Hypothekenanleihe

Hypothekenanleihe

Eine Hypothekenanleihe, auch Immobilienanleihe genannt, ist ein fest verzinsliches Wertpapier, das durch Grundpfandrechte besichert ist. Dabei wird unterschieden, ob die eingetragenen Grundpfandrechte die Forderung des Gläubigers aus dem Wertpapier erstrangig oder nachrangig besichern.

Inhaltsverzeichnis

Historie

Ursprünglich entstammen Hypothekenanleihen, bzw. Immobilienanleihen, aus dem Geschäftsbereich der Pfandbriefbanken. Wichtig ist die Abgrenzung zum Hypothekenpfandbrief. Pfandbriefe sichern den Anleger im ersten Rang ab. Die Immobilie darf dabei nicht mehr als mit 60 Prozent des Beleihungswertes beliehen werden. Es gelten die strengen Rechtsvorschriften des Pfandbriefgesetzes (PfandBG). Pfandbriefe dürfen nur von Pfandbriefbanken emittiert werden, die der gesetzlichen Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen. Das besondere Sicherungskonstrukt und die besonders strenge Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften zur Sicherung der Gläubiger haben dazu geführt, dass der Gesetzgeber die Pfandbriefe für mündelsicher erklärt hat. Nachdem die Nachfrage am Markt nach sicherheitsorientierten Anlagen ab Anfang der 90er Jahre sprunghaft anstieg, wurde eine Weiterentwicklung des traditionellen Wertpapiergeschäfts im Bereich der Anleihe vorgenommen, um besicherte Anleihen zu forcieren.[1][2] Die heutige Form der Hypothekenanleihe, bzw. Immobilienanleihe, ist eine Mischform einer Unternehmensanleihe und einer unterlegten ABS (asset backed securities) und MBS (mortgage backed securities) Struktur.

Formen von Immobilienanleihen

Hypothekenanleihen, bzw. Immobilienanleihen, sind prinzipiell in jeder marktgängigen Form gestaltbar. Hierzu gehören insbesondere Standardanleihen (auch Festzinsanleihen oder Straight Bonds genannt), Nullkuponanleihen (auch Zerobond genannt), sowie Perpetuals (auch Perpetual Bonds genannt). Seltener finden sich Annuitätenanleihen, Tilgungsanleihen (auch Auslosungsanleihen genannt), Floater und Stufenzinsanleihen. Alle vorbenannten Formen können inhaltlich flexibel ausgestaltet werden, sodass sich zusätzlich relevante Qualitätsmerkmale und Sicherungsmechanismen (siehe zugehörige Punkte) z. T. erheblich auf die Anleihekonstruktion sowie die Absicherung auswirken können.[3]

Charakteristika – erstrangige und nachrangige Besicherung

Bei Hypothekenanleihen, bzw. Immobilienanleihen, müssen zwei relevante Bereiche unterschieden werden: Anleihen mit erstrangiger Besicherung zu Gunsten der Anleihegläubiger und Anleihen mit nachrangiger Besicherung.

Eine erstrangige Hypotheken-/Immobilienanleihe ist ein festverzinsliches Wertpapier, das den Anleger mit erstrangigen Grundpfandrechten (Hypotheken), bzw. in Form einer Eigentümerbriefgrundschuld absichert. Das bedeutet, dass dem Anleger ein bevorzugtes Pfandrecht an den Immobilien eingeräumt wird. Kann der Schuldner (Emittent) seine Verpflichtungen gegenüber dem Anleger nicht einhalten, also die Zinsen nicht entrichten oder die Rückzahlung nicht durchführen, so hat der Anleger das Recht, sich über die Verwertung der Immobilie schadlos zu halten. Im Vergleich zu nachrangigen Hypothekenanleihen ist der Anleger bei der Verwertung des Pfandrechts – zum Beispiel dem Verkauf der Immobilie – rechtlich besser gestellt. Bei nachrangigen Hypotheken kann der Anleger nur dann mit einem Verwertungserlös zur Absicherung rechnen, wenn die erstrangigen Gläubiger vollständig befriedigt worden sind und noch genügend Vermögensmasse vorhanden ist, die zum Ausgleich seiner Forderung herangezogen werden kann. Die Qualität der Absicherung ergibt sich aus der Güte der Immobilien und der Höhe der Beleihung der Immobilie.

Eine nachrangige Hypothekenanleihe, bzw. Immobilienanleihe, ist unter dieser Bezeichnung dem Grunde nach eine Irreführung des Anlegers. Derartige Angebote sind Anleihen an Unternehmen, deren Mittelverwendung zwar im Interesse der Anleger erfolgt, die die erworbenen Immobilien aber zu einem bestimmten, mehr oder weniger hohen Anteil auch fremd finanzieren. Das führt dazu, dass die die Ansprüche der Anleihegläubiger sichernden Grundpfandrechte nicht oder allenfalls nachrangig gegenüber den der Besicherung der Bankenkredite dienenden Grundpfandrechten sind. Insofern suggerieren diese Immobilienanleihen alleine durch ihre Benennung eine Sicherheit, die tatsächlich nicht besteht. Im Markt werden somit zum Teil Anleihen als Immobilienanleihen bezeichnet, die die Kriterien, insbesondere der erstrangigen Absicherung, nicht erfüllen. Sie unterscheiden sich von ihrer Philosophie her nicht von herkömmlichen Unternehmensanleihen und dienen nur dazu, dass der Emissionär Kapital zur Verwirklichung seiner eigenen, häufig bereits durch seine Unternehmensziele schon vorgegebenen Zwecke bekommt. Der Emissionär handelt also nicht anleger-, sondern eigenunternehmensbezogen. Mischformen sind selbstverständlich denkbar. Bei einer Besicherung durch Grundpfandrechte ist die Sicherheit theoretisch für den Anleger bei beiden Arten der Anleihen zwar möglich, in der Praxis werden sich die Kredit gebenden Banken allerdings nicht darauf einlassen, dass die Immobilien des Unternehmens vorrangig der Besicherung der Ansprüche der Anleihegläubiger dienen. Aus diesen Gründen darf man seriöser Weise in Fällen der Nachrangigkeit der allgemeinen Unternehmensanleihen nicht von „Immobilienanleihen“ sprechen. Ob nämlich der Emissionär PKWs, Kleidungsstücke oder Software produziert, ob er Waren- oder Dienstleistungen verkauft oder sein Geschäft in Form von Immobilienprojektentwicklung oder auch Immobilienbestandshaltung betreibt, ist aus der Sicht des Anlegers im Hinblick auf das Sicherheitsbedürfnis im Grunde gleichgültig; denn in all diesen Fällen sind es nicht seine Interessen, die im Vordergrund stehen. Er ist in derselben Situation wie andere Fremdkapitalgeber, vergleichbar einem Kreditinstitut, das dem Unternehmer ein Festzinsdarlehen oder einen Kontokorrentkredit gegeben hat. Auch hier hilft der Kredit der Durchführung der Unternehmensidee, das Geld der Bank wird nicht gezielt im Interesse der Bank investiert.[4][5][6][7]

Sicherungsmechanismen / Qualitätsmerkmale

Hypothekenanleihen, bzw. Immobilienanleihen, lassen sich zu Gunsten der Anleihegläubiger mit einzelnen oder mehreren Sicherungsmechanismen ausgestalten, die nachfolgend kurz behandelt werden sollen. Je mehr dieser Mechanismen und Merkmale, die ihrerseits in unterschiedlicher Gewichtung und Güte realisiert werden können, in der Anleihekonstruktion Verwendung finden, desto besser ist die Sicherungsqualität.

In Form einer erstrangigen Eintragung im Grundbuch, z. B. Briefgrundschuld, werden bei Hypothekenanleihen, bzw. Immobilienanleihen, die Anleihebegünstigten mit dinglichen Sicherheiten ausgestattet. Die Höhe dieser dinglichen Sicherung kann variieren. Eine Sicherung im Grundbuch kann ganz oder teilweise erfolgen und muss nicht zwangsläufig dem Verkehrswert der Immobilie entsprechen.

Die Einschaltung eines Treuhänders, zumeist eines Rechtsanwalts, kann der Verwahrung der dinglichen Sicherheiten dienen. Dieser kann neben der Verwahrung der Sicherheiten auch mit der Durchsetzung der Sicherheitenverwertung verpflichtet werden, sofern beim Emittenten eine Schieflage eintritt. In Anbetracht komplizierter juristischer Anforderungen im Rahmen z. B. eines Insolvenzverfahrens ist die Beiziehung eines solchen Fachmanns sinnvoll. Laufende Mieteinnahmen der als Sicherheit unterlegten Immobilie(n) können mit einer (Miet-)Zession zu Gunsten der Anleihegläubiger ausgestattet werden, was häufig ebenfalls über den Treuhänder erfolgt. Kommt demnach der Emittent seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht nach (Zinszahlung, Coupon, Rückzahlung), so werden in Form der (Miet-)Zession die laufenden Einnahmen bereits zu Gunsten der Anleihegläubiger verwandt. In der Praxis ist dies schneller realisierbar als die Verwertung der grundbuchlichen Sicherheiten, da letztere ein kompliziertes Verfahren erfordert.

Sofern die Hypothekenanleihe, bzw. Immobilienanleihe, sich nicht auf ein bekanntes und konkretes Investitionsobjekt bezieht, also als „Blind Pool“ ausgestaltet ist, werden häufig Investitionskriterien definiert. Die Investitionskriterien legen fest, welche Art von Immobilien zu welchem Preis erworben werden dürfen. Je konkreter diese Investitionskriterien gefasst sind, desto größer ist die Transparenz. Auch kann in den Investitionskriterien festgelegt werden, in welchem wirtschaftlichen Rahmen Immobilien erworben werden dürfen. Dies kann z. B. anhand einer prozentualen Quotenbenennung, anhand des Verkehrswerts der Immobilie oder anhand des Faktors der erzielten Jahresnettomiete erfolgen. Die prozentuale Differenz zwischen Erwerbspreis und Besicherungswert zu Gunsten der Anleihegläubiger ergibt die Besicherungsquote.

Weiteres Qualitätsmerkmal ist die Einschaltung einer sogenannten Mittelverwendungskontrolle. Sie dient der Sicherstellung der zweckgerechten Verwendung der vom Anleger auf ein Treuhandkonto geleisteten Einlagen durch einen Wirtschaftsprüfer oder einen anderen unabhängigen Dritten durchgeführtes Prüfverfahren zur Kontrolle, ob die Anlegergelder im Rahmen des satzungsrechtlich formulierten Unternehmensgegenstandes verwendet und z. B. verbindliche Investitionskriterien eingehalten worden sind.

Expertenmeinungen

Fachmedien wie unter anderem Financial Times Deutschland bemängeln, dass zahlreiche Hypothekenanleihen, bzw. Immobilienanleihen, nur eine „Scheinsicherheit“ suggerieren, da nur eine Handvoll Produkte überhaupt erstrangige Grundschuldsicherheiten bieten [8], bzw. über die notwendigen Sicherungsmechanismen und Qualitätsmerkmale verfügen. Gerade einmal zwei Anbieter am deutschen Markt bieten diese an [9]. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung beschreibt sinnvoll und gut konstruierte Hypothekenanleihe, bzw. Immobilienanleihen, als sinnvolle Beimischung [10]. Allerdings sei sorgfältig auf die Gestaltung der Produkte zu achten. Mit dem Thema Sicherheit bei Immobilienanleihen befasst sich auch das Fachmagazin „Der Immobilienbrief“ [11] und nimmt in einer Untersuchung das Thema Ratings bei Immobilienanleihen und Sicherungsmechanismen unter die Lupe.

Der Rechtswissenschaftler Karl Georg Loritz, der als führender wissenschaftlicher Experte [12] für die Konzeption und Bewertung von Immobilienkapitalanlagen gilt, hat in einer wissenschaftlichen Studie [13] eine fundierte Gegenüberstellung zu anderen Formen der Immobilieninvestition vorgenommen und sämtliche Immobilienanleihen des Marktes analysiert. Bei der Mehrheit der angebotenen Anlagen stellt er gravierende konzeptionelle Mängel fest und kommt ebenso zu dem Ergebnis, dass lediglich zwei Anlagen die geforderten Sicherungsmechanismen und Qualitätsmerkmale erfüllen.

Quellen / Literaturverweise

  1. Hierzu ausführlich Karl Georg Loritz, in Schmider/Wagner/Karl Georg Loritz Karl Georg Loritz, HdB, 2. Aufl. Stand Juni 2010, Fach 0308, Rn 3 ff.
  2. Hierzu umfänglich Karl Georg Loritz, Fußnote 1, Rn. 6; Einzelheiten bei Wagner/Karl Georg Loritz, Konzeptionshandbuch der steuerorientierten Kapitalanlage, Bd. 1, 2. Aufl. 1997, Rn 1434 ff.; Karl Georg Loritz, WM 1998, 685 ff.
  3. Siehe zur rechtlichen Konstruktion §§ 66 ff. Investmentgesetz
  4. Siehe hierzu statt aller Eiler/Rödders/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, München 2008, C 175 ff.
  5. Siehe hierzu die Definition in Runge: in: Hockmann/Theißen, Investment Banking, 2002, 25.1.2; siehe auch Habersack, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 793 Rn. 12.
  6. Zu Einzelheiten dieser Begriffe statt aller Huttei, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 2. Aufl. 2008, § 15.
  7. Karl Georg Loritz, Zeitschrift für immobilienwirtschaftliche Forschung und Praxis 2010, Ausgabe 14, S. 2ff..
  8. http://www.ftd.de/finanzen/immobilien/:hypothekenanleihen-undurchsichtige-konstruktion/489628.html
  9. [1]
  10. http://www.faz.net/s/Rub09A305833E12405A808EF01024D15375/Doc~E27EAE101E0E1454BABC30FE45EF2967D~ATpl~Ecommon~Scontent.html
  11. http://www.rohmert-medien.de/immobilienbrief/anleihen-von-immobilienunternehmen-sicherheit-ohne-ratings-2,109241.html
  12. [2]
  13. Karl Georg Loritz Immobilien-Anleihen als zeitgemäße Alternative zu geschlossenen Fonds - Funktionsweise, rechtliche, wirtschaftliche und sicherheitsbezogene Aspekte -; Universität Bayreuth; Handbuch für Kapitalanlagenkonzeption, Februar 2011

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