- Altersschätzung
-
Altersbestimmung von Lebewesen umfasst die Methoden, das meist nicht offenkundig feststellbare Lebensalter von Tieren und Pflanzen festzustellen. Im Regelfall lässt sich hier nur eine ungefähre Altersangabe ableiten, weshalb häufiger auch der Begriff Altersschätzung verwendet wird.
Inhaltsverzeichnis
Zoologie
Zur Altersbestimmung von Tieren kann man verschiedene Körpermerkmale heranziehen, so man deren zeitliches Verhalten kennt. Eine Alterschätzung ist zwar meist fehlerbehaftet, aber für Wildbiologen oder Tierärzte oft das einzige Mittel, um eine ungefähre Altersangabe zu machen.
Untersuchungsverfahren:
- Messungen von Größe und Gewicht: Für Jungtiere, also noch wachsende Tiere kann man anhand von Messungen der Körperlänge oder der bestimmter Körperabschnitte das Alter ablesen, vorausgesetzt man hat entsprechende Referenzdaten. Die meisten Reptilien, wie auch Fische, wachsen ihr Leben lang. Daher korrelieren Körpergröße und Alter.
- Zahnaltersbestimmung: Durch die relative Konstanz des Zahnwechsels bei Säugetieren und durch die Abnutzung der Zähne verändert sich das Gebiss; siehe auch: Zahnaltersschätzung
- Knochenalterbestimmung
- Altersbestimmung anhand der Schuppen: Bei Fischen mit Schuppen zeigen diese in Gegenden mit Jahreszeiten „Jahresringe“ (Annuli), die man oft ohne jede weitere Behandlung abzählen kann, woraus sich das genaue Alter ergibt. Ähnliches lässt sich mit Wirbelkörpern, Kiemendeckelknochen u. a. erzielen, besonders aber mittels der „Ohrsteine“ (Otolithen, S. Statolith), die durch äußere Anlagerung wachsen und daher besonders deutliche Zuwachs-Zonen zeigen. Die Otolithologie ist auch deshalb eine eigene Wissenschaftsdisziplin, weil die Ohrsteine (von je spezifischer Form) auch bei der Bestimmung der phylogenetischen Verwandtschaft dienen können. Mit mikroskopischen Methoden lassen sich unter Umständen auch tägliche Zuwachszonen erkennen − beispielsweise bei paläozoischen Korallen-Fossilien, bei denen man drauf schließen konnte, dass ein Jahr damals über 400 Tage hatte.
- Linsengewicht: Da die Augenlinse sehr lange wächst, kann man anhand von Wägungen deren Masse bestimmen und mit Referenzdaten vergleichen.
- Gefieder: Bei Vögeln kann man anhand des Gefieders zumindest eine grobe Zuordnung treffen (Jungvögel, Altvögel).
- Bursatiefe: Bei Vögeln kann man, da die Bursa Fabricii eine Alterinvolution zeigt, eine Altersbestimmung über eine Sondierung der Tiefe der Höhle dieses Organs vornehmen.
- Hornringe: Bei horntragenden Wiederkäuern entstehen durch die Stoffwechselbelastung durch Trächtigkeiten unterschiedliche Wachstumszonen am Horn auf, die den Baumringen vergleichbar sind. Da meist eine Trächtigkeit pro Jahr auftritt, lässt sich so auch eine grobe Altersbestimmung durchführen.
- Enden: Bei geweihtragenden Huftieren folgt eine Abschätzung des Alters über die Enden, also die Gabelungen des Geweihs
In der Archäozoologie – das gilt entsprechend auch für die Anthropologie und die Forensik am Menschen – gibt es darüber hinausgehend Methoden zur Untersuchung von nicht oder langsam verwesenden Körperbestandteilen wie Hornsubstanz (Haare, Krallen/Nägel, Geweihe und Hörner), Knochen oder Zähne. Alle diese Strukturen weisen den Jahresringen entsprechende Anzeichen auf, die in Schnitten und Schliffen mikroskopisch ausgewertet werden können, und Aussagen über das Sterbealter fossiler Lebewesen geben. Daneben stehen die Methoden, die Aussagen über das Alter des Fossils geben und im Artikel Altersbestimmung (Archäologie) behandelt werden.
Botanik
Das Alter von Bäumen bestimmt man mit Hilfe von Jahresringen, das ist auch in der Datierung fossiler Hölzer in der Dendrochronologie üblich.
Der älteste Baum der Erde ist vermutlich eine Fichte in Schweden, deren Alter mit der Radiokohlenstoffdatierung auf etwa 9550 Jahre bestimmt wurde. [1] Methuselah im Inyo National Forest (USA) wurde auf 4723 Jahre befundet. Als ältester Baum Europas ist nachweislich eine Stieleiche in Granit (Bulgarien) mit 1640 Jahren, daneben nennt man Fortingall Yew in Perth and Kinross (Schottland) mit geschätzten 3000 bis 5000 Jahren. Der 1964 in Oregon gefällte Prometheus war gezählte 4950 Jahre alt, das höchste bisher nachweisbare Alter eines Lebewesens – eine als 7240-jährig überlieferte Sicheltanne auf Yakushima konnte nicht bewiesen werden. Außer Koniferen (etwa Lagarostrobos franklinii, deren Wurzelstöcke bis zu 10.000 Jahre alt werden können) sind Ginkgo und Feigenbäume für ihr hohes Alter bekannt.[2]
Altersbestimmungen über das Dickenwachstum sind wenig aussagekräftig, der dickste Baum der Erde, El árbol del Tule in Mexiko, wird auf „nur“ 1200–3000 Jahre geschätzt, und fast alle der tausendjährig genannten Bäume Europas sind im Bereich von 300 bis 600 Jahren anzusiedeln, insbesondere schnell dickenwüchsiges Holz wie Linde, Buche oder Eiche gilt als wenig verlässlich. Neben Koniferen dürften Edelkastanien und Ölbaumgewächse wie die Olive zu den Bäumen Europas gehören, die das höchste Alter erreichen.
- Siehe auch: Markante und alte Baumexemplare
Bei anderen Pflanzen gibt es nur selten direkte pflanzenmorphologische Kriterien, und Altersbestimmungen erfolgen mehr oder minder indirekt. Ein Beispiel ist das (bisher bekannte) ausgedehnteste Lebewesen der Erde, ein Hallimasch (Hutpilz) im Malheur National Forest (Oregon, USA) von mindestens 2400 Jahren, dessen Alter aus dem Durchmesser des Hexenrings errechnet wurde, nachdem die dortigen Bestände über genetische Untersuchungen als ein Lebewesen erkannt wurden.
Sosehr Bäume überschätzt werden, werden Stauden unterschätzt. Langsamwüchsige Pflanzen, etwa die typischen Polsterpflanzen karger Vegetationszonen, oder Frühlingsblumen erreichen ein erstaunliches Alter. So sind Horste des Leberblümchens mit knapp einem Meter Durchmesser gefunden worden, die wohl etliche hundert Jahre alt sind. Auch Pflanzen, die sich stark vegetativ ausbreiten – etwa Brennesseln oder Bambus – können Bestände hohen Alters erreichen und dabei auch erstaunliche Entfernungen zurücklegen.
Siehe auch
- Altersbestimmung (Archäologie), Datierung
- Lebensalter, über den Menschen
- Knochenalter
Einzelnachweise
- ↑ Meldung auf scienceticker.info
- ↑ Guinness-Buch der Rekorde, zitiert nach Informationen zum Ökosystem Wald, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, www.sdw.de
Wikimedia Foundation.