Kornfuchs

Kornfuchs

Der Kornfuchs ist eine Gestalt des Volksglaubens. Dabei wird der Fuchs in Beziehung zum Getreide gesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland und Frankreich

Wenn der Wind im Korn Wellen machte, so sagte man in Nördlingen „der Fuchs geht durchs Korn“, in Usingen „die Füchse ziehen durchs Korn.“ In Campe bei Stade rief man dem Schnitter beim Schneiden des letzten Korns zu: „De Voss sitt drin, holt em fast!“ Im Departement Moselle: „Passt auf, ob der Fuchs heraus kommt!“ Im Bourbonnais: „Vous attraperez le renard!“ Wird jemand beim Getreideschneiden krank oder verwundet: „Il a le renard!“ (Loire-Atlantique) oder „Il a tué le renard!“ (Côte-d'Or) In Ravensberg und Steinau warnte man die Kinder vor dem Spielen im Kornfeld, „weil der Fuchs darin sitzt“. Im Kanton Zürich hieß die letzten Garbe „Fuchs“. In Burgund und dem Département Ain fertigte man aus der letzten Garbe, weißem Stoff und bunten Bändern eine „Fuchs“ genannte Tiergestalt, die man dem Bauern, der als letzter mit der Mahd fertig wurde, in den Hausflur warf. Auch beim Dreschen wurde die letzte Garbe „Fuchs“ genannt (Saône-et-Loire) und sagte: „Wir schlagen den Fuchs!“ In Saverne stellte man einen ausgestopften Fuchs vor die Tenne des Landmanns, der als Letzter mit dem Dreschen fertig geworden war.

In Louhans ließen die Schnitter beim Schneiden des letzten Korns eine Handvoll übrig und warfen ihre Sicheln darauf. Wer am besten traf, wurde „der Fuchs“ genannt. Zwei Mädchen schmückten seine Mütze mit Blumen und beim abendlichen Tanzfest sagte man, dass der Fuchs mit allen Mädchen tanze. Das Erntemahl hieß dort auch renard.[1] Auch in der Gemeinde Bresse-sur-Grosne (Saône-et-Loire) stellte die letzte Ähre den Fuchs dar und ein paar abstehende Ähren waren der Fuchsschwanz. Auch hier warfen die Schnitter die Sicheln nach dem Schwanz und wenn der Schwanz abgetrennt wurde, rief man „You cou cou!“ und der Werfer wurde geehrt.[2] In der Steiermark wurde die sogenannte „Pfingstlucken-Braut“ im festlichen, weißen Gewand mit Brennnesselkränzen beworfen und veralbert, gleichwohl aber in feierlicher Prozession mit zwei „Kranzeljungfern“ zur Dorfmitte gefahren, wo der „Fuchstanz“ stattfand.[3]

Ob der Kornfuchs im Sinne eines Korngeistes in Europa eine reale Existenz hat, oder ob es sich um das Resultat volkskundlich-religionsgeschichtlicher Spekulation handelt, lässt sich heute nicht mehr entscheiden. Alle Belege zum Kornfuchs führen zurück auf die Arbeiten von James George Frazer, der sein Material wiederum von Wilhelm Mannhardt bezieht. Da die von Mannhardt im 19. Jahrhundert gefundenen Bräuche heute längst erloschen sind, entziehen sich die Forschungen einer Überprüfung. Die Schlussfolgerungen und Theorien, insbesondere die Frazers, werden von der neueren Forschung abgelehnt.[4]

Japan

In Japan ist der Fuchs das wichtigste Tier der Gottheit der Reispflanzen, Inari, und hat auch die Funktion, die Reisfelder zu beschützen.[5] In einer Legende heiratet die Reisgöttin Inari, die als schöne Frau, nachts als Füchsin erscheint, einen Reisbauern und hilft ihm beim Gedeihen der Reispflanzen.[6]

Südamerika

In Südamerika eignen dem Fuchs dem europäischen Korn- und japanischen „Reisfuchs“ vergleichbare Funktionen: In der Region Cusco trugen die Ararihua genannten Aufseher der Felder ein Fuchsfell und eine Fuchsmütze, weil dort der Fuchs den Regen und die guten Ernten ankündigt.[7] Entsprechendes dazu findet sich in der Küstenregion Perus, wo die Aufseher Pariana genannt wurden. Es heißt, während ihres Dienstes durften sie ihre Nahrung nicht mit Besteck zu sich nehmen, sondern mussten sie wie Füchse mit dem Mund aufnehmen und sich selbst „Fuchs“ nennen.[8] In einem nordamerikanischen Märchen erscheint die Göttin „Maismutter“ in Gestalt der zwei Mädchen namens „Grünes Korn“ und „Gelbes Korn“ und fordert den Fuchs zum Tanz auf dem Dach, sprich zur heiligen Hochzeit auf.[9]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Mannhardt: Mythologische Forschungen. S. 109f Anm. 2 [1]
  2. Revue des traditions populaires 2 (1887), S. 500. Zitiert bei Frazer Golden Bough V,1, S. 268
  3. Anton Schlossar: Cultur- und Sittenbilder aus Steiermark. Graz 1855, S. 54f. Zitiert bei Mailahn: Göttin, Fuchs und Ostern 2007, S. 27
  4. Annette Kledt: Die Entführung Kores: Studien zur athenisch-eleusinischen Demeterreligion, Palingenesia Band 84, Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08615-3, S. 20ff Google
  5. Karen A. Smyers: The fox and the jewel. Shared and private meanings in contemporary Japanese Inari worship. Univ. of Hawaií Press, Honolulu 1999, ISBN 0-8248-2058-4, S. 75–78.
  6. Maxwell Riddle: The wild dogs wild dogs in life and legend. 1. Auflage. Howell, New York 1979, ISBN 0-87605-809-8, S. 102–103.
  7. Peter Eeckhout: La renarde Yunga. Une figure symbolique préhispanique. In: Revista Española de antropología Americana. Nr. 28, Facultad, Madrid 1998, ISSN 0556-6533, S. 130–131 Abb. S. 132–134 (PDF).
  8. Peter Eeckhout: La renarde Yunga. Une figure symbolique préhispanique. In: Revista Española de antropología Americana. Nr. 28, Facultad, Madrid 1998, ISSN 0556-6533, S. 131 (PDF).
  9. Elisabeth Willis de Huff: Taytay's tales. folk-lore of the Pueblo Indians. G.G. Harrap, London 1923, S. 183–186.

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