- Holzschliff
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Durch mechanisches Verschleifen von Holz und das Entfernen von Schmutzpartikeln mittels eines Siebes entsteht der ligninhaltige Holzschliff, neben Zellstoff ein wichtiger Ausgangsstoff für die moderne Papierherstellung.
Inhaltsverzeichnis
Der Holzschliff und das Holzschliffpapier
Holzschliff wird wie Zellstoff hauptsächlich aus langfaserigen Nadelhölzern gewonnen. Im Unterschied zur chemischen Zellstoffherstellung kommen dabei ausschließlich mechanische Verfahren zum Einsatz. Entrindete Holzprügel werden unter Zusatz von Wasser auf rotierende Schleifsteine gepresst und zerschliffen.[1]
Ein zweite mechanische Methode ist das so genannte Refiner-Verfahren (RP).[2] Die Holzprügel werden dabei zunächst in homogene Schnitzel zerhackt und diese anschließend mit Dampf erhitzt. Erst danach erfolgt die mechanische Aufschließung (Thermo Mechanical Pulping TMP). Eine Variante ist die chemo-thermische Holzstofferzeugung (CTMP) bei der die Schnitzel zusätzlich chemisch vorbehandelt werden. Das resultierende Halbprodukt aller Varianten des Refiner-Verfahrens wird Holzstoff genannt, Oberbegriff für alle in der Hauptsache mechanisch gewonnenen Faserhalbstoffe inklusive Holzschliff. Synonym wird die Bezeichnung „Mechanischer Faserstoff“ verwendet.
Papiere aus Holzstoff, vereinfachend „holzhaltige Papiere“ genannt, enthalten Lignin und vergilben deshalb sehr schnell. Sie werden lediglich für kurzlebige Erzeugnisse (z. B. Zeitungspapier) benutzt. Um die Papierfestigkeit zu erhöhen wird der relativ kurzfaserige Holzschliff häufig mit Zellstoff gemischt.
Um zu vermeiden, dass bei dem Schleifprozeß nur Sägemehl entsteht, wird über Feuchtigkeit und Temperatur eine Plastifizierung des Lignins angestrebt, aus dem die Fasern dann mechanisch herausgerissen werden können, ohne wesentliche Beschädigungen zu verursachen.
Holzschliff kann durch Rotfärbung des enthaltenen Lignins mit salzsaurer Phloroglucinlösung nachgewiesen werden.
Die Erfindung des Holzschliffs
Der Mangel an Lumpen (Hadern), die bis zur Erfindung des Holzschliffs für die Papierherstellung notwendig waren, wurde zum Engpass der Papierherstellung. Deshalb suchte man bereits um 1700 nach Alternativen für die Hadern. Der französische Physiker René Antoine Ferchault de Réaumur schrieb 1719 der französischen Akademie der Wissenschaften in Paris:
„Die amerikanischen Wespen bilden ein sehr feines Papier, ähnlich dem unsrigen. Sie lehren uns, dass es möglich ist, Papier aus Pflanzenfasern herzustellen, ohne Hadern oder Leinen zu brauchen; sie scheinen uns geradezu aufzufordern zu versuchen, ebenfalls ein feines und gutes Papier aus gewissen Hölzern herzustellen. Wenn wir Holzarten ähnlich denen besäßen, welche die amerikanischen Wespen zu ihrer Papierherstellung benutzen, so könnten wir das weißeste Papier herstellen.“
Jacob Christian Schäffer führte umfassende Experimente durch, um Papier aus Pflanzenfasern oder Holz zu gewinnen; in sechs Bänden beschrieb er zwischen 1765 und 1771 seine „Versuche und Muster, ohne alle Lumpen oder doch mit einem geringen Zusatze derselben, Papier zu machen“. Seine Verfahren zur Papierherstellung aus Pappelwolle, Moos, Hopfen, Weinreben, Disteln, Brennnesseln, Kartoffelpflanzen, Torf, Tannenzapfen und Sägespänen ergaben aber kein qualitativ gutes Papier und wurden deshalb von den Papiermüllern nicht verwendet.
Friedrich Gottlob Keller erfand Anfang Dezember 1843 das Verfahren zur Herstellung von Papier aus Holzschliff, wobei er auf einem Schleifstein Holz in Faserquerrichtung mit Wasser zu Holzschliff verarbeitete, das zur Herstellung von qualitativ gutem Papier geeignet war. Er verfeinerte das Verfahren bis zum Sommer 1846 durch die Konstruktion von drei Holzschleifermaschinen. Am 11. Oktober 1845 ließ er eine Reihe von Exemplaren der Nummer 41 des Intelligenz- und Wochenblattes für Frankenberg mit Sachsenburg und Umgebung auf seinem Holzschliffpapier drucken.
Die industrielle Auswertung seiner Erfindung blieb Friedrich Gottlob Keller versagt, da ihm die Geldmittel zur technischen Erprobung und die Patentierung des Verfahrens vom Sächsischen Ministerium des Inneren verweigert wurden. So übertrug er am 20. Juni 1846 die Rechte zur Nutzung des Verfahrens gegen ein geringes Entgelt an den vermögenden Papierfabrikanten Heinrich Voelter, der das Kellersche Holzschliffverfahren weiterentwickelte, in die Praxis einführte und durch die Entwicklung von Hilfsmaschinen zur großtechnischen Nutzung gebracht hat. Ab 1848 arbeitet Voelter mit dem Heidenheimer Papierfabrikanten Johann Matthäus Voith zusammen mit dem Ziel, Papier zur Massenware zu machen. Voith entwickelt das Verfahren weiter und erfindet im Jahr 1859 den Raffineur, eine Maschine, die das splitterreiche Grobmaterial des Holzschliffs verfeinert und dadurch eine deutliche Verbesserung der Papierqualität herbeiführt.
Seit etwa 1850 wurde der Holzschleifer eingesetzt, mit dem die Papierherstellung aus dem preiswerten Rohstoff Holz im industriellen Maßstab möglich wurde; um 1879 arbeiteten allein in Deutschland rund 345 solcher Holzschleifereien.
Die älteste erhaltene Holzschleiferei ist die Kartonfabrik von Verla in Finnland, die 1882 erbaut wurde. Die 1964 stillgelegte Fabrikanlage wurde 1996 in das Verzeichnis des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen.
Die Holzschliffpapiere vergilben aufgrund des im Papier verbleibenden Lignins. Chemische Verfahren zur Gewinnung reinen Zellstoffs erwiesen sich jedoch aufgrund von Säureresten aus dem Prozess der chemischen Aufschließung durch saures Ammoniumsulfit und ähnliches als problematisch. Mittel- und langfristig bildet sich im Papier Schwefelsäure, die das Papier braun und brüchig werden lässt oder es gänzlich zerstören kann. Daher wird seit den 1980er Jahren für den Druck hochwertiger Publikationen überwiegend ein teureres, aber auch dauerhafteres säurefreies Papier verwendet.
Da die Lebensdauer der davor hergestellten Bücher und Archivalien sehr begrenzt ist, müssen die seit 1850 auf Holzschliff- bzw. Holzzellstoffpapier entstandenen Archivbestände auf säurefreies Papier umkopiert oder aber in speziellen Geräten entsäuert werden, was mit großem Aufwand verbunden ist.
Einzelnachweise
- ↑ Glossar der Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal [1]
- ↑ Informationsseite der Firma Siemens zur Holzstoffherstellung[2]
Siehe auch
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