz, Panhypopituitarismus) kann vielfältige Ursachen haben.

Tumoren der Adenohypophyse nennt man Hypophysenadenome. Sie verursachen häufig eine übermäßige Hormonbildung. Eine Überproduktion von ACTH resultiert in einem zentralen Morbus Cushing, ein Wachstumshormonüberschuss typischerweise in einer Zunahme der Größe von Händen und Füßen (Akromegalie).

An die körperliche Untersuchung schließen sich Hormonmessungen und Funktionstests an. Bei klinischem Verdacht sollten Hormonuntersuchungen bei einem Endokrinologen vor bildgebenden Verfahren durchgeführt werden, da die bildgebenden Verfahren häufig falsch positive Befunde ergeben („Incidentalome“). Als bildgebende Verfahren finden die Röntgenaufnahme der Sella turcica im Seitbild des knöchernen Schädels, die Computertomografie, die Magnetresonanztomografie und die Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie Anwendung.

Literatur

  • Helga Fritsch, Wolfgang Kühnel: Taschenatlas Anatomie. Bd. 2, Innere Organe, Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-492109-X
  • Ulrich Welsch: Sobotta Lehrbuch Histologie, Elsevier, München 2006, ISBN 3-437-42421-1

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hirnanhangdrüse — ⇒ Hypophyse …   Deutsch wörterbuch der biologie

  • Hirnanhangdrüse — Hirn|anhangdrüse,   Hypophyse, veraltet Glạndula pituitaria, Hormondrüse der Wirbeltiere, die eine größere Zahl verschiedener Hormone mit unterschiedlicher Wirkungen produziert. Die Hirnanhangdrüse liegt dem Zwischenhirnboden an und ist in eine… …   Universal-Lexikon

  • Dexamethason-Hemmtest — Der Dexamethason Suppressionstest (DST) wird in der Medizin und der Psychologie zur Diagnose des Cushing Syndroms eingesetzt. Inhaltsverzeichnis 1 Der Test 2 Ausführungen 3 Probleme 4 Literatur // …   Deutsch Wikipedia

  • Endokrines System — Das Hormonsystem, oft auch als endokrines System (endo „innen“, krinein= „ausscheiden“) bezeichnet, ist ein Organsystem zur Steuerung der Körperfunktionen, die sich vom Wachstum über die Fortpflanzung bis hin zum täglichen Verdauungsvorgang… …   Deutsch Wikipedia

  • Hormondrüse — Das Hormonsystem, oft auch als endokrines System (endo „innen“, krinein= „ausscheiden“) bezeichnet, ist ein Organsystem zur Steuerung der Körperfunktionen, die sich vom Wachstum über die Fortpflanzung bis hin zum täglichen Verdauungsvorgang… …   Deutsch Wikipedia

  • Hormonsystem — Das Hormonsystem, oft auch als endokrines System (endo „innen“, krinein= „ausscheiden“) bezeichnet, ist ein Organsystem zur Steuerung der Körperfunktionen, die sich vom Wachstum über die Fortpflanzung bis hin zum täglichen Verdauungsvorgang… …   Deutsch Wikipedia

  • Neuroendokrinium — Das Hormonsystem, oft auch als endokrines System (endo „innen“, krinein= „ausscheiden“) bezeichnet, ist ein Organsystem zur Steuerung der Körperfunktionen, die sich vom Wachstum über die Fortpflanzung bis hin zum täglichen Verdauungsvorgang… …   Deutsch Wikipedia

  • Dexamethason-Suppressionstest — Der Dexamethason Suppressionstest (DST oder Dexamethason Hemmtest) wird in Human und Tiermedizin zur Diagnose des Cushing Syndroms eingesetzt. Inhaltsverzeichnis 1 Der Test 2 Ausführungen 2.1 Beim Menschen 2.1.1 …   Deutsch Wikipedia

  • Activin — Inhibin Beta A Kette (Dimer) Struktur von PDB 2ARV Inhibin ist im menschlichen Organismus ein als Glykoprotein gebildetes Proteohormon, welches in den Sertolizellen der Hoden und in den Granulosazellen der Eierstöcke gebildet wird. Es reguliert… …   Deutsch Wikipedia

  • Inhibin — Beta A Kette (Dimer) Struktur von PDB 2ARV Inhibin ist ein – im menschlichen Organismus – als Glykoprotein gebildetes Proteohormon, welches in den Sertolizellen der Hoden und in den Granulosazellen der Eierstöcke gebildet wird. Es reguliert die… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”