Kleine Hufeisennase

Kleine Hufeisennase
Kleine Hufeisennase
Systematik
Ordnung: Fledertiere (Chiroptera)
Unterordnung: Fledermäuse (Microchiroptera)
Überfamilie: Hufeisennasenartige (Rhinolophoidea)
Familie: Hufeisennasen (Rhinolophidae)
Gattung: Hufeisennasen (Rhinolophus)
Art: Kleine Hufeisennase
Wissenschaftlicher Name
Rhinolophus hipposideros
(Bechstein, 1800)
Kleine Hufeisennase im Flug

Die Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros) ist eine Fledermaus aus der Familie der Hufeisennasen. Mit etwa 40 Millimetern Länge und einer Spannweite von maximal 250 Millimetern ist sie deutlich kleiner als die Große Hufeisennase, der sie sonst sehr ähnelt. Ihre Oberseite ist graubraun ohne rötlichen Ton, die Unterseite grau bis grauweiß. Die Jungtiere sind dunkelgrau.[1] Die Art ist dadurch unverwechselbar, dass sie die kleinste europäische Rhinolophus-Art ist und ihr Nasenblatt einen keilförmigen Sattel aufweist.

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen

Die wärmeliebende Kleine Hufeisennase bevorzugt strukturreiche Gebiete an Siedlungsrändern in den Mittelgebirgen und kommt auch in bewaldeten Gegenden vor. Als Sommerquartiere dienen ihr beispielsweise kleine Tunnel oder Baumhöhlen. Wie alle Vertreter ihrer Gattung hängen die Tiere stets frei, sind also nie in Spalten oder Löchern verborgen. Die höchste bekannte Wochenstube dieser Art in der Schweiz befindet sich in 1.177 Metern Höhe über dem Meeresspiegel. Gerade im Norden ihres Verbreitungsgebietes findet man sie häufig auf Dachböden, in Kaminnähe oder in Heizungskellern.

Die nächtliche Jagd erfolgt bevorzugt in Laubwäldern und halboffenen Landschaften wie Parks, Alleen, Streuobstwiesen sowie auf Flächen neben Gehölzen an Gewässern und Gebäuden. Wichtig sind zur Orientierung im Flug nahezu lückenfreie Strukturen von Gehölzen und Hecken. „Freie Flächen von mehr als 200 m Ausdehnung werden kaum überflogen.“[2]

Besiedelt werden das südliche und mittlere Europa – nördlich etwa bis zum Übergang der mitteleuropäischen Mittelgebirgsschwelle zum norddeutschen Tiefland –, Nord- und Ostafrika sowie der Vordere Orient bis Kaschmir. Im Vergleich zur Großen Hufeisennase reicht das Verbreitungsgebiet in Europa ein wenig weiter nach Norden (etwa bis zum 52. Breitengrad[1]) und umfasst so auch einen größeren Teil Süd- und Mitteldeutschlands und beispielsweise den Westteil Irlands.

Fortpflanzung

Die Paarungszeit beginnt im Herbst und dauert bis zum kommenden Frühling, wobei sie aber meist im Winter unterbrochen wird. So geschieht es, dass die Paarung im Normalfall kurz nach dem Winterschlaf noch in der Überwinterungshöhle stattfindet. Im Frühjahr sammeln sich die Weibchen in Wochenstuben, um ihren Nachwuchs einzeln zu gebären. Die Jungen halten sich gleich nach der Geburt an einer „Scheinzitze“ fest. Schon in den ersten Wochen fliegen die Jungtiere unabhängig von den Müttern auf die Jagd. Je nach Futterangebot werden sie in der sechsten bis achten Woche selbstständig und nach circa einem Jahr geschlechtsreif.

Nahrung

Die kleine Hufeisennase jagt erst bei völliger Dunkelheit vorwiegend bodennah in der Vegetation, zwischen den Ästen von Bäumen im Wald oder in Baumreihen bzw. dicht bestandenen Hecken. Die Flughöhe kann zwischen 0,5 Metern über Boden bis zur Krone großer Bäume reichen. Bei ihrem schwirrenden, von häufigen Richtungswechseln geprägten Flug erbeutet diese Fledermaus kleine Insekten (unter 17 Millimetern Körpergröße) hauptsächlich aus den Gruppen Käfer, Fliegen und Nachtfalter. Im Gegensatz zur Großen Hufeisennase jagt sie nicht von einer Warte aus. Beim Ablesen der Beute von der Vegetation können die Tiere rüttelnd in der Luft stehen.

Gefährdung und Schutz

In Teilen ihres Verbreitungsgebietes, insbesondere auch in Mitteleuropa, gehen die Bestände der ehemals häufigen Kleinen Hufeisennase seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts stark zurück. Als Gründe werden unter anderem der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft sowie der Verlust von Quartieren (beispielsweise infolge von Versiegelungen von Gebäuden) genannt.

Gesetzlicher Schutzstatus (Auswahl)

Nationale Rote Liste-Einstufungen (Auswahl)

  • Rote Liste Bundesrepublik Deutschland: 1 – vom Aussterben bedroht
(regelmäßige Vermehrungsnachweise gibt es noch punktuell in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bayern)
(in Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und wahrscheinlich Hessen bereits "ausgestorben oder verschollen")
  • Rote Liste Österreich: 3 – gefährdet
  • Rote Liste Schweiz: 1 – vom Aussterben bedroht

Ein Vorkommen der Kleinen Hufeisennase im Gebiet des Weltkulturerbes Dresdner Elbtal führte 2007 zu einem dreimonatigen Baustopp für die geplante Waldschlößchenbrücke in Dresden.[3][4]

Literatur

  • Fabio Bontadina, Therese Hotz, Kathi Maerki: Die Kleine Hufeisennase im Aufwind. Ursachen der Bedrohung, Lebensraumansprüche und Förderung einer Fledermausart. 1. Auflage, Haupt Verlag, Bern 2006. 79 Seiten. ISBN 978-3-258-07088-9
  • Martin Görner, Hans Hackethal: Säugetiere Europas. Lizenzausgabe dtv / Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1988. ISBN 3-423-03265-0
  • Wilfried Schober, Eckhard Grimmberger: Die Fledermäuse Europas – Kennen, bestimmen, schützen. 2. aktualisierte Auflage, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart 1998. ISBN 3-440-07597-4

Einzelnachweise

  1. a b Klaus Richarz. Fledermäuse beobachten, erkennen und schützen. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2004 ISBN 978-3-440-09691-8 S. 102
  2. Freistaat Sachsen, Landesamt für Umwelt und Geologie: Kleine Hufeisennase, Januar 2006
  3. Verwaltungsgericht stoppt Bau der Waldschlößchenbrücke, Sächsische Zeitung, 9. August 2007
  4. Waldschlößchenbrücke darf gebaut werden, Sächsische Zeitung, 14. November 2007

Weblinks

 Commons: Rhinolophus hipposideros – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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