- Hirschfeld-Tiburtius
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Henriette Hirschfeld-Tiburtius (geb. Pagelsen) (* 14. Februar 1834 in Westerland auf Sylt; † 25. August 1911 in Berlin) war die erste approbierte und promovierte Zahnärztin in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Studium
Nach der Scheidung im Alter von 32 Jahren beschloss Henriette Hirschfeld das Studium der Zahnmedizin aufzunehmen. Zur Ausübung der Zahnmedizin brauchte man in Deutschland bereits in der Mitte des 19.Jahrhunderts eine Hochschulausbildung. Frauen war allerdings der Zugang zur Universität bis zu Beginn des 20.Jahrhunderts verwehrt. Henriette Hirschfeld reiste daher 1867 als alleinstehende Frau nach Philadelphia, USA. Mit großer Beharrlichkeit erreichte sie, dass sie zum Studium am Pennsylvania College of Dental Surgery zugelassen wurde. Sie war überhaupt erst die zweite Frau in den USA, der dies gelang. Als einzige Frau unter männlichen Kommilitonen wurde sie nach anfänglicher Ablehnung durch ihre Freundlichkeit und ihren Fleiß bald zur little mother of the class erhoben. Ihre anatomischen Studien musste sie aus Schicklichkeitsgründen noch einige Zeit am Women's Medical College machen. Am 27. Februar 1869 wurde ihr nach zweijährigem Studium im Alter von 35 Jahren der Titel Doctor of Dental Surgery verliehen.
Praxis
Nach ihrem Abschluss kehrte sie nach Deutschland zurück und eröffnete in der Behrenstraße in Berlin, einer Parallelstraße der Prachtstraße Unter den Linden, ihre erste Praxis. Anfangs war es schwierig, die deutschen Patienten davon zu überzeugen, dass auch eine Frau etwas von der Zahnmedizin verstehe. Sie hatte es sich allerdings zum Prinzip gemacht, nur Frauen und Kinder zu behandeln. Ihr exzellenter Ruf als Zahnärztin wurde durch die Benennung zur Hofärztin der Kronprinzessin Victoria, ihrer Kinder und gelegentlich auch ihres Ehegatten bestätigt.
„Ich musste (…) an unsere erste und einzige Zahnärztin denken, an die kleine, überaus zarte und schwächliche Frau Dr.Tiburtius, die mir erst kürzlich mit so großer Geschicklichkeit einen colossalen Backenzahn mittels Gasbetäubung ausgezogen hat“
(Zitat eines männlichen Patienten aus dem Jahr 1874)
Privatleben
Im Jahr 1871 heiratet sie ihren langjährigen Freund, Militärarzt a.D. Karl Tiburtius, beide 38 Jahre alt. Henriette als angebliche Witwe, da ihre Scheidung 1863 als sozial nicht akzeptabel totgeschwiegen wurde. Sie bekamen zwei Söhne, wobei Henriette Hirschfeld-Tiburtius bei der zweiten Geburt bereits 42 Jahre alt war. In der damaligen Zeit ein außergewöhnliches Alter, um Kinder zu bekommen. Trotz ihrer Mutterschaft dachte sie nicht daran, ihren Beruf aufzugeben, auch wenn Mutterschaft und Berufstätigkeit mit den bürgerlichen Grundwerten ihrer Zeit nicht vereinbar waren.
Soziale Tätigkeiten
Neben Mutterschaft, Berufstätigkeit und Ehe engagierte sie sich leidenschaftlich für die weniger Begüterten. 1876 gründete sie deswegen in einem Berliner Arbeiterviertel zusammen mit ihrer Schwägerin Franziska Tiburtius und deren Kollegin Emilie Lehmus die erste von Frauen geleitete Poliklinik. Aufgrund der dort gemachten Erfahrungen folgte 1881 die Gründung einer Pflegestation speziell für Frauen und Kinder in ihrer alten Wohnung in der Berliner Friedrichstraße.
Tod
Am 25. August 1911 verstarb Dr. Henriette Hirschfeld-Tiburtius. Zu ihrem Gedenken ist am Haus Behrenstraße 9/Berlin-Mitte, ihrem damaligem Praxisstandort, am 14. Februar 1998 eine Erinnerungsplakette angebracht worden.
Ehrungen
Während der 50. Jahrestagung der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein in Westerland/Sylt erhielt am 9. Mai 2008 ein bislang namenloser Fußgängerweg auf Beschluss der Gemeindeversammlung zu Ehren der ersten Zahnärztin Deutschlands den Namen „Henriettenweg“.
Literatur
- Mack, Cécile: Henriette Hirschfeld-Tiburtius (1834-1911) Das Leben der ersten selbstständigen Zahnärztin Deutschlands Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 1999 ISBN 3-631-34783-9
Personendaten NAME Hirschfeld-Tiburtius, Henriette KURZBESCHREIBUNG erste deutsche Zahnärztin GEBURTSDATUM 14. Februar 1834 GEBURTSORT Westerland STERBEDATUM 25. August 1911 STERBEORT Berlin
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