Kaufring AG

Kaufring AG

Die Kaufring AG war eine Einkaufsgenossenschaft etlicher Einzelhändler und betrieb in ihren letzten Betriebsjahren zudem einige eigene Warenhäuser. Sitz der Gesellschaft war von Anfang bis Ende Düsseldorf. Die Kaufring AG bzw. ihre Vorgängergesellschaften existierten von 1921 bis 2002.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Kaufring AG

Gründung als ERWEGE

Die Kaufring AG wurde am 22. Dezember 1921 von 28 Kaufleuten als „Einkaufgenossenschaft Rheinisch-Westfälischer Geschäftshäuser (ERWEGE)“ gegründet. Dabei blieben alle Einzelhändler eigenständig und bündelten ihren Einkauf an Haushaltswaren um eine größere Marktstärke zu erhalten. Die ERWEGE war somit nichts anderes, als eine Genossenschaft von Haushaltswarenhändlern.

Ausbauphase – die 1930er

Anfang der 1930er Jahre wurde das Warensortiment der ERWEGE auch auf Textilien und Lebensmittel ausgedehnt. Durch die Ausweitung konnten nun alle Artikel des täglichen Bedarfs durch die ERWEGE für ihre Händler beschafft werden. Die Attraktivität der Genossenschaft erhöhte sich dadurch erheblich, dies führte dazu, dass ein reger Zustrom an Neueintritten stattfand. Neben Textilfachgeschäften und Kaufhäusern, wurden hauptsächlich die sog. Einheitspreisgeschäfte in die Genossenschaft aufgenommen. Gerade Einheitspreisgeschäfte waren an besser kalkulierbaren Preisen interessiert, da sie alle Waren zu festen Preisen verkauften und die Genossenschaft ihnen das Leben erleichterte. Die Preise in Einheitspreisgeschäften waren vorher ersichtlich und für jedermann gleich, außerdem konnte in der Regel auch nicht angeschrieben werden (Karstadt und Woolworth gehörten zu den ersten großen Ketten in Deutschland mit diesem Preissystem).

Nachkriegszeit - der Name „Kaufring“ taucht auf

Nach der Währungsreform beginnt 1948 die Genossenschaft mit dem Wiederaufbau der Zentrale und der westdeutschen Kaufhäuser. Zum Neustart wurde auch die Genossenschaft umfirmiert: aus der ERWEGE wurde die KAUFRING eG unter Generaldirektor Dr. Otto W. Meyer, Düsseldorf.

Die 1960er - Internationalisierung

In den 1960er Jahren kommt nach den Jahren des Wirtschaftswunders immer mehr Nachfrage auch nach internationalen Waren. Daher gründet die Kaufring eG Einkaufsvertretung rund um den Globus, schwerpunktmäßig in Europa, denn zu jener Zeit fährt man im Urlaub auch besonders gerne ins Ausland, vor allem in die relativ nahen europäischen Nachbarländer. Reisen zu jener Zeit findet mehr mit Bus und Bahn (z.B.: den blauen TOUROPA-Fernreisezügen) statt, da Flugreisen für normale Bundesbürger noch schier unerschwinglich waren. Standorte der Einkaufsvertretungen waren: Barcelona (Spanien), Hongkong (damals Kolonie von Großbritannien), London (Großbritannien), Mailand (Italien), New York (USA), Paris (Frankreich), Tokio (Japan) und Wien (Österreich).

Umwandlung in eine AG

1988 wurde die Kaufring eG in eine AG umgewandelt. Außerdem wurde durch die Gesellschafter beschlossen, dass Verkaufsfördermaßnahmen gemeinsam durch eine einheitlichere Werbung und durch Sortimentsoptimierung durchzuführen.

Kooperationen

Mit den beiden Kaufhauskonzernen Hertie und Horten AG (dritt- und viertgrößte Kaufhauskonzerne der 1980er (1. Karstadt, 2. Kaufhof)) findet die Kaufring AG Partner für den Einkauf, um im härter werdenden Markt noch Größe zeigen zu können. Zusammen mit der Horten AG wurde 1989 die „Merkur Einkaufsgesellschaft Horten-Kaufring mbH“ gegründet, an der beide Partner 50 % hielten. Ab 1995 übernahm die deutsche Woolworth den Horten-Anteil. Speziell für den Asiatischen Raum wurde 1990 die „Sono-Centra“ Einkaufsgesellschaft gegründet. An dieser war die Kaufring AG zu einem Drittel beteiligt, ihre Partner waren Horten und Hertie, welche jeweils auch ein Drittel der Anteile hielten.

Börsengang

Am 1. Oktober 1991 ging die schon seit drei Jahren zuvor als AG firmierende Gesellschaft an die Börse. Gehandelt wurde die Aktie an den Wertpapierbörsen von Düsseldorf, Frankfurt (Main) und München.

Einstieg in den Einzelhandel

Nach dem Börsengang wurde beschlossen, dass die Kaufring AG in den stationären Einzelhandel mit eigenen Filialen (Warenhäusern) eintritt. Als erstes wurde die Horten AG als Übernahmekandidat herausgesondert. Mit der Horten AG arbeitete man in Kooperationen schon zusammen, außerdem hatte Horten kurz zuvor das erfolgreiche Galeria-Konzept entwickelt und war mit etlichen Filialen in der ganzen Bundesrepublik vertreten. So stieg die Kaufring AG 1992 mit einem 5-%-Aktienanteil bei der Horten AG über die West LB ein. Doch an Horten war auch der Kaufhof interessiert, welcher letztlich auch die Horten AG 1994 übernahm. Trotz des Scheiterns blieb der Weg klar, und die Kaufring AG übernahm einige ihrer eigenen Kunden (Kaufhäuser, welche vorher selbständige Partner waren).

J.Gg. Rupprecht GmbH

Unter dem Namen J.Gg. Rupprecht betrieb die Kaufring AG zehn kleinere Warenhäuser, welche die Horten AG abgestoßen hatte. Die Filialen waren meist in kleineren Städten oder Stadtteilen, wie Gevelsberg, Viersen oder Duisburg-Marxloh. Die Rentabilität war von Anfang an problematisch. Wenn es ging, versuchte man attraktive Partner in die Filialen zu holen. So waren der Media-Markt in Duisburg und Strauss Innovation in Viersen mit in die Filialen gezogen, um mehr Kunden an den Standort zu locken, der nicht immer der beste in der jeweiligen Stadt war.

ehemalige Filialen der J.Gg. Rupprecht GmbH (vollständig):

  • Andernach, Hochstraße 80
  • Bergheim (Erft), Südweststraße 13 (abgerissen, ab 2008 Kaufland)
  • Bochum, Alter Markt 6
  • Duisburg, August-Bebel-Platz 20 (heute "Marxloh Center")
  • Gevelsberg, Mittelstraße 27 (heute kleinere Ladeneinheiten)
  • Heidenheim, Karlstrasse 12 (abgebrochen, heute "Schlossarkaden")
  • Pirmasens, Hauptstraße 13
  • Viersen, Löhstraße 23 (abgebrochen, heute neues Einkaufszentrum)
  • Wetzlar (heute Modemarkt Adler)
  • Worms, Am Römischen Kaiser 1

1996 – das 75. Jubiläum oder der Anfang vom Ende

Im Jahr 1996 konnte man das 75. jährige Jubiläum feiern, doch war dies auch der Zeitpunkt des Abstieges. Die Ex-Horten-Häuser waren als Paket nicht profitabel, einige sogar höchst defizitär. Die übrigen dazu übernommenen Kaufhäuser konnten auch kaum Synergien erzielen, außerdem durften sie alle ihre alten Namen behalten, sodass es nicht einen einzigen Marktauftritt gab, was besonders die Werbekosten in die Höhe trieb. Das Sammelsurium an Kaufhäusern war auch keine gewachsene Struktur, lediglich die Rupprecht-Häuser hatten mit der Horten AG einen gemeinsamen Hintergrund. Für das Jubiläum wollte sich die Kaufring AG groß kaufen und überhastete sich dabei mit Übernahmen.

Das Festhalten an Rupprecht schwächt die AG

Die defizitären Rupprecht-Filialen wurden (zu) lange gehalten, ihre schlechte wirtschaftliche Lage war bekannt, auch in Pressemeldungen bekanntgegeben worden. Von den Filialen sollte anfänglich trotzdem keine geschlossen werden. Nach einigem hin und her entschloss man sich jedoch, die Filialen teilweise zu schließen oder neu zu strukturieren, indem man besonders verlustreiche Abteilungen strich, wie zum Beispiel das Zuschussgeschäft Kaufhaus-Restaurant. Kurz vor Ende der Kaufring AG (2001) wurden dann doch noch alle Filialen abgewickelt, für die AG kam das jedoch letztlich zu spät, es wurde zu viel Geld in ein Fass ohne Boden gesteckt und anschließend die Bestellmengen an den gesunkenen Umsatz nicht stark genug angepasst.

Das Ende der Kaufring AG

Das Ende kam in zwei Etappen. Etappe 1: Im Jahr 2001 stand die Kaufring AG wirtschaftlich gesehen bereits an der Klippe, in einer letzten Notaktion wurden die defizitären J.Gg. Rupprecht Häuser (zu diesem Zeitpunkt waren nur noch 8 der ursprünglich 10 Häuser in Betrieb) geschlossen, so konnte in letzter Minute eine Insolvenz verhindert werden. Es kam noch mal kurzzeitig in der zweiten Jahreshälfte zu einem Aufschwung, bei dem es zunächst so aussah, als könne eine geschrumpfte Kaufring AG überleben. Doch dann kam nach dem kurzen Aufschwung wieder eine verlustreiche Phase, die geschlossenen eigenen Kaufhäuser und die zwischenzeitlich aufgegebenen Warenhäuser/Fachgeschäfte der Kunden führten zu einem riesigen Umsatzloch im Weihnachtsgeschäft.

Nahtlos schließt sich nach der Beinahe-Rettung Etappe 2 an: Nachdem die Kaufring AG auf unverkauften Waren sitzt, ihre Marktpräsenz gesunken ist, wurde nach Kooperationspartnern gesucht, wie sie einst in Form von Hertie und der Horten AG vorhanden waren und durch die Woolworth nicht im vollen Umfang ersetzt wurde. Am 6. Juni 2001 gaben die Kaufrings AG und die EK Großeinkauf eG, Bielefeld (heute EK/servicegroup) bekannt, ihre Großhandelsaktivitäten bis zum 1. Januar 2002 in einer Gesellschaft zusammenlegen zu wollen, an der beide gleichberechtigt beteiligt sein sollten. Laut Pressemitteilung vom 5. November 2001 sollte EK die Basis der Gesellschaft werden und Kaufring das Kaufhaus-know-how einbringen. Am 21. Dezember 2001 gab Kaufring in einer Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass das Sanierungskonzept gescheitert sei, da die Entschuldung nicht so klappte wie geplant. Am 27. Dezember 2001 wurde der Insolvenzantrag gestellt. Dies nutzten Mitbewerber, um Kunden abzuwerben. Am 1. März 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Ziel war die Fortführung der intakten Teile des Unternehmens, Kernpunkt der Gläubigerbanken war allerdings ein Verkauf des Geländes am Düsseldorfer Flughafen, da mit dem Wert des Geländes große Anteile der Schulden hätten beglichen werden können. Der Verkauf scheiterte jedoch und die Kaufring AG wurde abgewickelt. Teile des Kaufrings werden heute durch die EK/servicegroup weitergeführt. Zu nennen sind hier z. B. das Mitgliederrechenzentrum und der Frachtenpool. Auch sind dort jetzt viele der ehemaligen Kaufring-Kunden Mitglieder.

Heutzutage erinnern nur noch wenige Firmennamen von Kaufhäusern/Fachgeschäften, wie etwa „Ring-Center“, an eine der größten deutschen Genossenschaften im Einzelhandel, doch an manch altem Geschäft steht auch heute, gut 5 Jahre nach dem Ende der Kaufring AG, noch der alte Genossenschaftshinweis: „Ein Kaufring Haus“.

Quellen

  • RHEINISCHE POST
  • SPIEGEL
  • Kaufring Archiv
  • Kaufring Pressemitteilungen ([1] ff.)
  • Zur Geschichte der Warenhäuser

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