- Historischer Kompromiss (Burschenschaft)
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Mit Historischer Kompromiss wird eine Verfassungsänderung der Deutschen Burschenschaft (DB) bezeichnet, die auf dem Burschentag 1971 beschlossen wurde. Von den Gegnern des Kompromisses wurde für diesen der Begriff Kuhhandel geprägt.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Seit der Wiedergründung der DB 1950 hatte es Bestrebungen gegeben, Burschenschaften wie schon in der Zeit vor 1933 unabhängig von staatlichen Grenzen in einem gemeinsamen Dachverband zusammenzufassen. Diese Bestrebungen führten auf dem Burschentag in Nürnberg 1961 zum Antrag auf Fusion der DB mit der Deutschen Burschenschaft in Österreich (DBÖ). Nachdem der Antrag nicht die nötige Mehrheit gefunden hatte, gründeten Befürworter der Fusion aus beiden Verbänden die Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG).
Ebenso gab es seit Ende der 1950er Jahre immer stärker werdende Bestrebungen, das studentische Fechten aufzugeben oder zumindest freizustellen. Aber auch diese Ideen konnten im Verband nicht mit einer Mehrheit rechnen.
Die scharfen Auseinandersetzungen in diesen beiden Fragen führten die DB in eine tiefe Krise, die auch eine Spaltung des Verbandes möglich erscheinen ließ. 1970 wurde darum ein Satzungsausschuss eingesetzt. Dieser konnte zum Burschentag 1971 eine Kompromisslösung präsentieren. Diesem Vorschlag wurde schließlich – in abgeänderter Form – von der breiten Mehrheit der Mitgliedsburschenschaften zugestimmt. Ein lange befürchteter Bruch zwischen konservativen und liberalen Burschenschaften war somit – zumindest vorerst – vermieden worden.
Inhalt
Aufnahme von Burschenschaften aus Österreich
Mit der neuen Verfassung wurde der volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff (im Gegensatz zum staatsbürgerlichen Vaterlandsbegriff) zum Verbandsprinzip der DB erklärt. Seitdem steht die bis dahin rein bundesdeutsche DB auch Burschenschaften aus dem von ihr zur deutschen Kulturnation gezählten Österreich offen. Bis zum 31. August 1971 konnten Burschenschaften der DBÖ zudem durch einfache Erklärung Mitglied der Deutschen Burschenschaft werden.
Aufgabe der Pflichtmensur
Im Gegenzug wurde die Pflichtmensur als Verbandsprinzip abgeschafft. Burschenschaften der DB können seitdem ihren Mitgliedern das Fechten von Mensuren freistellen. Jedoch ist jeder DB-Bund verpflichtet, seinen Mitgliedern das Schlagen von Mensuren zu ermöglichen (fakultatives Prinzip).
Selbstausschluss bei Aufgabe von Verbandsprinzipien
Die neue Verfassung sah als dritte wichtige Neuerung weiterhin vor, dass Burschenschaften, welche Grundsätze der DB aufgeben, durch Selbstausschluss aus dieser ausscheiden. Diese Regelung wurde eingeführt, nachdem in der Vergangenheit wiederholt auch schwerwiegende Verfassungsverstöße vom Burschentag nicht ausreichend geahndet worden waren. Über die Frage, ob eine Burschenschaft Grundsätze der DB aufgegeben hat, entscheidet seitdem der Rechtsausschuss (RA).
Folgen
Viele Burschenschaften aus Österreich traten noch 1971 durch Erklärung der DB bei, andere zu einem späteren Zeitpunkt nach Zustimmung des Burschentages.
Anders als in ihrer Satzung vorgesehen, löste die BG sich im Anschluss an den Kompromiss nicht wieder auf. Viele Burschenschaften traten jedoch 1971 aus der BG aus.
Viele DB-Burschenschaften stellen oder stellten seit 1971 ihren Mitgliedern das Schlagen von Bestimmungsmensuren frei. Die DB besteht daher heute sowohl aus pflicht- als auch aus fakultativ schlagenden Burschenschaften. Nicht wenige Burschenschaften traten wegen der Aufgabe der Pflichtmensur aus der DB aus, darunter 1973 die Burschenschaften des Süddeutschen Kartells. Bestrebungen, insbesondere seit den 1990er Jahren, die Pflichtmensur wieder für alle Mitglieder verbindlich zu machen, scheiterten immer wieder an der Sperrminorität der fakultativ Schlagenden. Für eine Wiedereinführung der Pflichtmensur wäre eine 4/5-Mehrheit auf dem Burschentag notwendig.
Die Abspaltung der „Neuen Deutschen Burschenschaft“ (NeueDB) 1996 ist auch auf die Ablehnung des 1971 zum Verbandsprinzip erhobenen volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriffs zurückzuführen. In der NeuenDB können nur Burschenschaften mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland Mitglied werden.
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