I. V. Miciurin

I. V. Miciurin

Iwan Wladimirowitsch Mitschurin (russisch Иван Владимирович Мичурин, wiss. Transliteration Ivan Vladimirovič Mičurin; * 15. Oktoberjul./ 27. Oktober 1855greg. in Dolgoje, heute Mitschurowka, Oblast Rjasan; † 7. Juni 1935 in Koslow, heute Mitschurinsk) war ein russischer Botaniker und Pflanzenzüchter. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Miciurin“.

Leben und Wirken

Mitschurin-Denkmal in Mitschurinsk

Es gelang ihm, frostresistente Obstsorten für das kontinentale Klima Russlands zu züchten, die den Obstbau für weite Gebiete Russlands, mit ihren tiefen Wintertemperaturen, überhaupt erst möglich machen sollten. Seine ersten Versuche blieben beim zaristischen Department für Landwirtschaft ohne Unterstützung. Doch was Mitschurin beim zaristischen Regime nicht gelungen war, führte jedoch bereits in den ersten Tagen nach der Oktoberrevolution bei den zuständigen Sowjetorganen zum Erfolg. Er bekam die erforderlichen Mittel und Unterstützung und konnte so für Russlands Klima über 300 neue Sorten schaffen.

Wegen dieser Erfolge wurden sein Geburtsort, die nahegelegene Stadt Nowomitschurinsk sowie die Stadt Mitschurinsk, das ehemalige Koslow, nach ihm benannt. Mitschurin war von der neuen politischen Macht begeistert und benötigte sie als Unterstützerin für seine wissenschaftlichen Arbeiten. Im alten Russland war er nach eigenen Worten „noch ein unbedeutender Einzelgänger des experimentellen Gartenbaus. Doch erst der große Lenin hatte seine Arbeit verstanden und ihr den Weg in das sozialistische Leben geebnet und auch Genosse Stalin hat ihn weiterhin unterstützt.“

Mitschurin war der Ansicht, dass Obstsämlinge durch Erziehung und geeignete Pfropfpartner (Mentor) und nicht gemäß den mendelschen Regeln beeinflusst werden (Mentormethode); die so erzielten Veränderungen hielt Mitschurin irrtümlich für erblich. Seine Ansichten wurden zur Grundlage der offiziellen Parteilehre und für das Land verbindlich. Auf der Grundlage von Mitschurins Ideen entstanden im ganzen Sowjetreich und später, nach dem Zweiten Weltkrieg, auch in den meisten Ostblockstaaten Schulen und wissenschaftliche Einrichtungen, die nicht die Vererbungslehre des Brünner Augustinermönchs Gregor Mendel, sondern die Methoden des Sowjetmenschen Mitschurin weiterentwickeln und lehren sollten. Die Botanik wurde zur Parteisache und Ideologie. Die Folge war, dass Obst und Gemüse in den frühen 1960er Jahren im Ostblock zur Mangelware wurde.

Bei der Verbreitung der neuen „Mitschurinschen Wissenschaft“, die auf Darwin, Jean-Baptiste de Lamarck und Marx aufbaute und der Welt die Überlegenheit der sowjetischen Wissenschaften beweisen sollte, machte sich später ein Schüler und Mitarbeiter Mitschurins, Trofim Denissowitsch Lyssenko, einen Namen. Als Leiter der Akademie für Agrarwissenschaften war Lyssenko 16 Jahre lang, von 1948–1964, der "Diktator der sowjetischen Biologie". Siehe dazu: Lyssenkoismus.

Das wichtigste Anliegen von Mitschurin waren jedoch die Schulgärten und die Einbeziehung der Naturwissenschaften, Botanik und besonders der Gartenarbeit in die Erziehung und Schule, er sah in dem Lehrer den Gärtner und in dem Schüler den jungen Baum, der zu erziehen und zu formen sei, damit er einmal die besten Früchte tragen kann.

Literatur

  • Martin Schmidt: Mitschurin. Leben und Werk. Methoden, Anschauungen, Erfolge des großen russischen Pflanzenzüchters. Deutscher Bauernverlag Berlin, 1. u. 2. Aufl. 1949 (mit Bild).
  • E. Sankewitsch: Die Arbeitsmethoden der Mitschurinschen Pflanzenzüchtung. Eine kritische Darstellung der Methoden und Anschauungen von I. W. Mitschurin und T. D. Lyssenko. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart 1950.

Weblinks


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