- Honoratioren
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Mit Honoratioren (pl.) bezeichnet man seit dem 19. Jahrhundert Bürger, die aufgrund ihres herausgehobenen sozialen Status im überwiegend kleinstädtischen Milieu großes Ansehen genießen und dort gegebenenfalls informellen Einfluss ausüben können. Typische Beispiele sind der Lehrer (Schulmeister), der Pfarrer, der Richter, der Arzt, der Tierarzt, der größte Bauer am Ort oder – falls vorhanden – ein Fabrikbesitzer.
Im Singular wird das Wort Honoratiore nur noch gelegentlich für eine Einzelperson gebraucht, die unentgeltlich öffentliche oder Verwaltungsaufgaben übernimmt.
Der Begriff ist aus dem Lateinischen honoratiores eingedeutscht und bedeutete wörtlich „die mehr als andere Geehrten“ (vgl. auch honorig = ehrenhaft, freigebig); in der römischen Republik waren damit vor allem die Inhaber senatorischer Ämter (cursus honorum = Ämterlaufbahn) gemeint.
Im Süden Deutschlands wurde das Wort Honoratioren im Sprachgebrauch umgewandelt in Honorationen. Es findet sich immer wieder auch in Medienberichten. Dabei geht es darum, den Personenkreis aus öffentlichem Leben, Politik, Wirtschaft, Kirche und Kunst zu beschreiben, der beispielsweise an besonderen Ereignissen als Ehrengäste teilnimmt.
Siehe auch Notabeln, Ehrbarkeit
Nach Max Webers Definition sind Honoratioren Bürger, die für die Politik leben, ohne von ihr leben zu müssen, da sie ihre Einkünfte aus Grundbesitz und Vermögen beziehen. Die Bekleidung eines politischen Amtes brachte keinen Ertrag, sondern die Übernahme z.T. erheblicher Kosten, war aber mit weiterem Ansehensgewinn, auch für die Familie des Amtsträgers, verbunden. Mit der Einführung von Verfassungen in den deutschen Staaten in der Zeit des Frühkonstitutionalismus und damit parlamentarischen Volksvertretungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Abgeordneten der (meistens) zweiten Kammer in den deutschen Landtagen oder auch im Parlament der Frankfurter Paulskirche Honoratioren. Sie wurden durch Wahlmänner gewählt.
Siehe auch Zensuswahlrecht
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