Hnefatafl

Hnefatafl
Hnefatafl

Mit Hnefatafl wird ein Brettspiel für zwei Personen aus einer Spielefamilie skandinavischen Ursprungs bezeichnet.

Eine wörtliche Übersetzung des 20. Jahrhunderts ist Königszabel, da hnefi mit Faust oder Königsfigur übersetzt werden kann. Die Übersetzung von tafl ist eindeutiger geklärt. Das lateinische tabula und das nicht aus dem Lateinischen, sondern dem Germanischen entstammende tafl (oder auch das frühneuzeitliche Wort Zabel) ist das neuhochdeutsche Wort Tafel gemeint, welches auch in der Gegenwart einen Tisch im Allgemeinen und ein Spielbrett im Besonderen bezeichnen kann. Carl von Linné lernte das heute noch weitverbreitete Regelwerk in Lappland unter dem Namen Tablut (ebenfalls derselben Wortherkunft) kennen.

Die sogenannten Tafl-Spiele bezeichnen eine Familie nordeuropäischer Brettspiele, bei denen ein König in der Mitte des Spielfelds steht und sich mit seinen Verteidigern gegen eine Übermacht Angreifer wehren muss. Die Partei des Königs muss die Königsfigur an den Rand oder die Ecken des Spielfelds bringen, während der Angreifer den König gefangennehmen muss. Varianten heißen Halatafl (=Fuchs und Gänse), das in der Tradition des römischen Zwölflinienspiels und modernen Backgammon stehenden Kvatrutafl, und das Hnefatafl nah verwandte Fidchell, dessen Regeln nicht überliefert sind.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Ziel

Tablut-Brett

Hnefatafl wird auf einem Spielbrett (Zabel) mit 13x13 Feldern gespielt, Tablut auf 9x9 Feldern. Das Spielfeld kann aus Holz, für Spiele unterwegs auch aus weichem Leder sein. Der eine Spieler besitzt zwölf weiße Figuren (acht beim Tablut) und einen König, der andere hat 24 schwarze Spielsteine (16 beim Tablut), die wie in der nebenstehenden Abbildung angeordnet werden. Ziel des Spieles ist es, den König gefangen zu nehmen bzw. den König vor der Gefangenschaft durch den Gegner zu bewahren und über die Randfelder in Sicherheit zu bringen. Eine Partei hat auch dann verloren, wenn sie nicht mehr ziehen kann.

Die ursprüngliche Form des Spiels stellt eine Jagdsituation dar, in der die Seite mit weniger Figuren größere Freiheiten genießt und das Recht besitzt, Steine des Gegners gefangenzunehmen und vom Brett zu nehmen. Die gegnerischen Figuren sind in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkter, aber in ihrer Anzahl stärker. Im Tablutspiel besitzt einer der Spieler 8 blonde schwedische Soldaten und deren König, die größte Figur auf dem Brett, während der Gegner mit 16 dunklen Russen spielt. Das Feld im Zentrum ist deutlich als Konakis oder Thron gekennzeichnet. Nur der schwedische König darf den Konakis besetzen.

Regeln

Jede Figur bewegt sich nach der Grundaufstellung senkrecht oder waagerecht (aber nicht diagonal) über beliebig viele freie Felder (wie der Turm im Schachspiel). Eine Figur wird gefangen, wenn sie von zwei gegenüberliegenden Seiten durch gegnerische Figuren eingeschlossen wird. Eine Figur kann jedoch ungestraft zwischen zwei gegnerische Figuren ziehen, ohne dabei gefangen zu werden.

Der König alleine darf das Mittelfeld (Konakis oder auch Thron genannt) betreten. Er ist gefangen, sobald er von vier Gegnern umgeben ist oder von drei Gegnern plus dem Konakis. Gelingt es ihm, unter dem Schutz seiner Leute ein beliebiges Feld am Spielfeldrand zu erreichen, hat er gewonnen.

Historisches

Darstellung Halatafl-spielender Menschen auf dem Ockelbo-Stein

Hnefatafl war in der Wikingerzeit, also um das 10. Jahrhundert, von Irland bis in die Ukraine verbreitet und erfreut sich heutzutage wieder wachsender Beliebtheit. Es ist wahrscheinlich, dass Hnefatafl nur im normannischen Kulturkreis bekannt war. Archäologische Funde gibt es vor allem im Ostseeraum, den britischen Inseln und auf Island. Die Regeln einer Variante dieser Spielefamilie, nämlich des Tablut, wurden 1732 von Carl von Linné auf dessen Reisen durch Lappland aufgezeichnet. Vom Tablut stammt auch die letzte bekannte Erwähnung, dass es noch gespielt wird, und zwar aus dem Jahr 1884. Weitere Varianten wie beispielsweise tawl-brrd und alea evangelii sind nur in wenigen Schriftstücken beschrieben und darum nur unzureichend rekonstruierbar. Tablut ging wahrscheinlich aus dem Hnefatafl hervor, das in der Wikingerzeit (850-1050) auf 18x18 Feldern mit 24 gegen 48 Soldaten gespielt wurde. Erste Spuren des Hnefataflspiels stammen aus dem Dänemark des 4. Jahrhunderts. Von dort verbreitete es sich mit den Wikingern nach England und mit den Warägern nach Russland und in die Ukraine.

Einzig die Regeln des Tablut-Spieles sind historisch überliefert durch die Kontinuität in Lappland. Die Regeln der genannten Varianten können bestenfalls erschlossen werden. Das Abstract Games Magazine hat untersucht, ob das Tablut-Spiel mit den überlieferten Regeln unfair sei, weil die Partei des Königs fast immer gewänne. Diese Vermutung konnten die Tester widerlegen. Die Auswertung von im Internet gespielten Partien ergebe, dass Schwarz nur für Anfänger schwierig zu spielen sei. Mit steigender Spielerfahrung käme es zu ausgeglichenen Ergebnissen für beide Parteien[1].

Dennoch gibt es Versuche, die Regeln zu verändern. Typische Änderungen sind etwa, dass der König über die Ecken fliehen muss oder dass es reicht, den König von zwei Seiten zu umstellen, um ihn gefangen zu nehmen. Die veränderten Regeln gehen auf einen Rekonstruktionsversuch aus den 1960er Jahren an der Universität Stockholm zurück.

Grundaufstellung verschiedener Tafl-Spiele

Weblinks

 Commons: Tafl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Für Hnefatafl und verwandte Spiele allgemein:

Für Tablut:

Einzelnachweise

  1. Michael Sandeman im Abstract Games Magazine, Ausgabe 16, Winter 2003. Online einsehbar

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