Interim-Management

Interim-Management

Interim-Management (lateinisch ad interim ‚unterdessen‘, ‚einstweilen‘) ist eine zeitlich befristete Art des betriebswirtschaftlichen Managements.

Interim-Manager übernehmen Ergebnisverantwortung für ihre Arbeit in einer Linienposition. Sie verlassen das Unternehmen, sobald das Problem gelöst und eine stabile neue Unternehmens- oder Bereichsführung etabliert ist oder nach dem Relaunch der betreffenden strategischen Geschäftseinheit.

Management-auf-Zeit (abgekürzt MAZ) ist eine gelegentlich verwendete deutsche Übersetzung für Interim-Management.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung und Entwicklung

Interim Management entstand in den 1970er Jahren in den Niederlanden und ermöglichte eine Flexibilisierung des regionalen Arbeitsmarktes. Kündigungsfristen für Mitarbeiter waren sehr lang und vielfach konnte nicht ohne erhebliche Kosten auf Marktveränderungen reagiert werden. In den 1980er Jahren wurde dieses Modell in Großbritannien adaptiert.

In Deutschland hat sich das Konzept der zeitlich befristeten Platzierungen von Führungskräften in Unternehmen erst in den 1980er Jahren langsam verbreitet. Der aktuelle Vergleich mit den Ländern wie den Niederlanden, Großbritannien oder in den USA zeigt, dass der deutsche Arbeitsmarkt derzeit einen deutlichen Aufhol- und Flexibilisierungsprozess vollzieht. Im amerikanischen Silicon Valley haben beispielsweise nur noch 40 % aller Beschäftigten einen klassischen, langfristig angelegten Arbeitsvertrag. In Großbritannien werden bereits 20 % aller Manager als Manager auf Zeit eingesetzt.

Bis vor einigen Jahren wurde Interim Management stark mit dem Thema Sanierung assoziiert. Hier liegen die Ursprünge. Allerdings hat sich die Bandbreite an Interim-Funktionen inzwischen ausgeweitet. Nahezu alle Funktionsbereiche in Unternehmen werden heute mit Interim Managern besetzt. Neben einigen "Königsbranchen" (Automotive, TIMES) haben sich in Deutschland auch andere Branchen deutlich geöffnet. Eine Größenbeschränkung auf Konzerne, Mittelstand oder Start-Ups ist nicht zu beobachten. Selbst im Umfeld des inhabergeführten Mittelstandes ist eine immer größere Zahl an Interim Managern erfolgreich tätig.

Einsatz

Häufig werden Interim-Manager im Krisenmanagement, zur Überbrückung von personellen Ausfällen und zeitweise als Bereichsleitung eingesetzt, um einen Unternehmensteil zu sanieren. Daher werden Interim-Manager gerne auch als „Feuerwehr“ der Betriebsführung gesehen, die eine oft unliebsame Umstrukturierung oder auch die Schließung und Abwicklung eines Unternehmens übernehmen (sogenannte Dirty Jobs). In jüngerer Zeit werden Interim-Manager verstärkt im Rahmen von Projektarbeit eingesetzt, wenn die eigenen Kapazitäten des jeweiligen Unternehmens nicht ausreichen. Gleiches gilt für Spezialthemen, für die ein Unternehmen Kapazitäten nicht auf Dauer vorhalten muss. Hierzu gehören beispielsweise Basel II, CMMI oder Einführung von SAP R/3.

In unterschiedlichen Phasen der Unternehmensentwicklung sowie bei Problemen und Aufgabenstellungen, in denen Spezialistenwissen länger als nur ein paar Beratertage gebraucht wird, oder wenn das bestehende Management die anstehenden Aufgaben nicht alleine lösen kann oder möchte, stellt Interim-Management die bestmögliche Ergänzung für die Leitung des Unternehmens dar. Gerade auch im Bereich Unternehmensübergang und -nachfolge, bei Kauf oder Verkauf eines Betriebsteiles oder des gesamten Unternehmens bietet Interim-Management notwendige Unterstützung für die Geschäftsleitung.

Durch den vermehrt auftretenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, wovon auch das Top-Management betroffen ist, werden verstärkt Manager auf Zeit als Puffer eingesetzt, bis für die Stellen geeignetes Personal gefunden worden ist.

Personal

Häufig werden ältere Manager als Interim-Manager tätig, die bereits in verschiedenen Unternehmen als Führungskraft erfolgreich tätig waren. Aber auch Nachwuchskräfte ab Mitte dreißig sind im Markt vertreten.

Die Bandbreite im Interim-Management reicht jedoch wesentlich weiter, bis zu erfahrenen Fachleuten oder Generalisten mit langjähriger praktischer Branchenerfahrung und Bewährung in schwierigen Situationen. Zudem bleibt festzustellen, dass Interim-Manager jünger werden und dass Frauen in die bisher praktisch rein männliche Domaine einbrechen.

Die Honorare der Interim-Manager richten sich in der Regel nach Umfang und Verantwortung der Tätigkeit und liegen mitunter auch unter 1.000,- Euro Tagessatz zuzüglich Spesen und eventueller Erfolgsbeteiligungen. International erfahrene Spitzensanierer können durchaus ein mehrfaches kosten. Hochqualifizierte Interim-Professionals sind nicht unter 1.250 Euro zu bekommen, auf Geschäftsführerlevel nur selten unter 1.500 Euro (jeweils plus Spesen und MwSt).

Markt

Angesiedelt ist das Interim-Management in Deutschland immer noch vorwiegend im Bereich größerer mittelständischer und industrieller Unternehmen. Die meisten Interim-Einsätze werden über das persönliche Netzwerk vermittelt und nur 20 % durch sogenannte Interim-Management-Provider.

Als Interessenvertretung für Interim-Manager und -Provider gibt es in Deutschland die DDIM, für Provider den AIMP. Beide Organisationen führen Informationsveranstaltungen durch, wie beispielsweise das „International Interim Management Meeting“ der DDIM, das AIMP-Jahresforum oder das 2009 zum siebten Mal veranstaltete Münchner Forum Interim Management des AIMP.

Eine offene, interdisziplinär agierende Plattform ist der BRSI. Hier treffen sich alle am Prozess der Firmen-Restrukturierung und -Sanierung beteiligten Experten und Interim Manager. Durch die bundesweiten Informationsveranstaltungen zu aktuellen Themen und Trends in der Branche wird der Austausch unter Interim Managern gefördert.

In der Schweiz vereint der Dachverband Schweizer Interim Manager (DSIM) die Interim-Management-Branche; Mitglieder des DSIM sind Interim-Manager sowie alle namhaften Interim-Provider. Aktueller Präsident ist Paul Beerli.

Aber auch einzelne Handwerkskammern bieten solche Kontakte für ihre Kammermitglieder mit Zielrichtung Unternehmensnachfolge und EU-Ausrichtung an.

Mit zunehmender Verbreitung von Interim-Management nimmt die Zahl der Unternehmen zu, die Interim-Manager wiederholt einsetzen. Weiterhin sind diejenigen Unternehmen, die bereits im Ausland Erfahrungen mit Interim-Managern gesammelt haben, eher bereit diese Form der Zusammenarbeit zu wählen.

Kritik

Probleme beim Interim-Management können sein:

  • Der Manager braucht zu lange um sich einzuarbeiten.
  • Das vorhandene Führungsteam akzeptiert den Manager nicht.
  • Investitions- und Sanierungsentscheidungen werden von den Banken nicht mitgetragen.
  • Die Unternehmensleitung „unterstützt“ den Manager mit Entscheidungen in seinem Bereich.
  • Nach Beendigung des Mandates sind neu gefasste Strukturen noch anfällig und eine auf das Ziel der neuinstallierten Organisation ausgerichtete Kontrolle erfolgt nicht in angemessenem Maße.

Was spricht für den Einsatz von Interim-Managern?

  • Das Unternehmen kann sehr schnell, flexibel und bedarfsgerecht auf intern und/oder extern bedingte Engpasssituationen reagieren.
  • In Abhängigkeit von der Erfahrung des Interim-Managers zum Beispiel bei Anpassungen an Marktänderungen bzw. Anstreben von neuen Marktpositionen oder einfach bei Überwinden akuter Engpässe hohe Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung.
  • Einfache Vertragsbeziehungen wegen kurzfristiger Verfügbarkeits- und Vertragsbeendigungsfristen.
  • Keine Konkurrenz für interne Führungskräfte.
  • Personalentwicklungseffekte.

Was sollte beim Einsatz eines Interim-Managers beachtet werden?

  • Die Ergebnisse des Interim-Management sind weitgehend personenabhängig, so dass ein stark strukturierter Auswahlprozess notwendig ist.
  • Durch die Einbindung in das Unternehmen ergeben sich Einblicke in vertrauliche Interna. Hierzu bedarf es in Abhängigkeit zur Wettbewerbssituation der Branche in Analogie zu unbefristet beschäftigten Führungskräften nachhaltiger Regelungen für das Verhalten nach Beendigung der Tätigkeit.
  • Zur Vermeidung von Kontinuitätsbrüchen nach Abschluss der Tätigkeit sollte erstens die Einsatzzeit ausreichend bemessen sein, zweitens auf Kongruenz mit den strategischen Unternehmenszielen geachtet werden und drittens der nachfolgende verantwortliche Manager nachhaltig auf der Grundlage einer Dokumentation in mehreren Sitzungen informiert werden

Literatur

  • Management Angels GmbH: Business Guide - Interim Management, Hamburg (Sport&Co. Verlag), 1. Aufl. (2009) ISBN 3-9811094-2-2
  • Groß / Bohnert, Interim Management : Den Unternehmenswandel erfolgreich gestalten - mit Managern auf Zeit, Verlag Vahlen München 2007, ISBN 978-3-8006-3312-8
  • Tiberius, Victor A. (Hrsg.): Interimsmanagement : Management auf Zeit - in der Praxis, Bern, Stuttgart, Wien (Haupt Verlag), 2004, ISBN 3-258-06718-X.
  • Bloemer, Vera: Interim-Management : Top-Kräfte auf Zeit. Aufgaben - Auswahl - Kosten, 3., neu bearbeitete Auflage, Regensburg (Walhalla Fachverlag), 2008, ISBN 978-3-8029-3261-8
  • Tiberius, Victor. A.: Interimsmanager als Eliteführungskräfte, in: Wirtschaftspsychologie, 6. Jg., Nr. 3, 2004, S. 23–29.
  • Haag, Oliver/Tiberius, Victor A.: Interimsmanagement : rechtliche Aspekte und Einordnung, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, Nr. 4, 2004, S. 190-194.
  • Kabst, R./Thost, W./Isidor, R.: Interim Management - Auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit, Fachverlag der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH, Düsseldorf; 1. Auflage (2010), ISBN 978-3-9425-4302-6.
  • Görres, Anselm: Interim Management, in: Handbuch der Unternehmensberatung, 2007, Kap. 1510.
  • Fröhlich, Edmund: Der Neue für ein halbes Jahr, in: Krankenhaus Umschau, 2003, Seite 207 ff
  • Kunze, Bernd: Management auf Zeit - eine Dienstleistung mit wachsender Bedeutung, in: controller magazin, 28.Jg,6/2003, 563–566 und versicherungswirtschaft, 58.Jg,H.2/2003, S. 93–97.

Weblinks


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