- Zahnaltersschätzung
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Die Zahnaltersschätzung ist eine Möglichkeit zur ungefähren Bestimmung des Alters von Pferden anhand typischer Veränderungen des Gebisses. Zum Aufbau des Gebisses beim Pferd siehe auch Zahnformel Pferd.
Eine Zahnaltersschätzung ist auch bei anderen Tieren möglich, u.a. beim Rind und anderen Wiederkäuern, beim Hund und bei der Katze.
Inhaltsverzeichnis
Historisches
Die Zahnaltersbestimmung spielte in den vergangenen Jahrhunderten eine große Rolle beim Pferdehandel, da es für Nutztiere in der Regel keine Abstammungsnachweise, Papiere etc. gab. Die Methode der Altersschätzung geht auf Pessina von Czechorod zurück, der Ende des 18. Jahrhunderts an der Wiener Militärtierarzneischule unterrichtete. Mit der Entwicklung verlässlicher Kriterien konnte man nun Altersangaben der Vorbesitzer überprüfen. Nur bei Schenkungen war das Alter egal: "Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul", ähnliche Sprüche gibt es in vielen Sprachen (Spanisch: „Un caballo regalado no se mira a los dientes“ - ...schaut man nicht auf die Zähne).
Mit der Entwicklung dieser Methode der Alterschätzung fanden sich bald auch findige Fälscher („Rosstäuscher“), die versuchten, z.B. durch Einbrennen von Kunden (s. u.), Pferde wieder jünger aussehen zu lassen. Damit lassen sich allerdings nur weniger geübte Personen hinters Licht führen, denn erfahrene nutzen stets mehrere Kriterien.
Auch heute noch ist die Zahnaltersbestimmung ein Grundbestandteil der tierärztlichen Ausbildung, denn sie ist relativ einfach und schnell durchzuführen und ein zusätzliches Identitätsmerkmal.
Kriterien
Die Zahnaltersbestimmung basiert auf mehreren Kriterien:
- Durchbruch der Milchzähne
- Zahnwechsel bzw. Durchbruch der bleibenden Zähne
- Abnutzung der Kunden (Infundibula): Als Kunde (auch Marke, Bohne) bezeichnet man becherartige Schmelzeinstülpungen an den Schneidezähnen. Sie sind beim durchbrechenden Schneidezahn im Oberkiefer 12 mm, im Unterkiefer 6 mm tief und nutzen sich etwa 2mm/Jahr ab. Dann bleibt nur noch ein kleines Pünktchen, die Kundenspur sichtbar.
- Pulpahöhle: Mit der Abnutzung wird allmählich die mit Sekundärdentin aufgefüllte Pulpahöhle als bräunlicher Strich, sog. Zahnsternchen oder Kernspur, lippenwärts der Kundenspur sichtbar.
- Form der Kaufläche der Schneidezähne: Durch die Abnutzung der Schneidezähne werden diese immer weiter aus ihrem Zahnfach herausgeschoben. Da der Schneidezahn wurzelwärts seine geometrische Gestalt verändert, verändert sich auch die Form der Okklusionsfläche. Sie ist zunächst queroval, wird dann rundlich, später dreieckig und zum Schluss längsoval.
- Einbiss und Einschliff: Durch die nicht mehr 100%ige Deckung mit dem Herausschieben der I3 (3. Schneidezahn) von Oberkiefer und Unterkiefer kommt es zu einem ungleichmäßigen Abrieb, am Unterkiefer als Einbiss bezeichnet, die Kerbe am Oberkiefer-I3 als Einschliff.
- Winkel der Ober- und Unterkieferzähne zueinander: Während die Schneidezähne bei Betrachtung von der Seite zunächst senkrecht zueinander stehen (Zangengebiss), wird der Winkel durch den unterschiedlichen Krümmungsradius zur Wurzel hin mit dem Herausschieben immer spitzer (Winkelgebiss).
Allgemein gilt, dass die Schätzung mit fortschreitendem Alter immer ungenauer wird, aber auch bei jüngeren Pferden kann man sich durchaus um ein Jahr oder mehr verschätzen, da der Zahnabrieb vom Futter abhängig ist und auch individuell variiert.
Zeittabelle
Alter Kriterium Bild 1 Woche innerer Milchschneidezahn (i1, Zange) bricht durch 1 Monat mittlerer Milchschneidezahn (i2) bricht durch 5-9 Monate Milcheckschneidezahn (i3) bricht durch
Milchgebiss nun vollständig
erster Molar (M1) bricht durch2½ Jahre Zange (I1) wechselt, mit etwa 3 Jahren steht sie voll in Reibung
zweiter und dritter Prämolar (P2, P3) wechseln
M2 bricht durch3½ Jahre Mittelschneidezahn (I2) und P4 wechseln
M3 bricht durch
4½ Jahre Eckschneidezahn (I3) wechselt
bleibender Hakenzahn (C) bricht durch (meist nur beim Hengst)
6 Jahre Kunde in I1 des Unterkiefers abgerieben 7 Jahre Kunde in I2 des Unterkiefers abgerieben 8 Jahre Kunde in I3 des Unterkiefers abgerieben 9 Jahre Kunde in I1 des Oberkiefers abgerieben
Einschliff in I3 des Oberkiefers erscheint
10 Jahre Kunde in I2 des Oberkiefers abgerieben
Kaufläche von I1 im Unterkiefer wird rundlich
Ober- und Unterkieferzähne stehen allmählich schräg zueinander11 Jahre Kunde in I3 des Oberkiefers abgerieben
Einbiss kann erscheinen
16-20 Jahre Kauflächen von I1-I3 im Unterkiefer werden dreieckig
Ober- und Unterkieferzähne stehen spitzwinklig zueinander
mit etwa 18 Jahren entsteht erneut ein Einschliff an I3über 25 Jahre Kauflächen von I1-I3 werden längsoval Literatur
- Franz-Viktor Salomon: Zähne. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-1007-7, S. 251–264.
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