Kloster St. Wolfgang (Hanau)

Kloster St. Wolfgang (Hanau)

Die Klosterruine St. Wolfgang ist der Rest eines spätmittelalterlichen Klosters zwischen Niederrodenbach und Hanau-Wolfgang im Main-Kinzig-Kreis in Hessen. Der heutige Hanauer Stadtteil Wolfgang erhielt seinen Namen von dem Kloster.

Ansicht der Klosterruine von Norden. Rechts der Turm, in der Mitte steinerner Brunnenkranz, links die Reste der Klosterkirche mit Sakristei.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Kloster liegt ungefähr in der Mitte zwischen den heutigen Ortschaften Hanau-Wolfgang und Niederrodenbach, jeweils etwa 1,5 km von den Ortsrändern entfernt. Das ausgedehnte Auwaldgebiet der Bulau geht hier allmählich in den vorderen Spessart über, der aufgrund der sandigen Böden vorwiegend aus Kiefernwald besteht. Südlich schließt sich das Naturschutzgebiet „Rote Lache“ an, das seinen Namen wohl von den hier sehr zahlreichen Vorkommen von Raseneisenstein erhalten hat. Das Gebiet rund um das Kloster ist durchwühlt mit zahlreichen größeren und kleineren Gruben, die vermutlich auf den Abbau des Erzes zurückgehen. Wann das geschah ist unklar.

Der Obergermanisch-Raetische Limes läuft etwa 750 m westlich an der Anlage vorbei. Die Ruine liegt heute – recht idyllisch – in einem Waldgebiet unweit des Forsthauses Wolfgang.

Geschichte

Grundrissplan der hauptsächlich sichtbaren Strukturen

Die Geschichte des Klosters beginnt mit einer dem heiligen Wolfgang geweihten Kapelle, die um das Jahr 1468 von Erasmus Hasefuß, Hoffourier und Trompeter des Grafen Philipp I. des Jüngeren von Hanau, errichtet wurde. Mit der Zeit scheint sich diese Kapelle einer großen Beliebtheit erfreut zu haben, denn es ließ sich eine kleine Zahl Servitenmönche (vier oder fünf) dort nieder. Der Zeitpunkt der Klostergründung ist aber nur ungefähr zwischen 1490 und 1494 zu fixieren. Von einer päpstlichen Bestätigungsurkunde zur Übergabe der Klostergebäude an die Ordensbrüder ist nur eine undatierte Abschrift aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts erhalten. Darin ist aber die Rede davon, dass die Mönche bereits seit sechs Jahren an diesem Ort wohnten. Ebenfalls wird erwähnt, dass der Graf ein Haus mit Schlafraum, Speisesaal und weiteren notwendigen Werkstätten übergeben habe und die Kapelle vergrößern ließ.

In seinem Testament hinterließ Graf Philipp den Brüdern von St. Wolfgang die Gabe von „12 Achtel Korn und 4 Gulden“, damit jährlich für ihn eine Messe gelesen werde.

Aus der relativ kurzen Geschichte des Klosters sind nur wenige schriftliche Dokumente bekannt. Im Hessischen Staatsarchiv Marburg existiert ein Brief des Kardinallegaten Raimund Peraudi an den Erzbischof von Mainz. Der Brief basiert wohl auf einem Brief oder einer Schilderung des Grafen Reinhard IV. von Hanau-Münzenberg und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Brüder von St. Wolfgang: Im Klosterbereich versammelten sich viele Menschen, es geschähe Unzucht durch Kuppler und Kupplerinnen, es fänden Streitigkeiten mit Prügeleien und sogar tödlichen Verwundungen statt. Es ist ernsthaft zu bezweifeln, ob das der Wahrheit entspricht. Es folgen auch die Vorschläge, das Kloster aufzulösen und seine Einkünfte dem Hanauer Hospital zuzuführen, das dem Grafen unterstand, wenn sich herausstellen sollte, dass die Vorwürfe wahr seien.

Ansicht des Kirchturms von Osten. An der linken Ecke sind noch deutlich rot aufgemalte Scheinquader zu erkennen

Das war anscheinend nicht geschehen, denn 1512 werden drei Brüder beim Leichenbegängnis des Grafen genannt, ebenso sollen vier Priester 1515 beim Leichenbegängnis für Katharina von Schwarzburg-Blankenburg, der Witwe Reinhards IV., mitgewirkt haben. 1520 bestätigt der Mainzer Erzbischof Albrecht von Brandenburg dem Kloster nochmals verschiedene Privilegien. 1525 wurde das Kloster während des Bauernkriegs durch Hanauer Bürger unter der Führung des Schultheiß von Rodenbach geplündert und teilweise zerstört. Eine weitere, endgültige Zerstörung „von dem gemeinen Mann“ soll 1527 stattgefunden haben. Danach wurde das Kloster, das zuletzt von einem Prior und vier Mönchen bewohnt gewesen sein soll, aufgegeben.

In der Nähe der Ruine ließ Johann Reinhard III., der letzte Graf von Hanau-Lichtenberg, 1715 ein Jagdhaus errichten. Es wurde 1868 zur Oberförsterei erhoben und beherbergt heute das Forstamt Hanau-Wolfgang sowie die Hessische Samendarre. Clemens Brentano verfasste in den 1830er Jahren während eines Aufenthaltes im nahe gelegenen Hof Trages bei Freigericht den Märchenroman Gockel, Hinkel und Gackeleia (erschienen 1838). Darin enthaltene Ortsbeschreibungen lassen vermuten, dass die romantische Klosterruine als Vorlage für den Schauplatz „Gockelsruh“ gedient hat.

Anlage

Von der Anlage steht heute noch ein großer Teil als Ruine aufrecht, besonders der Turm, eine an den Kirchenraum angebaute Sakristei sowie ein steinerner Brunnenkranz (Durchmesser 2,20 m) [1]. Die Grundmauern der Kirche sind noch teilweise sichtbar. Einige Erdwälle im Norden lassen weitere Gebäude vermuten. Dabei handelt es sich möglicherweise um Wohn- oder Nebengebäude oder die Kapelle des hl. Wolfgang, bei der unklar ist, ob sie mit dem Kirchenbau identisch ist.

Turm

Der (heute) frei stehende Turm mit einer quadratischen Grundfläche (4,10 m Seitenlänge) ist etwas über 10m hoch und wird nach oben von einem Zinnenkranz abgeschlossen. Nicht eingerechnet ist dabei die moderne, pyramidenförmige Betonhaube, die zwar unschön anzusehen ist, jedoch verhindert, dass Wasser in das Mauerwerk eindringt und dieses bei Frost zerstört (Spaltenfrost). Seine Ecken sind ungefähr auf die Himmelsrichtungen ausgerichtet.

Blick in die Apsis der Kirche (heute ein Grillplatz) und auf das Sakristeigebäude.

Das Mauerwerk besteht, wie bei allen noch sichtbaren Gebäuden, aus verschieden großen Bruchsteinen, teilweise sind sogar Ziegel eingemauert. Es war in der damaligen Zeit nicht sichtbar, wie Reste des Verputzes und darauf aufgemalte Scheinquader sowie Reste von Fugenstrich zeigen. Die Fensterlaibungen sind komplett ausgebrochen bis auf eine sehr kleine an der Südwestseite im Erdgeschoss.

Es existiert zwar heute keine Verbindung zu dem östlich davon stehenden Kirchengebäude, eine Dachschräge an der Nordostseite der Außenmauer lässt aber vermuten, dass sich auch hier einst ein Gebäude angelehnt hat.

Kirche

Im Inneren der Sakristei: Blick auf die Westwand. Die Nische könnte Standort eines Seitenaltars gewesen sein. An der Decke sind noch Reste des Gewölbeverputzes erkennbar sowie ein eiserner Haken (Aufhängung für eine Lampe?)

Von dem 22,40 m langen und 7,40 m breiten Kirchenschiff sind noch einzelne Grundmauern zu sehen. Es ist nach Osten ausgerichtet, in der dortigen Apsis befindet sich heute ein Grillplatz, der über das Forstamt Wolfgang gemietet werden kann. Eine parallel zur Südwand verlaufende Mauer könnte ein Seitenschiff andeuten. Weniger gut zu deuten sind zwei Mauerzüge an der Nordwand. Ein kleines Mauergeviert an der Nordwestecke gehört anscheinend zu einem Aufgang oder Treppenturm einer Empore. Ein vor der Sakristei ansetzendes Mauerstück könnte einst Chor- und Gemeinderaum getrennt haben. Möglicherweise stand hier auch ein Seitenaltar.

Sakristei

In die Nordwand der Kirche eingebunden findet sich ein heute noch fast vollständig erhaltener Raum, im Volksmund „Eselsstall“ genannt. Seine Außenmaße betragen 5,45 m x 4,35. Vermutlich handelt es sich um die Sakristei der Klosterkirche. In der Westwand befindet sich eine kreissegmentförmige Nische, in der möglicherweise ein Marienaltar stand.

Denkmalschutz

Die Klosterruine und die Bodendenkmäler in ihrer Umgebung sind Kulturdenkmäler nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Alle Nachforschungen, seien es Grabungen, Schürfungen, Wühlereien, auch gezielte Fundaufsammlungen und Veränderungen am Bestand sind genehmigungspflichtig. Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden zu melden [2].

Einzelnachweise

  1. Die Beschreibung der Anlage folgt im Wesentlichen den Angaben bei Schwitalla 1994 (siehe Literatur).
  2. Schwitalla 1994 (Archäologische Denkmäler in Hessen 114) S. 1

Literatur

Weblinks

 Commons: Kloster St. Wolfgang (Hanau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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