Kongress von Monastir

Kongress von Monastir

Der Kongress von Monastir (alb. Kongresi i Manastirit) war ein wichtiges Treffen albanischer Schriftsteller und patriotischer Intellektueller vom 14. - 22. November 1908. Auf der Versammlung, die in Bitola (alb./türk. Manastir/Manastır) stattfand, einigten sich die Teilnehmer auf ein einheitliches Alphabet für die albanische Schriftsprache. Seitdem gilt eine streng phonetische Schreibweise mit nur zwei Sonderzeichen. Diese Regelungen sind bis heute gültig, und der Kongress von Monastir wird daher als Geburtsstunde einer modernen einheitlichen albanischen Orthographie angesehen.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangssituation

Karte des albanischen Sprachraums in den heutigen Grenzen

Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Albaner das einzige Volk Südosteuropas, das noch vollständig unter osmanischer Herrschaft lebte und keinen eigenen Nationalstaat hatte. Eine relativ kleine Gruppe von patriotisch gesinnten Intellektuellen und Schriftstellern bemühte sich seit einer Generation darum, eine eigenständige albanische Schriftsprache und Literatur zu etablieren. Bis 1900 waren schon eine Vielzahl vor allem poetischer Werke entstanden, die ersten Zeitungen auf Albanisch erschienen, es gab erste Schulbücher und Grammatiken.

Die kulturelle albanische Bewegung jener Zeit (alb. Rilindja = Wiedergeburt) wurde jedoch durch die Fragmentierung und Vereinzelung ihrer nicht sehr zahlreichen Träger gehemmt. Die Albaner waren in Muslime, Katholiken und Orthodoxe konfessionell gespalten. Ihr Siedlungsgebiet war auf mehrere Verwaltungsbezirke (Vilayets) verteilt. Albanien hatte kein überregional bedeutsames Kulturzentrum. Im Norden war Shkodra vor allem für die Katholiken wichtig, daneben Prizren im Kosovo. Im Zentrum des Landes war Elbasan ein Zentrum der Muslime, im Süden waren es Korça für die Orthodoxen und das heute zu Mazedonien gehörige Bitola. Viele der albanischen Literaten lebten nicht im angestammten albanischen Siedlungsgebiet, sondern in der osmanischen Hauptstadt Istanbul oder in der Emigration. Die bedeutendste Diasporagemeinde existierte in Bukarest. Albanisch war nirgendwo als Schul- und Verwaltungssprache zugelassen und die osmanischen Behörden haben zeitweise auch den Druck albanischer Bücher verboten.

Man sprach und schrieb in den beiden Hauptdialekten Toskisch und Gegisch und benutzte sogar verschiedene Alphabete. Zwar ging die Tendenz seit einiger Zeit zur Lateinschrift - vorher hatten die Muslime auch in arabischer Schrift und die Orthodoxen mit griechischen Lettern geschrieben - aber Anfang des 20. Jahrhunderts gab es noch zwei relevante Versionen, das Bashkimi-Alphabet von Shkodra und das Stamboller Alphabet, das vor allem in Istanbul und Südalbanien verwendet wurde. Um 1900 nahmen die Bemühungen unter den albanischen Patrioten zu, auf eine kulturelle Vereinigung hinzuarbeiten, die letztlich auch der politischen Einheit den Weg ebnen sollte.

Der Kongress

Die jungtürkische Bewegung brachte in ihrer ersten Phase (1907/1908) auch den nationalen Minderheiten im Osmanischen Reich mehr Freiheiten. In dieser Situation vereinbarten Vertreter aus allen wichtigen albanischen Städten und aus der Diaspora ein Treffen in Bitola, um die Frage der einheitlichen Schreibweise zu klären. Dies war nicht zuletzt eine wichtige Voraussetzung für die Einführung albanischsprachigen Unterrichts, die man sich zu diesem Zeitpunkt von der Regierung erhoffte. Schon im Vorfeld des Kongresses hat es zahlreiche Absprachen zwischen den einzelnen Gruppierungen gegeben.

Die 150 Delegierten – Vertreter von Kulturvereinen und den Kirchen, Zeitungsredakteure, Schriftsteller, Lehrer von Privatschulen u.a.m. – kamen aus dem gesamten albanischen Siedlungsgebiet, aus Istanbul und Bukarest, aus Ägypten, Italien und sogar aus Amerika. Gastgeber war eine Vereinigung wohlhabender muslimischer Kaufleute in Bitola. Zum Leiter des Kongresses wurde der in Istanbul ansässige Journalist Mithat Frashëri gewählt. Unverzüglich fassten die Delegierten den Beschluss, dass ab sofort nur noch die Lateinschrift verwendet werden sollte. In einem zweiten Schritt einigte man sich auf die streng phonetische Schreibweise. Dabei gab man dem leicht überarbeiteten Bashkimi-Alphabet (benannt nach dem Kulturverein von Shkodra) den Vorzug. Seitdem wird Albanisch mit den 26 Buchstaben der lateinischen Schrift und zwei Sonderzeichen geschrieben. Zur Darstellung mancher Laute finden eine Reihe von Digraphen Verwendung.

Trivia

Im Gebäude, wo der Kongress stattgefunden hat, ist heute das Museum des Albanischen Alphabets beherbergt. Im Januar 2011 wurde das Museum im nationalen Register von Mazedonien eingetragen. Doch die Eintragung sowie das neue Logo sollen nur in mazedonischer Sprache repräsentiert werden. Obwohl der albanische Museumsdirektor gegen dieses Vorhaben Einspruch erhoben hatte, wurde sein Begehren abgelehnt mit der Begründung, dass die Museen im Land allen verschiedenen Ethnien im Land gehören und deshalb in der nationalen Sprache - mazedonisch - aufgeführt werden müssen. Außerdem gab das zuständige Sekretariat als Begründung an, dass die albanische Bevölkerung in Bitola keine 20 % ausmache und deshalb dazu kein Recht hätte. Diese ironischen Ereignisse geschahen auch schon früher mit staatlichen Institutionen, die mit der albanischen Kultur und Geschichte zu tun hatten. Ein Grund dafür ist, dass die albanische Sprache in Mazedonien immer noch keine Gleichstellung mit der mazedonischen rechtlich erfahren hat. Die Regierung unter Nikola Gruevski führt das Rahmenabkommen von Ohrid nicht aus, was viele albanische Parteien und andere Politiker sowie Menschenrechtler kritisieren.[1]

Literatur

  • Shaban Demiraj & Kristaq Prifti: Kongresi i Manastirit. Tirana 2004. ISBN 99943-6145-7
  • A. Buda (Hrsg.): Alfabeti i gjuhes Shqipe dhe Kongresi i Manastirit (14-22 nëntor 1908). Studime, materiale, dokumente. Tirana 1972

Einzelnachweise

  1. Ironia: Alfabeti shqip me vulë maqedonisht. In: shqipmedia.com. Abgerufen am 4. Januar 2011 (albanisch).

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