Korrektur der abstehenden Ohren

Korrektur der abstehenden Ohren

Mit Otopexie oder Ohranlegeplastik (OPS 5-184.2) wird ein chirurgisches Verfahren zur Korrektur von abstehenden Ohrmuscheln bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erste Ohranlegeplastik wurde vermutlich 1881 von dem amerikanischen Chirurgen Edward Talbot Ely durchgeführt: er resezierte Ohrmuschelknorpel und vernähte die Knorpelränder. Nach anderen Quellen hatte vor ihm bereits der deutsche Chirurg Johann Friedrich Dieffenbach eine Ohrkorrektur vorgenommen.

Operationsnotwendigkeit

Abstehende Ohren sind - wenn keine weiteren Fehlbildungen vorliegen - eine harmlose Normvariante, die nicht unbedingt eine Behandlung erfordert. Andererseits verändern sie das Gesicht in einer Weise, die bei Kindern oft zu Spott und Hänseleien führt. Aber auch Erwachsene leiden häufig unter den Folgen dieser Dysplasie.[1]

Viele Menschen suchen deshalb Hilfe bei der Plastischen Chirurgie, wobei Minderwertigkeitsgefühl, Komplexe und Scham mit den üblichen Messwerten (Millimeter, Winkelgrad) nicht adäquat erfasst werden können.

Operationsmethoden

Fehlangelegte Anthelixfalte
Rekonstruierte Anthelixfalte

Die heute zur Ohrkorrektur verwendeten Operationsmethoden Nahttechnik, Schnitt-Nahttechnik und Ritztechnik wurden Anfang der 1960er Jahre unabhängig voneinander entwickelt und erfuhren seither eine Vielzahl von Modifikationen und Weiterentwicklungen. Die drei Grundtechniken werden häufig auch kombiniert angewandt.[2]

Bei der Nahttechnik nach Mustardé wird nach Freilegung der Ohrmuschelrückfläche der Ohrknorpel durch Fadenzug in eine neue, dem Kopf mehr anliegende Position gebracht.

Die Kombinierte Schnitt-Naht-Technik nach Converse schwächt die Knorpelstruktur durch definierte Schnittführungen und erleichtert so die Formgebung. Auch hier wird von der Ohrmuschelrückseite operiert.

Die Ritztechnik nach Stenström nutzt die Eigenschaft von Knorpel, nach einseitiger oberflächlicher Ritzung seine Form zu verändern, auch ohne dass eine Naht erforderlich ist. Bei der Otopexie wird das durch Ritzschnitte an der Ohrknorpelvorderfläche ausgenutzt. [3]

Die Auswahl der geeigneten Operationstechnik hängt von der Art der Fehlbildung ab. Eine sehr häufige Ursache abstehender Ohren ist eine nicht oder nicht ausreichend angelegte Anthelixfalte (hypoplastische Fehlbildung). Durch die Techniken nach Converse oder Stenström wird diese Falte rekonstruiert. Der Eingriff wird auch als Anthelixplastik bezeichnet. Die zweithäufigste Ursache von Segelohren ist ein Knorpelüberschuß der Ohrmuschel in den gehörgangsnahen Anteilen (hyperplastische Fehlbildung). Dieses Problem wird durch Knorpelresektionen und Nahttechniken behoben. Der Eingriff wird dann mit Ohrmuschelrotationsplastik bezeichnet.

In den letzten Jahren wurden diverse technische Ergänzungen beschrieben. So verwenden Operateure einen hinter dem Ohr präparierten Faszienlappen zur Sicherung der Nähte [4] oder benutzen das Endoskop als Hilfe bei der Bearbeitung des Knorpels.[5]. Die Operation wird bei Kindern in Allgemeinnarkose, bei Erwachsenen auch häufig in lokaler Betäubung durchgeführt.

Bei korrekter Durchführung hat die Operation weder positive noch negative Auswirkungen auf das Hörvermögen. Nach dem Eingriff muss für 1-2 Wochen ein straffer Kopfverband getragen werden.

Bis zu einem Alter von 14 Jahren werden die Kosten der Operation häufig von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen.

Komplikationen

Die Komplikationen kann man in sog. Frühkomplikationen und Spätkomplikationen aufteilen. [6]

Frühkomplikationen: Starke Schmerzen, Überempfindlichkeit auf Kälte und Druck, Blutungen, Blutergüsse, allergische Reaktionen auf die bei der Operation verwendeten Materialien, Infekte (Entzündungen der Haut oder des Knorpels, Druckschäden mit Teiluntergang des Gewebes durch den Verband), Einengung des Gehörgangs, zu stark oder zu schwach anliegende Ohren, teilweise oder vollständige Asymmetrien in der Stellung der Ohren bis hin zum „Katastrophenohr“ [6]. In seltenen Fällen wurde auch über Halswirbelkörper-Subluxationen als Folge der Operation in Narkose mit starker seitlicher Drehung des Kopfes berichtet [7].

Spätkomplikationen: Überempfindlichkeit auf Berührung, Druck und Kälte, Fadenfisteln, Granulom, Atherom, Narbenhypertrophie, Keloid, Deformation der Ohrmuschel, Asymmetrie der Ohrstellung zu schwach oder zu stark anliegende Ohren, Kantenbildung, Einziehungen.


Alternativen

Operativ

Eine neue, in Deutschland ausgearbeitete und seit 1995 verwendete Operationstechnik, die „Fadenmethode nach Dr. Merck“ funktioniert ohne Schnitt von Haut und Knorpel, lediglich mit speziellen Nähten. Hierdurch entstehen keine sichtbaren Narben [6]. Die Operation wird in örtlicher Betäubung und ambulant durchgeführt. Ein Kopfverband ist nicht erforderlich. Diese Methode ist auch für „Minimalkorrekturen“ (im Millimeterbereich) geeignet. Der Erfinder der Methode betont, dass es mit dieser Technik nur noch wenige und harmlose Komplikationen gibt.

Konservativ

Der Vollständigkeit halber muss man erwähnen, dass es in der Literatur auch Angaben über die konservative Behandlung der abstehenden Ohren durch Schienung gibt. Über eine solche konservative Methode (ohne Operation) wurde berichtet [8]. Die Autoren behaupten mit dieser Methode gute Ergebnisse erreicht zu haben, wenn die Behandlung nach der Geburt innerhalb von 3 Tagen begonnen und für weitere 6 Monate konsequent fortgesetzt wird. Wie hoch die Komplikationsraten dieser Methode, z.B. in Form von Druckstellen sind, ist nicht bekannt. Es gibt zahlreiche Gegner dieser Methode, die meinen, dass dies den Kindern nicht zumutbar ist. Andere sagen sogar, dass die Methode nicht funktioniert.

Seit einigen Jahren gibt es mit der so genannten Auri-Methode eine andere konservative Behandlung: hierbei werden die Ohren des Säuglings oder des Kindes nachts mit einer speziellen Klammer und tagsüber mit einem speziellen Klebestreifen fixiert. Nach sechs Monaten gebe es in acht von zehn Fällen gute Erfolge, aber die Komplikationsrate ist hoch.

Einen ganz anderen Weg wählen manche Menschen, die diverse (möglichst hautfreundliche) Kleber verwenden, die Ohren hinten am Schädel anzukleben.[9] Sicherlich gelingt es mit dieser Methode die Ohren temporär anzulegen, jedoch ist die Position unnatürlich.

Einzelnachweise

  1. J. Sten, Stenström: Deformities of the ear. In: Grabb, W., C., Smith, J.S. (Hrsg): Plastic Surgery, Little, Brown and Company, Boston, 1979, ISBN 0-316-32269-5 (C), ISBN 0-316-32268-7 (P)
  2. J.E. Janis, R.J. Rohrich, K.A. Gutowski: Otoplasty. In: Plastic and Reconstructive Surgery, 115, 4, 2005
  3. Ö. O. Erol: New Modification in Otoplasty: Anterior Approach. Plastic and Reconstructive Surgery, 107, 1, 2001.
  4. N. Horlock, A. Misra, D. Gault: The Postauricural Fascial Flap as an Adjunct to Mustardé and Furnas Type Otoplasty. Plastic and Reconstructive Surgery, 108, 6, 2001.
  5. K. Graham, D. Gault: Clinical Experience of Endoscopic Otoplasty. Plastic and Reconstructive Surgery, 102, 6, 1998
  6. a b c H. Weerda: Chirurgie der Ohrmuschel. Thieme, Stuttgart – New York, 2004, ISBN 3-13-130181-3.
  7. E. Kelly, K. Herbert: Atlantoaxial Subluxation after Otoplasty. Plastic and Reconstructive Surgery, 102, 2, 1998
  8. S. T. Tan, D.L. Abramson, M.D. MacDonald and J.B. Mulliken: Molding therapy for infants with deformational auricular anomalies. Ann. Plast. Surg., 38:263, 1997
  9. P. Pérez-Barrero, J. Rodrigo, E. Elena, M. Marqués: Auto-Otoplasty using Cyanoacrylate. Plastic and Reconstructive Surgery, 108, 7, 2001.

Weblinks


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