KZ Wiesengrund

KZ Wiesengrund

Das Konzentrationslager Wiesengrund wurde im August 1944 in Vaihingen an der Enz im unteren Glattbachtal angelegt. Davor bestanden an diesem Ort bereits Zwangsarbeitslager bzw. Lager für Kriegsinternierte. Formal war es eine Außenstelle des KZ Natzweiler (Elsass). Das KZ Natzweiler existierte aber nach der Befreiung Frankreichs nur noch auf dem Papier als Stammlager für ca. 50 Nebenlager.

Das KZ Wiesengrund trägt in Publikationen auch den Ortsnamen: KZ Vaihingen. Es bestand bis April 1945. Ein Großteil der zunächst hier zur Arbeit gezwungenen Häftlinge waren Juden. Es ist bekannt, dass ein Transport mit 2.188 polnischen Juden aus dem Ghetto Radom im August 1944 eintraf.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Lager sollte im Rahmen der Vernichtung durch Arbeit die Errichtung und den Betrieb verlagerter unterirdischer Rüstungsbetriebe (Flugzeugteilefabrik) ermöglichen. Die Baustelle war ein früherer Steinbruch der Firma Baresel auf dem Flurstück "Am Ensinger Weg" am Glattbach (Gewässer). Die Einrichtung der Baustelle Stoffel erfolgte durch die Organisation Todt (OT). Diese Pläne wurden wegen des Kriegsverlaufs, des geringen Baufortschritts und evtl. aus weiteren Gründen im Oktober 1944 aufgegeben und danach ein Großteil der Häftlinge in andere Arbeitslager abtransportiert. Das Konzentrationslager wurde danach als zentrales "Kranken- oder Sterbelager" für andere Konzentrationslager in Südwestdeutschland genutzt. Kranke oder sonst als arbeitsunfähig betrachtete Häftlinge wurden z. B. aus den Neckarlagern zwischen Heilbronn und Eberbach, aus den KZ Haslach und Dautmergen (Teil des Unternehmens Wüste) hierher transportiert. Die Anzahl der Gefangenen betrug zeitweise bis zu 2.400. Viele starben an Nahrungsmangel oder einer Kombination aus Krankheiten und den kleinen Nahrungsrationen. Anfang 1945 gab es im Lager eine Flecktyphus-Epidemie, die zu weiteren Todesfällen führte. In den bei den Baracken angelegten Massengräbern wurden bis zum April 1945 1.578 Häftlinge begraben. Nach anderen Berichten starben insgesamt ungefähr 1.700 Menschen in diesem kleinen Konzentrationslager.

Am 7. April 1945 wurden die lebenden Häftlinge des KZ durch französische Truppen der 1. Französischen Armee befreit. Nach dem Krieg kam es 1956 zu einer Umbettung von 1.267 Häftlingsleichenresten in einen KZ-Friedhof. Das Gräberfeld und der Gedenkstein dort wurden 1958 eingeweiht. Sehr viel später gründet sich ein Verein zur Errichtung der heutigen Gedenkstätte. Die Arbeiten an der Gedenkstätte dauerten drei Jahre. Am 16. April 2005 konnte die KZ-Gedenkstätte Vaihingen an der Enz in Anwesenheit von Gästen aus Frankreich, Israel, Kanada, den Niederlanden, Polen und den USA eröffnet werden.

Zeugenberichte

  • Das Buch "Nacht über dem Tal" von Wendelgard von Staden, in dem sie ihre Jugend während der NS-Zeit beschreibt, nimmt auch Bezug auf dieses Lager. Mit ihrer Mutter hilft sie Gefangenen im Lager, sie geben ihnen heimlich Essen und helfen maßgeblich bei der Befreiung der Häftlinge.
  • Jules Schelvis (Überlebender)

Filmische Rezeption

  • Im Blick zurück - kein Vergessen. Erinnerungen von Wendelgard von Staden an die Häftlinge des KZ Wiesengrund. DVD-Videofilm, Farbe/SW, 19 Minuten, 2005
  • Die andere Reise. Von Amsterdam nach Vaihingen/Enz. Der Leidensweg von Jules Schelvis. Juni 1943 bis April 1945. DVD-Videofilm, Farbe/SW, 20 Minuten, 1995

Siehe auch

Literatur

  • KZ - Gedenkstätte Vaihingen/Enz e.V. (Hrsg.): Das Konzentrationslager Wiesengrund - Vom Arbeitslager zum Sterbelager, Broschüre, 4. überarbeitete Auflage 2002, 24 Seiten
  • Bärbel Böckle: Das SS-Arbeits- und Krankenlager Vaihingen/Enz (1944/45). Schriftenreihe der Stadt Vaihingen an der Enz [SRV], Bd. 2 (1990), S. 141-193.
  • Hanns Grosspeter: Mit dem Rücken zur Wand. Autobiographische Erzählungen vom Alltag und Überleben im Konzentrations-Revierlager Vaihingen an der Enz. In: Schriftenreihe der Stadt Vaihingen an der Enz, Nr. 4 (1985), S. 179-325
  • Brigitta Isermeyer, Albrecht Wittmann(Hrsg.): Medienkoffer: Konzentrationslager „Wiesengrund“, Vaihingen/Enz 2002. Lernstationen, Video, Audio-CDs, Broschüren.
  • Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hrsg. vom Studienkreis: Deutscher Widerstand. Band 5,1. Baden-Württemberg I. Regierungsbezirke Karlsruhe und Stuttgart. 1991. S. 245-247.
  • Bernd Martin: Das Konzentrationslager Wiesengrund. In: Schriftenreihe der Stadt Vaihingen an der Enz, Nr. 4 (1985), S. 135-178.
  • Manfred Scheck (Hrsg.): Das KZ vor der Haustüre: Augenzeugen berichten über das Lager "Wiesengrund" bei Vaihingen an der Enz. 3., durchgesehene und erweiterte Aufl. Vaihingen an der Enz 2005 316 S.
  • Wendelgard von Staden: Nacht über dem Tal. Eine Jugend in Deutschland. DTV, 1996. 166 Seiten, ISBN 342325114X
  • Studienkreis Deutscher Widerstand (Hrsg.): Streiflichter aus Verfolgung und Widerstand 1933-45, Heft 3 Ludwigsburg 1987.
  • Herwart Vorländer (Hrsg.): Nationalsozialistische Konzentrationslager im Dienst der totalen Kriegführung. Sieben württembergische Außenkommandos des Konzentrationslagers Natzweiler/Elsaß, Stuttgart 1978 (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Bd. 91).

Weblinks

48.9453148.95397Koordinaten: 48° 56′ 43,13″ N, 8° 57′ 14,04″ O


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