- Historische Soziologie
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Die Historische Soziologie ist ein Ansatz, bei dem versucht wird, sich der sozialen Wirklichkeit mit den empirischen Methoden der Historiographie zu nähern, wobei das Hauptaugenmerk auf dem geschichtlichen Wandel liegt.[1] Der Ansatz ist bereits bei den Vorläufern der Soziologie auffindbar und wurde im Fach nie ganz aufgegeben.
Inhaltsverzeichnis
Ansatz
Die Historische Soziologie setzt sich teils strikt von der modell- oder systemorientierten Soziologie ab, der sie vorgehensbedingte Engstirnigkeit vorwirft; teils aber betrachtet sie sich als zu ihnen komplementär arbeitend. Der naturwissenschaftliche Ehrgeiz (etwa der Theorie der rationalen Entscheidung), eintreffende Prognosen über die Zukunft abzugeben, entspricht dem ihren, eintreffende Prognosen über die in der Vergangenheit wurzelnden Erklärungen von Gegenwart und Zukunft abzugeben (vergleichendes und epignostisches Vorgehen).
Zur Geschichte
Die imponierende und zunächst sehr aufschlussreiche Heranziehung mathematischer und quantitativer Methoden drängte spätestens seit den 1940er-Jahren die historischen Ansätze der Soziologie zurück. Ab etwa 1960 wurde sie von der akademischen Soziologie nicht mehr betrieben. Erst die Grenzen der empirisch-quantitativ abstützbaren Voraussagbarkeit (auch angesichts der schwer zu bewältigenden Probleme der „Selbsterfüllenden“ und „-zerstörenden“ Prophezeiung) bei gleichzeitig hohem und komplexem sozialen Problemdruck rehabilitierten eine „Historische Soziologie“.
Beispielhafte Werke
- Werner Sombart: Der moderne Kapitalismus. Historisch-systematische Darstellung des gesamteuropäischen Wirtschaftslebens von seinen Anfängen bis zur Gegenwart (1902).
- Max Weber: Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus (1904/05).
- Alfred von Martin: Soziologie der Renaissance. Zur Physiognomik und Rhythmik bürgerlicher Kultur (1932) .
- Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation (1939).
- Karl Polanyi: The Great Transformation (1944).
- Alfred Weber: Der dritte oder vierte Mensch. Vom Sinn des geschichtlichen Daseins (1953).
- Hans Freyer: Theorie des gegenwärtigen Zeitalters (1961).
- Ralf Dahrendorf: Gesellschaft und Demokratie in Deutschland (1965).
- Michael Mann: Geschichte der Macht, 1. Band (1986), 2. Band (1993), 3. Band, Teil I (1998), 3. Band, Teil II (2001).
Literatur
- Sven Papcke: Gesellschaftsdiagnosen, Klassische Texte der deutschen Soziologie im 20. Jahrhundert, Campus Verlag, Frankfurt am Main/ New York 1991
- Volker Kruse: Historisch-soziologische Zeitdiagnose in Westdeutschland nach 1945. Eduard Heimann, Alfred von Martin, Hans Freyer, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Frankfurt am Main 1994.
- Volker Kruse: "Geschichts- und Sozialphilosophie" oder "Wirklichkeitswissenschaft"? Die deutsche historische Soziologie und die logischen Kategorien René Königs und Max Webers, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Frankfurt am Main 1999.
- Walter L. Bühl, Historische Soziologie. Theoreme und Methoden. Münster/Hamburg/London: LIT 2003. ISBN 3-8258-6585-1
- Rainer Schützeichel, Historische Soziologie. Bielefeld: transcript 2004. ISBN 3-89942-190-6
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Vgl. Volker Kruse: Historisch-soziologische Zeitdiagnose in Westdeutschland nach 1945. Eduard Heimann, Alfred von Martin, Hans Freyer, Frankfurt am Main 1994, S. 189.
Kategorien:- Spezielle Soziologie
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