Hortenkacheln

Hortenkacheln
Hortenkacheln
Hortenkachel 68/300 aus Hamm

Die Hortenkachel ist der Baustein einer speziellen Gebäudefassade, benannt nach dem Kaufhaus Horten, für das sie in der Nachkriegszeit entwickelt wurde.

„1958 zeigt sich mit der Fertigstellung des Merkur-Hauses in Duisburg eine deutliche Wendung in der Fassadengestaltung der Warenhäuser. Helmut Rhode entwickelt eine neutrale Fassade aus Gitterwerksteinen und verkleidet damit die „Konzeption Harald Loebermanns“. Die Idee, aus welcher sich wenige Jahre später die als Corporate Identity genutzte Fassade des Horten-Konzerns entwickelt, findet sich auch beim zwischen 1959 und 1961 von Egon Eiermann errichteten Merkur-Warenhaus in Stuttgart, welchem sie damit fälschlicherweise zugeschrieben wird. Nach verschiedenen Entwürfen Eiermanns entsteht anstelle des dafür trotz zahlreicher Widerstände abgerissenen Schocken-Baus von Erich Mendelsohn ein weitestgehend geschlossener Baukörper mit Ornamentfassade. Über die Priorität der Erfindung und sein Urheberrecht an der Fassade beginnt Eiermann einen Streit mit dem Horten-Konzern, kann seinen Anspruch jedoch nicht durchsetzen – denn Marcel Breuer errichtet bereits 1957 das niederländische Warenhaus de Bijenkorf in Rotterdam mit einer geschlossenen Fassade aus den Bienenkorb symbolisierenden sechseckigen Fassadenelementen, worauf Horten verweisen kann.

Die von Horten seit den 60er Jahren immer wieder verwendeten, ein stilisiertes H darstellenden und auch als Markenzeichen geschützten Fassadensteine, gehen auf ein von Helmut Rhode für die Düsseldorfer Hauptverwaltung gestaltetes Türdrückermotiv zurück. Der hieraus entwickelte Standard-Fassaden-Stein, zunächst in Keramik, später in GussAluminium hergestellt, wird erstmals 1962 beim Horten-Neubau in Neuss von Hentrich und Petschnigg eingesetzt.“ (Zitat: Langenberg, Silke: Bauten der Boomjahre. Architektonische Konzepte und Planungstheorien der 60er und 70er Jahre. Diss. Dortmund 2006. S. 51.)

Die ornamentale Fassade, die das Gebäude nahezu vollständig bekleidet, nimmt keinen Bezug auf den stadträumlichen Kontext und macht die innere Gliederung sowie den Maßstab des Gebäudes nicht ablesbar. Da sich mit diesem Fassadensystem die Gebäudegrundrisse sehr flexibel und mit einem Höchstmaß an Stellfläche durch die Vermeidung von Fenstern ausbilden lassen, fand dieses Fassadensystem in den Folgejahren viel Anklang beim Neubau von Kaufhäusern. Da sie Nistmöglichkeiten für Tauben bietet, wird sie meistens mit einem Drahtnetz überzogen.

Das Grundmaß einer Kachel ist: 50 x 50 cm. Die Tiefe liegt bei ca. 15-20 cm (es gibt mindestens 2 Versionen).

Einige Horten-Fassaden stehen unter Denkmalschutz. Im Zuge des Abrisses des ehemaligen Horten-Kaufhauses in Hamm wurden 300 der 7000 Kacheln einzeln verkauft.

Literatur

  • Hocquél, Wolfgang; Kellermann, Friedel, Pfeifer, Hans-Georg; Schreiber, Mathias; Weiß, Klaus-Dieter; Zeidler, Eberhard: Architektur für den Handel. Kaufhäuser, Einkaufszentren, Galerien. Geschichte und gegenwärtige Tendenzen. Basel/ Boston/ Berlin 1996.
  • Irrgang, Thomas: Deutsche Warenhausbauten. Entwicklung und heutiger Stand ihrer Betriebs-, Bau- und Erscheinungsformen. Dissertation. Berlin 1980.
  • Jaeggi, Annemarie (Hrsg.): Egon Eiermann (1904-1970). Die Kontinuität der Moderne. Ostfildern-Ruit. 2004. Katalog zur Ausstellung der Städtischen Galerie Karlsruhe vom 18. September 2004 bis 9. Januar 2005.
  • Langenberg, Silke: Bauten der Boomjahre. Architektonische Konzepte und Planungstheorien der 60er und 70er Jahre. Diss. Dortmund 2006.
  • Schramm, Christian: Deutsche Warenhausbauten. Ursprung, Typologie und Entwicklungstendenzen. Aachen 1995.

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