Kang Youwei

Kang Youwei
Kang Youwei

Kāng Yǒuwéi (chinesisch 康有為 / 康有为; * 19. März 1858 in der Nähe von Kanton, Provinz Kanton; † 31. März 1927) war ein führender chinesischer Reformer, Pädagoge und Philosoph.

Biographie

Dank seiner Abstammung aus einer Familie hoher Staatsbeamter wird Kang Youwei von Anfang an eine klassische Ausbildung zuteil, er muss aber sein Studium infolge einer Krise im Alter von 20 Jahren verfrüht aufgeben. Nach einer Phase der Besinnung in einem Kloster – die eine tiefgreifende Änderung seiner Lebenseinstellung bewirkt – vertieft er seine Studien mit den Schwerpunkten Geographie, Geschichte und Buddhismus. Reisen nach Hongkong 1879 und nach Shanghai 1882 führen ihn in die chinesischen Gebiete unter ausländischer Verwaltung.

Als er beginnt, seine Kritik an dem bestehenden Verwaltungssystem und der daraus resultierenden Schwäche Chinas gegenüber ausländischen Staaten schriftlich festzuhalten, adressiert er ein Schreiben an die Staatsoberhäupter, das von Staatsbeamten abgefangen wird, auf deren Wohlwollen er trifft. In einer Veröffentlichung im Jahre 1891 äußert er Kritik an der Authentizität der konfuzianischen Schriften, die entrüstet abgelehnt wird, aber dazu führt, dass deren Inhalt infrage gestellt wird.

Vier Jahre später erhält er im Rahmen des klassischen Auslesesystems einen Gelehrtentitel und nutzt diesen Aufstieg, um eine zweite Denkschrift zu verfassen, die er den weiteren Prüfungsteilnehmern zur Unterschrift vorlegt. Er greift nicht nur die chinesische Außenpolitik an, sondern fordert zudem eine Umstrukturierung der staatlichen Führung und Verwaltung. Diese Schrift wird zwar auch ihrem Adressaten nicht zugestellt, führt aber zu Kang Youweis Einsatz im Ministerium für den Öffentlichen Dienst.

Über die Gründung einer Gesellschaft und eine Zeitschrift bemüht er sich zunächst um die Propagierung seiner Ideen und findet Anhänger im Kreise junger Intellektueller. Bei der Staatsführung treffen sie allerdings auf negative Resonanz und ziehen ein Verbot dieser Form von Aktivitäten nach sich. Infolge steigenden Drucks ausländischer Regierungen auf China entschließt sich Kang Youwei zu einem dritten Schreiben an den Kaiser, mit Reformvorschlägen für ziemlich sämtliche Lebensbereiche, woraufhin ihm 1898 eine Audienz gewährt wird. In der Folgezeit kommt es auf seine Anregungen hin schließlich zu Reformen. Seinem Reformeifer wird schon im gleichen Jahr ein Ende gesetzt, indem die Kaiserinwitwe Ci Xi mit der Unterstützung des Militärbefehlshabers Yuan Shikai die Macht an sich reißt. Kang Youwei selbst gelingt daraufhin die Flucht nach Japan.

Von dort aus führt ihn seine Reise weiter nach Großbritannien und Kanada, mit einer Gesellschaft zum Schutz des Kaisers bemüht er sich um Unterstützung in den Reihen der Auslandschinesen. Von Hongkong aus organisiert er 1900 einen Anschlag auf Ci Xi, der misslingt. Wiederum begibt er sich ins Ausland, diesmal nach Indonesien und Indien. In verschiedenen Schriften stellt er Möglichkeiten für eine Neustrukturierung der Staatsführung vor. Im Gegensatz zu Sun Yat-sen sieht er die Zukunft Chinas nicht in einer Abschaffung der Monarchie zugunsten einer Republik – angesichts fehlender Bereitschaft und Möglichkeiten der kaiserlichen Regierung, in geeigneter Weise auf die Belange der Bevölkerung einzugehen, finden Sun Yat-sens Ideen allerdings breiteren Anklang. Kang Youwei hält, als es 1911 zur Revolution kommt, an einer Fortführung der monarchischen Staatsform fest.

Erst 1913 kehrt Kang Youwei wieder nach China zurück. Als die neu eingesetzte Regierung abermals Angriffen ausgesetzt wird und Yuan Shikai daraufhin anstrebt, die Position des Kaisers zu übernehmen, widersetzt sich Kang Youwei dem. Stattdessen ist die Inthronisierung Puyis als Kaiser nach dem Tod Yuan Shikais ein Ergebnis seiner Bemühungen. Schon nach dreizehn Tagen wird der neue Kaiser wieder abgesetzt, gerade noch rechtzeitig findet Kang Youwei Zuflucht in der Botschaft der Vereinigten Staaten.

Immer noch hält Kang Youwei daran fest, für seine Form der Neuorganisation des Staates zu werben. Schließlich lässt er sich in Shanghai nieder. Bis zu seinem Tod bleibt die Propagierung seiner Lehren und Schriften auf einen kleinen Kreis von Anhängern beschränkt.

Siehe auch: Liang Qichao

Bibliographie

  • Studien über die Fälschung der Klassiker durch die Gelehrten der Wang Mang-Periode, 1891
  • Studien über Konfuzius als Reformer, 1897
  • Reiseaufzeichnungen aus elf europäischen Ländern, 1904
  • Nationales Heil durch Wirtschaftsaufbau, 1905
  • Buch von der großen Gemeinschaft, 1902 (1935 veröffentlicht)
Sekundärliteratur
  • Richard C. Howard: K’ang Yu-wei (1858-1927): His Intellectual Background and Early Thought, in A.F. Wright und Denis Twitchett (Hrsg.): Confucian Personalities. Stanford: Stanford University Press, 1962, S. 294-316 und 382-386 (notes).
  • Richard C. Howard: The early life and thought of K’ang Yu-wei, 1858-1927 (1972). Ph.D. Columbia University.
  • Rebecca Karl und Peter Zarrow (Hg.): Rethinking the 1898 Reform Period – Political and Cultural Change in Late Qing China (2002). Cambridge/Mass.: Harvard University Press, esp. pp. 24-33.
  • Laurence G. Thompson: Ta t´ung shu: the one-world philosophy of K`ang Yu-wei (1958). London: George Allen and Unwin, esp. pp. 37-57.
  • Peter Zarrow: “The rise of Confucian radicalism”, in Zarrow, Peter: China in war and revolution, 1895-1949 (New York: Routledge), 2005, 12-29.
  • W. Franke: Die staatspolitischen Reformversuche K'ang Yu-weis u. seiner Schule. Ein Beitrag zur geistigen Auseinandersetzung Chinas mit dem Abendlande (in Mitt. des Seminars für Orientalische Sprachen, Bln. 38, 1935, Nr. 1, S. 1–83).
  • K'ang Yu-wei: A Biography and a Symposium, Hg. Lo Jung-pang, Tucson 1967 (The Association for Asian Studies: Monographs and Papers, Bd. 23).
  • G. Sattler-v. Sivers: Die Reformbewegung von 1898 (in Chinas große Wandlung. Revolutionäre Bewegungen im 19. u. 20. Jh., Hg. P. J. Opitz, Mchn. 1972, S. 55–81).
  • Chi Wen-shun: K'ang Yu-wei (1858–1927) (in Die Söhne des Drachen. Chinas Weg vom Konfuzianismus zum Kommunismus, Hg. P. J. Opitz, Mchn. 1974, S. 83–109).
  • Hsiao Kung-chuan: A Modern China and a New World: K'ang Yu-wei, Reformer and Utopian, 1858–1927, Seattle 1975.
  • Kuang Bailin: Kang Youwei di zhexue sixiang, Peking 1980.
  • Wuxu weixin yundong shi lunji, Hg. Hu Shengwu, Changsha 1983.
  • Tang Zhijun: Kang Youwei yu wuxu bianfa, Peking 1984. – Ders., Wuxu bianfa shi, Peking 1984.
  • Chang Hao: Chinese Intellectuals in Crisis. Search for Order and Meaning (1890–1911), Berkeley 1987.

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