Kintopp

Kintopp

Der Ausdruck Kintopp war in den Anfängen der Filmgeschichte eine gängige Bezeichnung für das Kino schlechthin sowie für die erste funktionierende Filmkamera.[1] Der Begriff ist stark veraltet, wird aber bisweilen noch als Synonym für frühes Filmschaffen verwendet sowie für die Darstellung von in der Realität so nicht Möglichem in Kino und Fernsehen, zum Beispiel übertriebenen Stuntszenen. Die Wortherkunft ist ungewiss.[2]

Inhaltsverzeichnis

Verwendungen

Ursprünglich ein Berliner Modebegriff, wurde Kintopp bis über die 1960er Jahre hinaus im Sinne von „Kino“ oder „Kinofilm“ auch im übrigen deutschen Sprachraum verwendet,[3] vornehmlich im städtischen Raum.[4] „1a Kintopp“ konnte „erstklassiger Film“ bedeuten, „wir gehen ins Kintopp“ meinte hingegen das Kinogebäude selbst. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts verwendet man den Begriff allenfalls in nostalgischen Zusammenhängen, zum Beispiel wenn es in Filmfachbüchern um frühe Filmgeschichte geht (etwa Geliebter Kintopp, ein Nachschlagewerk zum deutschen Spielfilm von 1929 bis 1945). Gut gelungene, aber unrealistische Szenen in Film und Fernsehen werden in der Umgangssprache heute bisweilen auch noch mit dem Begriff „Kintopp“ belegt.

Die Berliner Band „Keimzeit“ veröffentlichte 1990 den Titel „Kintopp“ auf dem Album „Irrenhaus“. In dem Lied geht es thematisch unter anderem um eben solche unrealistischen Filmszenen: „der Held blieb am leben, die Mafia ist tot“, mögliche Erklärungen: „frag ich den Regisseur, sagt er: tut mir leid, das alles ist doch nur zur Unterhaltung gedacht“ und die Wirkung auf den Zuschauer: „ich bin betrunken vor Kitsch und bitter vor Neid“.[5]

Bekannte etymologische Herleitungen

Das ehemalige Meyers Lexikon online[1] definierte Kintopp neben seiner umgangssprachlichen Bedeutung für Kino als Kurzwort für Kinematograph. Trotz seines Klanges ist der Begriff keine Verballhornung dieses Wortes oder des Kinetoskops und auch an sich nicht verächtlich gemeint. Er entspricht vielmehr einer Berliner Eigenart, mehr oder weniger komplizierten Begriffen einen "Berliner Touch" zu geben.

Kluges Etymologisches Wörterbuch gibt als einzige (allerdings nicht nachweisbare) Herleitung die frühe Existenz eines „Kino Topp“ in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts in Berlin-Kreuzberg an, das sich nach einem Gastwirt Alfred Topp benannt habe.[6] Das heute Moviemento heißende Lichtspieltheater wurde 1907 im Obergeschoss eines neu gebauten Wohn- und Geschäfthauses eingerichtet.[7]

Nach einer anderen Theorie hängt die Entstehung des Begriffs mit der Ladenkinotradition Berlins zusammen. In der Pionierzeit des Films gab es in dieser am weitesten verbreiteten Art Kino sogenannte „Vierzehnteltöppe“, also 400 ml, Friedensbier im Ausschank für einen Groschen (10 Pfennig). Für den gleichen Preis gab es eben auch jenen anderen „geistigen“ Genuss, der ebenso beliebt war und genauso ausgiebig konsumiert wurde, und zwar das „Kinematographen-Theater lebender Photographien“. Dies war für den damaligen Berliner ein unaussprechliches Wortgebilde. Da lag es nahe, einen Vergleich dieser beiden billigsten Genüsse anzustellen. Ein damaliges Sprichwort lautete „Hie Vierzehnteltopp, hie Kintopp“. Jene „Vierzehnteltöppe“ wurden auch in den entsprechenden Ladenkinos ausgeschenkt.

Es finden sich auch Erklärungen, die „Topp“ mit dem griechischen Wort Topos (griech. τόπος = Ort) in Verbindung bringen.

Filmografie

Kintopp Anno dazumal[8] (BRD 1955) ist eine Zusammenstellung von Ausschnitten aus den Anfängen der Filmgeschichte (1910–22/55), und zeigt Darsteller wie Hans Albers, Marlene Dietrich, Erika Glässner, Curt Goetz und Emil Jannings.

Literatur

  • Uta Berg-Ganschow, Wolfgang Jacobsen (Hrsg.): …Film… Stadt… Kino… Berlin… . 1. Auflage. Argon, Berlin 1987, ISBN 3-87024-105-5.

Weblinks

Einzelbelege

  1. a b web.archive.org für ehemaliges lexikon.meyers.de
  2. Kluge: Etymologisches Wörterbuch, 23. erweiterte Auflage, Berlin 1999; S. 442
  3. Kintopp und Kirche. In: Die Zeit, Nr. 28/1954. Beispiel für Gebrauch in der überregionalen Presse damals
  4. siehe auch Lisa Matthias: Ich war Tucholskys Lottchen, Hamburg 1962; S. 5
  5. Keimzeit 1990, Kintopp auf Irrenhaus, Musik & Text Norbert Leisegang.
  6. Wilfried Seibicke 1987; Nach Kluge: Etymologisches Wörterbuch, 23. erweiterte Auflage, Berlin 1999; S. 442
  7. eisbergonline.de
  8. filmevona-z.de: Kintopp Anno dazumal – Datenbank-Eintrag bei zweitausendeins.de/filmlexikon

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