- Johann Friedrich von Struensee
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Johann Friedrich Struensee (* 5. August 1737 in Halle; † 28. April 1772 in Kopenhagen) war ein deutscher Arzt und Minister am dänischen Hof.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Struensee wurde als Sohn des pietistischen Pastors Adam Struensee in Halle geboren. Dort besuchte er die Latina der Franckeschen Stiftungen und begann im Alter von 14 Jahren mit dem Medizinstudium. 1757 wurde sein Vater Hauptpastor und er selbst Stadtphysikus und Armenarzt im damals vom dänischen König regierten Altona, wo er erfolgreich die Ausbreitung von Seuchen durch verbesserte Hygiene bekämpfte. 1764 veröffentlichte er mit der veterinärmedizinischen Abhandlung "Versuch von der Natur der Viehseuche und der Art sie zu heilen" die erste medizinische Beschreibung der Maul- und Klauenseuche.
Im Jahre 1768 begleitete Struensee den dänischen König Christian VII. als Arzt auf dessen Reisen durch Europa; bereits sein Großvater Johann Samuel Carl war 1732-1742 Leibarzt des dänischen Königs Christian VI. gewesen. Er gewann die Zuneigung des jungen Königs und wurde sein Leibarzt und Vertrauter.
Zurückgekehrt an den dänischen Hof, ernannte Christian VII. Struensee zum Geheimen Kabinettsminister und erhob ihn in den Grafenstand. Nach und nach übernahm Struensee die Staatsgeschäfte des psychisch labilen Königs und setzte in Dänemark die Ideen der Aufklärung um: Meinungs- und Pressefreiheit, Abschaffung der Folter, Reform des Schulwesens. Seine fortschrittlichen Ideen und sein schneller Aufstieg machten ihn bei Hofe rasch unbeliebt. Als eines seiner letzten Dekrete unterschrieb Struensee im November 1771 die Gründung der Herrnhuter Brüdergemeine im schleswigschen Christiansfeld.
Fall und Hinrichtung
Eine heute weitestgehend als sicher angenommene Affäre mit Christians VII. Gattin, Königin Caroline Mathilde, später Thema zahlreicher Romane und Theaterstücke, wurde schließlich von seinen Gegnern ausgenützt. Nach einem Putsch und einem Geheimprozess, bei welchem er denselben Pflichtverteidiger wie die Königin, Dr. Uldall, hatte, dessen Plädoyer so ohne Überzeugungskraft war, dass Struensee sich schließlich selber verteidigte und jeden einzelnen Punkt der Anklage zerpflückte sowie alle Zeugenaussagen entkräftete, wurde er am 25. April 1772 nach viertägiger Verhandlung schuldig gesprochen. Zu einem Verhältnis mit der Königin hatte Struensee kein Wort geäußert. Er wurde am 28. April 1772 vor den Toren Kopenhagens geköpft, gevierteilt und auf das Rad geflochten. Bei der Errichtung des Schafotts vor der Stadt gab es Verzögerungen, da vorerst kein Tischler zum Bau bereit war, kein Handwerker wollte das Rad herstellen, auf das die Leichenteile geflochten werden sollten. Sie machten sich erst unter Androhung von Folter und Kerker an die Arbeit. Die Räder wurden von einer alten Kutsche abmontiert und ungefähr 30.000 Leute strömten herbei, um dem schaurigen Schauspiel beizuwohnen.[1] An seine Stelle trat schließlich einer seiner schärfsten Kritiker, Ove Høegh-Guldberg, der die meisten Reformen Struensees rückgängig machte und den dänischen Absolutismus alter Prägung wieder einführte.
Veröffentlichte Dokumente
- J[ohann] F[riedrich] S[truensee]: Zuverläßige Nachricht von der in Dänemark den 17. Jenner 1772 vorgefallenen großen Staatsveränderung, den Lebensumständen der merkwürdigsten Personen des kgl. dänischen Hofes wie auch der Staatsgefangenen nebst den Umständen ihrer Gefangennehmung […] in einem Schreiben eines Reisenden zu C. an seinen Freund in H.. Halle: Trampe 1772
- Schriften die in Sachen des ehemaligen Grafen Johann Friedrich Struensee bey der königl. Inquisitions-Commißion zu Copenhagen wider und für ihn übergeben sind; mit der von ihm eigenhändig entworfenen Apologie und dem über ihn gefällten Urtheile. Ohne Ort, 1772
- Versuch einer Lebensbeschreibung der beyden hingerichteten Grafen Struensee und Brandt aus zuverläßigen Nachrichten ausgezogen. Mit ihren Abbildungen. Ohne Ort, 1773
- Holger Hansen: Kabinetsstyrelsen i Danmark 1768 - 1772. Kopenhagen, drei Bände 1916-1923 (enthalten alle Erlasse von Struensee)
- Inkvisitionskommissionen af 20. Januar 1772. Paa Carlsberg-fondets Bekostnig udgivet ved Holger Hansen af Selskabet for Udgivelse af Kilder til dansk Historie. Kopenhagen, fünf Bände 1927-1941
Literatur (Auswahl)
- Rainer Schlösser: Struensee in der deutschen Literatur. In: Altonaische Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, Band I, Altona, 1931; Sonderdruck Altona: Verlag Herm Lorenzen, 1931.
- Stefan Winkle: Johann Friedrich Struensee. Urban & Fischer, Stuttgart 1989 ISBN 3437112627
- Paul Barz: Der Leibarzt des Königs. Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 2002 ISBN 3746618258^
- Udo Grashoff: Johann Friedrich Struensee. Arzt, Staatsmann, Geliebter der Königin. Hasenverlag Halle/Saale 2008 ISBN 9783939468158
Belletristik (Auswahl)
- Per Olov Enquist: Der Besuch des Leibarztes. Fischer, Frankfurt 2003 ISBN 3596154049
- Robert Neumann: Der Favorit der Königin. München, 1996 ISBN 3423122099
- Else von Hollander-Lossow: Die Gefangene von Celle. Leipzig: Seemann, 1935
Künstlerische Adaptionen
- Michael Beer schrieb 1828 ein Drama Struensee, zu dem Beers Bruder, der Komponist Giacomo Meyerbeer die Bühnenmusik beisteuerte.
Verfilmungen
- "The Dictator", Großbritannien 1935 (dt. "Mein Herz der Königin"), mit Clive Brook als Struensee
- "Herrscher ohne Krone", Deutschland 1957, mit O. W. Fischer in der Rolle des Struensee
Einzelnachweise
- ↑ Thea Leitner: Skandal bei Hof, Ueberreuter
Weblinks
- Literatur von und über Johann Friedrich Struensee im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Struensee. In: Meyers Konversations-Lexikon. Bd. 15, 4. Aufl. Leipzig: Bibliographisches Institut, 1885–1892, S. 396.
- Wittich, Karl: Struensee, Johann Friedrich Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 647–661.
- Stefan Winkle über Struensees Bedeutung für den Fortschritt zur Seuchenprophylaxe
Personendaten NAME Struensee, Johann Friedrich ALTERNATIVNAMEN Struensee, Johann Friedrich Graf von KURZBESCHREIBUNG deutscher Arzt und Minister am dänischen Hof GEBURTSDATUM 5. August 1737 GEBURTSORT Halle STERBEDATUM 28. April 1772 STERBEORT Kopenhagen
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