HochschülerInnenschaft

HochschülerInnenschaft

Die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH) ist die gesetzliche Vertretung der Studierenden der österreichischen Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Universitäten. Die Mitgliedschaft in der ÖH ist eine Pflichtmitgliedschaft, das heißt alle Studierenden sind automatisch Mitglieder der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft. Damit ist die ÖH vergleichbar mit den verfassten Studierendenschaften in der Bundesrepublik Deutschland oder der österreichischen Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer auf Studierendenebene. Derzeitiger Vorsitzdender der ÖH ist Samir Al-Mobayyed von der Aktionsgemeinschaft.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die ÖH wurde im September 1945 durch eine Verordnung der provisorischen Staatsregierung [1] errichtet und ab 1950 durch Bundesgesetz [2] geregelt. Zuvor hatten die österreichischen Studentenschaften von 1919 bis 1945 der Deutschen Studentenschaft angehört, die ihrerseits seit 1931 vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund beherrscht wurde.

Anders als etwa die westdeutschen Studentenausschüsse nach dem Krieg wurden die ÖH-Gremien von Beginn an nach einem Listenwahlrecht gewählt und dementsprechend von mehr oder weniger parteinahen Gruppierungen dominiert. Bestimmende Kraft war über Jahrzehnte die ÖVP-nahe Österreichische Studentenunion (ÖSU), aus der Anfang der 1980er Jahre die heutige AktionsGemeinschaft hervorging.

Organisation

Die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft vertritt die Studierenden im gesamten Bundesgebiet. Darüber hinaus gibt es auch eigenständige Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an jeder einzelnen Universität.

  • Die Bundesvertretung (BV) (früher: Zentralausschuss, ZA) der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft vertritt die Interessen aller Studierenden österreichweit, berät die Studierenden in verschiedenen Referaten und gibt zusätzlich Broschüren zu studienrelevanten Themenstellungen heraus.
  • An den Universitäten bestehen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften als eigene Körperschaften öffentlichen Rechts mit folgenden Vertretungseinrichtungen:
    • Die Universitätsvertretung (UV) (früher: Hauptausschuss, HA) der Studierenden vertritt die Interessen aller Studierenden einer Universität und berät Studierende in verschiedenen Referaten. Sie wird nach Listenwahlrecht direkt gewählt.
    • Die Fakultätsvertretung (FV) (früher: Fachschaftsausschuss, FA) koordiniert die Vertretungen verschiedener Studienrichtungen einer Fakultät und ist für allgemeine Angelegenheiten zuständig. Seit der Novelle des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 2005 entscheiden die Universitätsvertretungen nunmehr über die Einrichtung dieser Organe (offiziell Organe gemäß § 12 Abs. 2 Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998), die durch die einzelnen Studienvertretungen besetzt werden und nunmehr zum Beispiel auch Fachbereichsvertretung heißen können.
    • Die Studienvertretungen (StV) (früher: Studienrichtungsvertretung, StRV) bestehen für jedes einzelne Studium. Sie beraten Studierende, die das jeweilige Studium absolvieren oder absolvieren möchten und sind Anlaufstellen für Probleme mit dem Studium oder Lehrenden. Sie werden direkt aufgrund eines Persönlichkeitswahlrechts gewählt.
  • An den Pädagogischen Hochschulen bestehen – ohne eigene Rechtspersönlichkeit – Vertretungseinrichtungen:
    • Die Pädagogische Hochschulvertretung vertritt die Interessen aller Studierenden der Bildungseinrichtung, berät Studierende und wirkt in der Studienkommission der Pädagogischen Hochschule mit. Sie setzt sich aus Vertretern der einzelnen Studiengangsvertretungen zusammen.
    • Die Studiengangsvertretungen bestehen für die einzelnen Studiengänge und vertreten die Studierenden eines Studienganges und beraten Studierende, die den jeweiligen Studiengang absolvieren oder absolvieren möchten.
  • Bei den Erhaltern von Fachhochschul-Studiengängen bestehen – ohne eigene Rechtspersönlichkeit – Vertretungseinrichtungen:
    • Die Fachhochschul-Studienvertretung vertritt die Interessen aller Studierenden der Bildungseinrichtungen und berät Studierende in verschiedenen Referaten. Sie setzt sich aus Vertretern der einzelnen Studiengangsvertretungen zusammen.
    • Die Studiengangsvertretungen und die Jahrgangsvertretungen vertreten die Studierenden eines Studienganges bzw. eines Jahrganges und beraten Studierende, die einen bestimmten Studiengang absolvieren oder absolvieren möchten.
    • Weitere Vertretungen, wie Standort- oder Fachbereichsvertretung, die von der Fachhochschul-Studienvertretung im Rahmen der Satzung definiert werden können.

Organisiert ist die bundesweit tätige Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Vertretungseinrichtungen an den 21 Universitäten bilden eigene Körperschaften, die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den Universitäten. Diese Körperschaften (und auch in der Regel ihre einzelnen Organe bzw. Vertretungseinrichtungen) sind in ihrem Wirkungsbereich autonom und nicht an Weisungen oder Beschlüsse anderer Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften (auch nicht der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft) gebunden. Die Vertretungseinrichtungen an den Pädagogischen Hochschulen und an den Fachhochschul-Studiengängen besitzen keine Rechtspersönlichkeit, sondern sind der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft zuzurechnen.

Finanziert wird die ÖH durch Beiträge, die alle Studierenden zu zahlen haben. Von den € 15,86 die pro Semester eingehoben werden, werden € 0,36 für eine Haftpflicht- und Unfallversicherung verwendet. Der restliche Betrag wird aufgeteilt: 15 Prozent gehen an die ÖH-Bundesvertretung, 85 Prozent erhält die Universitätsvertretung, FH-Vertretung oder Pädagogische Hochschulvertretung, deren Mitglied der bzw. die jeweilige Studierende ist.

Die Studierenden an Privatuniversitäten sind seit einer Novelle des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes im Jahr 2005 nicht mehr Mitglieder der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft.

Seit einer Novelle des Fachhochschulstudiengesetz Ende 2007 sind die Studierenden der Fachhochschul-Studiengänge Mitglieder der ÖH. Die nun gesetzlich verankerten und vollständig legitimierten FH-Studierendenvertretungen befindet sich zur Zeit in einer Übergangsphase in die neuen Strukturen. Die ersten Wahlen werden am Ende des Sommersemesters 2008 stattfinden. Durch den ÖH-Beitritt werden die FH-Studierenden erstmals auch bundesweit vertreten.

ÖH-Wahlen

Die Vertretungen werden im Zwei-Jahres-Turnus gewählt, seit 1965 sank die Wahlbeteiligung von 70% auf derzeit 28,29% (Wahl 2007). Kritiker werfen der ÖH deshalb vor, nicht genügend legitimiert zu sein. Andererseits wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen im internationalen Vergleich nach wie vor hoch ist. Die politische Arbeit innerhalb der ÖH ist in Fraktionen organisiert, die zum Teil den politischen Parteien nahestehen:

  • AG - AktionsGemeinschaft (Studentenforum), der ÖVP zugerechnet
  • FLÖ - Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs, parteiunabhängig
  • GRAS - Grüne & alternative StudentInnen, den Grünen nahestehend
  • KSV - Kommunistischer StudentInnenverband
  • JuLis - Junge Liberale Österreich, dem Liberalen Forum nahestehend
  • RFS - Ring Freiheitlicher Studenten, Vorfeldorganisation der FPÖ
  • VSStÖ - Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs, Vorfeldorganisation der SPÖ[3]

Novelle des Hochschülerschaftsgesetzes

Am 10. Dezember 2004 wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ und unter Protest der damaligen ÖH-Bundesvertretung einem Initiativantrag zur Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes (jetzt: Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz) stattgegeben. Diese Novelle sieht unter anderem die Abschaffung der Direktwahl der Fakultätsvertretung sowie der Bundesvertretung vor, sowie die Finanzmittelverteilung zugunsten der Studienvertretung und der Universitätsvertretung. Begründet wurde dies damit, dass mit der Autonomie der Universitäten den Vertretungen auf Universitätsebene mehr Aufgaben zukämen und dass ein gemeinsames Interesse aller Studenten, wie es zur Zeit der Gründung der ÖH angenommen wurde, nicht mehr so stark vorhanden sei.

Kritiker befürchteten mit dem neuen Wahlmodus eine Umverteilung der Mandate bei den nächsten Wahlen im Mai 2005 zugunsten von AktionsGemeinschaft und Fachschaftslisten. Die Novelle war unter anderem deswegen heftig umstritten. Tatsächlich profitierten jedoch von dem neuen Wahlmodus in der Wahl 2005 der VSStÖ und die FLÖ. Erst in der Wahl 2007 sehen Kritiker, dass diese Umverteilung tatsächlich stattfindet. Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich daraus, dass nicht mehr jede Stimme gleich viel für die Bundesvertretung zählt, und dass mehrfach inskribierte Studierende praktisch mehrere Stimmen für die Bundesvertretung abgeben können.

Das Endergebnis der ÖH-Wahl 2007

Das Endergebnis der Wahl 2007 lautete[4][5][6]:

Liste Sitze 2007 Sitze 2005
AG 20 14
GRAS 15 14
FLÖ 14 11
VSStÖ 11 16
RFS 1 1
KSV-KJÖ 1 0
LSF 1 1
Sonstige 3 4
Gesamt 66 62

Internationale Vertretung

Die ÖH ist Mitglied der European Students’ Union und vertritt damit die österreichischen Studierenden auch auf europäischer Ebene. Seit 2006 ist die ÖH auch Mitglied von EURODOC - European Council of Doctoral Candidates and Junior Researchers der europäischen Vereinigung von Doktoratsstudierenden und Nachwuchsforschern.

International ist die ÖH Mitglied der IUS - International Union of Students.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Verordnung des Staatsamtes für Volksaufklärung, Unterricht und Erziehung vom 3. September 1945 (BGBl. Nr. 170/1945)
  2. Hochschülerschaftsgesetz vom 12. Juli 1950 (BGBl. Nr. 174/1950)
  3. http://www.spoe.at/page.php?P=100259 15. August 2007.
  4. Offizielle Ergebnisse der ÖH-Wahlen 2007
  5. Ergebnis der ÖH-Wahlen 2007
  6. Liste Petra verstärkt Fachschaftslisten

Literatur

  • Christine Forster, Die Geschichte der Österreichischen Hochschülerschaft 1945-1955. Wien 1984 ISBN 3-85369-570-1

Weblinks


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