Korinthisches Erz

Korinthisches Erz
Korinthisches Erz (Corinthium aes), darunter die japanische Legierung Shakudō

Korinthisches Erz (lateinisch: aes Corinthium, häufiger Corinthium aes), eine schon in der Antike geschätzte Metalllegierung, deren Herstellung und Verwendung aber schon im alten Ägypten nachgewiesen werden kann.[1] Die Legierung, deren Bezeichnung je nach Zeit und Ort wechselte, ist kupferbasiert[2] mit Beimischungen von Edelmetallen wie Gold und Silber. Antiken Quellen führen als Hauptbestandteile meist Kupfer sowie Zusätze von max. 5% Gold, Silber, Blei, Zinn, Arsen oder Eisen an. Bei neueren Verwendungszwecken wird hingegen von der Verwendung giftiger Bestandteile in der Regel abgesehen. Korinthisches Erz wurde hauptsächlich für die Herstellung von Statuen und Luxusartikeln verwendet. Die bekanntesten Zentren zur Herstellung waren in der griechisch-römischen Epoche in Korinth sowie auf Ägina und Delos.

Inhaltsverzeichnis

Verlust des Wissens um die Herstellung

Herstellung und Gebrauch des „schwarzen Goldes der Antike“ lässt sich bis zur ägyptischen Schwarzbronze (ägypt. Bezeichnung: HSMN-KM oder NMTI-KM) zurückverfolgen. Eine Zäsur fand erst mit Ausbreitung des Christentums statt. So vollzog sich die Verdrängung des Wissens um Corinthium Aes aus dem mediterranen Raum parallel zur Wanderung der frühchristlichen häretischen Mönche in Folge der politischen und religiösen Veränderungen in der Zeit nach dem Konzil von Ephesos 431. Allmählich wanderte das alchimistische Wissen nach Osten, wo sich zeitlich versetzt in Syrien, Persien, Indien und China immer wieder Zeugnisse dieser Technik in Form von Überlieferungen und Artefakten nachweisen lassen. Die japanischen Irogane-Legierungen, darunter Shakudo, tauchen, nach den bisherigen Erkenntnissen, erst später auf.

Wiederentdeckung

Die genauen Angaben antiker Quellen, meist römischer Herkunft, über die Zusammensetzung des Corinthium Aes, so z.B. bei Plinius: Naturkunde, 34,5[1], die es als eine Mischung aus Kupfer, Silber und Gold beschreiben, wurden von der Fachwelt lange Zeit angezweifelt, da man in der Edelmetallzusetzung zum Erreichen einer schwarzen Patina keinen Sinn erkennen konnte und die These vertrat, es handelte sich um Verwechslungen oder Fehlinterpretationen der Übersetzer. Gleichzeitig wurden schwarzfarbene Metalleinlagen antiker Objekte fälschlicherweise für Niello gehalten[3]. Die Archäometallurgin Alessandra R. Giumlia-Mair von der Universität Udine und Paul T. Craddock vom Britischen Museum führen in ihrem Buch[1] die Theorie aus, dass eine Verbindung besteht zwischen schwarz patinierten Legierungen antiker Objekte aus Ägypten, Palästina, Mykene, dem Römischen Reich und solchen Objekten jüngeren Datums aus einigen Ländern Asiens mit gleicher oder ähnlicher Zusammensetzung und schwarzer Patina, die durch Zusätze von Edelmetall hervorgerufen wird. Durch die Analysen verschiedener antiker Objekte[4] konnten sie ihre These und damit den Zusammenhang zwischen ägyptischer Schwarzbronze, dem mykenischen Kyanos und dem römischen Corinthium Aes konkludent nachweisen.

1993 gelang dem interdisziplinären Forschungsteam Alessandra Giumlia-Mair und Matthias Lehr durch Auswertung der Analysedaten und die Umsetzung einander gegenüber gestellter Rezepturen sowohl aus der antiken Überlieferung[5] als auch neuzeitlicher Quellen[6] erstmals eine Resynthese von Corinthium Aes. Die ausführlichste Rezeptur liefert die Schrift „über die Herstellung und Färbung der corinthischen Bronze oder des schwarzen Metalls“ des Alchimisten Zosimos von Panopolis aus dem 2. Jahrhundert in Form einer von den Jakobiten auf syrisch verfassten frühmittelalterlichen Abschrift des Manuskripts, heute befindlich in der Universität von Cambridge, 1893 ins Französische übersetzt von Marcellin Berthelot[7]. Auf einer internationalen archäologischen Konferenz über die Erstverwendung von Metallen und Legierungen, 25.-27. Mai 1998 in Matsue, lieferten sie die Beweise für die Funktionsweise des Verfahrens und die Richtigkeit der antiken Quellen[8]. In weiterer gemeinsamer Arbeit untersuchten sie anhand experimenteller Materialproben die Verarbeitbarkeit und die Patinierbarkeit edelmetallhaltiger Legierungen in Abhängigkeit von weiteren Legierungszusätzen und diversen Patinierbädern. Dabei wurde u.a. auch Quellwasser der Peirene, wie bei Pausanias beschrieben, mit einbezogen[9].

Entwicklungen in Deutschland

Durch die Arbeit des Goldschmiedes M. Lehr konnte auf die problembehafteten Zusätze Arsen und Blei verzichtet und eine Reduktion des Edelmetallgehalts bei gleicher Patinierbarkeit erreicht werden, wie man seinen Publikationen und Veranstaltungen seit 2001 entnehmen kann [10]. Eine, der für Gold- und Silberschmiede interessantesten, Eigenschaften ist die durch Hautkontakt sich stets nachbildene aubergine-schwarze Patina, wodurch keine Vernarbung des Schmucks geschieht[11]. Die Neubildung der Patina erfolgt dabei durch Oxidation der Kupferlegierung mit Luftsauerstoff und Schweiß.

Eine Renaissance als Metall und eine Neuverwendung im Bereich Schmuckdesign / -herstellung in Deutschland erlebt Corinthium aes auch durch die Verwendung bei Mokume-Gane-Damast seit 2003. Bedingt wurde diese durch den günstigeren Preis als Palladium, Weißgold und Gold, seine gute Verarbeitbarkeit sowie seine interessanten Farbwechsel (von kupferfarben zu dunkelbraun, fast schwarz) und die Vernarbungsfreiheit. Korinthisches Erz gehört dabei nicht zu den klassisch-japanischen, Mokume-Gane-Damast-Materialien und wurde erst seit 2000 durch eine Reihe von Mokume Gane Künstlern erprobt und hinzugenommen.

Literatur

  • von Bibra, Ernst: Die Bronzen und Kupferlegierungen der alten Völker. Erlangen 1869

Quellen

  1. a b c Alessandra R. Giumlia-Mair und Paul T. Craddock, Das schwarze Gold der Alchimisten - Corinthium Aes (Gebundene Ausgabe), Verlag Philipp v. Zabern, 1993. ISBN 3-805-31419-1
  2. Aus: archaeometallurgie.de, Stand 31. Januar 2008
  3. A. Giumlia-Mair: Das Sichelschwert von Balata-Sichem. in „Antike Welt“, Jg 27, 4 (1996), S. 340
  4. A. Giumlia-Mair: Das Krokodil und Amenemhat III aus el-Faiyum - Hmti km- Exemplare aus dem Mittleren Reich. in Antike Welt, Jg 27, 4 (1996), S. 257-267; Abschnitt Krokodil von El Fayum in der ägyptischen Sammlung in München
  5. Pausanias, Ellados Perigisis, 2,3,3; Bar Bahlul, übers. v. Berthelot 1893,II,XVI 1; Plinius, Naturalis Historia, 34,48; Zosimos von Panopolis, übers. v. Berthelot 1893, II, Seite 223 & E. Hunter, Cambridge University
  6. Buchner 1914, S.196-197; Krupp 1922, S.378-379; Uno 1929; Untracht 1982, La Niece 1990, S. 87-94
  7. M. Berthelot: La Chimie au Moyen Âge, II, 1893, Seite 223
  8. A. Giumlia-Mair & M. Lehr: Patinating Black Bronzes: Texts and Tests. Proceedings of the 4th International Conference on the Beginning of the Use on Metals and Alloys, Matsue, Japan
  9. A. Giumlia-Mair & M. Lehr: „Experimental reproduction of artificially patinated alloys identified in ancient egyptian, palestinian, mycenean and roman objects“ in: Archeologie sperimentali, Comano Terme-Fiavè, Italy 13.–15. September 2001, S..291-310, ISBN 88-86602-58-8
  10. M. Lehr & A. Giumlia-Mair: Herstellung von Corinthium Aes. Goldschmiedezeitung 1/2000, S. 104–107; Symposium der europäischen Silberschmiede 2006, Vortrag "Corinthium Aes" im Germanischen Nationalmuseum beim Symposium der europäischen Silberschmiede, Mai 2006; „Placido-Zuloaga-Ausstellung“ im Römer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim; "Corinthium Aes", Galerie Aurum, Biberach, "der Fisch", Galerie Handwerk d. Handwerkskammer München
  11. Dr. Andreas Neumann: Mokume Gane-Damast als Beispiel japanischer Entwicklungslinien. Astarte-Verlag, Seite 21, Offene Abstract- u. Essay-Sammlung der All Asian Society 2000-2007

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