Kraftwerk Berlin-Klingenberg

Kraftwerk Berlin-Klingenberg
Kraftwerk Klingenberg in Berlin

Das Kraftwerk Klingenberg ist ein durch die Berliner Städtischen Elektrizitätswerke A.-G. (BEWAG) erbautes thermisches Kraftwerk in Berlin-Rummelsburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Am 9. Juli 1925 schloss die BEWAG mit der AEG einen Vertrag über die Gesamtausführung des Kraftwerkes bis zur schlüsselfertigen Übergabe. Das technische Konzept des Kraftwerks erstellte der Pionier des modernen Kraftwerkbaus Georg Klingenberg. Architekten waren Walter Klingenberg und Werner Issel, die einen eindrucksvollen Industriekomplex in expressionistischer Architektur schufen.

Der erste Spatenstich erfolgte am 15. September 1925. Der Bau wurde unter primitivsten Sicherheitsbedingungen ausgeführt, sodass sich während der Bauarbeiten zahlreiche schwere und auch tödliche Unfälle ereigneten. So konnte wegen Streiks der vertraglich fixierte Fertigstellungstermin des ersten Drittels des Kraftwerkes für den 15. Oktober 1926 nicht eingehalten werden. Der weitere Ausbau des Werkes erfolgte dann in drei Stufen. Die Abnahmen der einzelnen Stufen waren am 25. April, am 10. Mai und am 30. Juli 1927. Vorzeitig wurde am 19. Dezember 1926 die erste Ausbaustufe des Kraftwerks mit 30.000 kW erstmalig in Betrieb genommen, um zur Deckung der Winterspitze 1926/1927 beizutragen. Bei Eröffnung war das mit Kohlestaub betriebene Kraftwerk das größte und modernste in Europa. Einmalig war auch die Regeneration der Speisewasservorwärmung.

Kraftwerk Klingenberg 1951

Die installierte Maschinenleistung betrug 270 MW, wobei eine Verdoppelung der Kraftwerkleistung bereits eingeplant wurde. Die Anlage wurde von drei Dampfturbinengruppen von je 90.000 kW betrieben, aufgeteilt in je eine Hauptturbine zu 80.000 kW und eine Vorwärmturbine zu 10.000 kW. Die Kesselanlage bestand aus 16 Heizkesseln mit jeweils einer Dauer-Höchstleistung von rund 18.000 kW. Sie erzeugten Frischdampf von 35  Atmosphären und 410 °C. Die Kohlenmahlanlage umfasste vier Gruppen mit jeweils 24 Tonnen Steinkohle pro Stunde Mahlleistung. Das Rohkohlenlager konnte bis zu 220.000 Tonnen aufnehmen, zwei fahrbare Förderbrücken besaßen eine Leistung von je 140 t/Stunde.

In den Jahren 1942 bis 1945 arbeiteten auf dem Gelände des Kraftwerkes zeitweise bis zu 108 Ausländer in Zwangsarbeiterlagern. Ein entsprechendes Barackenlager wurde 1943 auf dem Betriebsgelände der „Berliner Kraft- und Licht“ in Betrieb genommen.[1]

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs schien das Schicksal des Kraftwerkes besiegelt, die SS plante eine Sprengung, die jedoch in letzter Minute vereitelt werden konnte.

Die ursprüngliche Kraftwerksanlage besaß acht gemauerte Schornsteine von je 70 Metern Höhe, die in den 1970er-Jahren durch zwei neue Schornsteine aus Stahlbeton ersetzt wurden. Diese haben nun eine Höhe von 146 bzw. 169 Meter und sind mit Elektrofiltern ausgestattet. Im Jahre 1987 wurde das Kraftwerk zum Heizkraftwerk umgerüstet. Neben Braunkohle aus den – vom selben Konzern betriebenen – Tagebauen um Cottbus für die Grundlast, wird derzeit Erdgas für die Spitzenlast verwendet.[2]

Gegenwart

Kraftwerk Klingenberg 2005

Das Heizkraftwerk (HKW) Klingenberg wird heute von der Vattenfall Europe AG betrieben. Die postalische Adresse lautet:

HKW Klingenberg, Köpenicker Chaussee 42–45, 10317 Berlin.

Ursprünglich wollte der jetzige Eigentümer Vattenfall das Kraftwerk zum Steinkohlekraftwerk umzubauen. Wegen des hohen CO2-Ausstoßes war das aber sehr umstritten. Auch der dafür notwendige Neubau eines Kühlturm bis zu 140 Metern Höhe und mit immensem Durchmesser stieß wegen der erheblichen optischen Folgen für das gesamte Umfeld auf Proteste der Anwohner.

So entschloss sich Vattenfall, das Kraftwerk durch Erdgas- und Biomassekraftwerke zu ersetzen. Ziel soll es jetzt sein, bis zum Jahr 2020 rund 15 % CO2 einzusparen.[3]

Siehe auch

Literatur

  • M. Rehmer: Das Großkraftwerk Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1829–1830
  • R. Tröger: Die Richtlinien für den Entwurf der Anlage. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1831–1834, Tafeln 7 und 8
  • R. Laube: Die Bauanlagen des Großkraftwerkes Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1841–1854, Textblatt 33
  • Friedrich Münzinger: Die Kesselanlage des Großkraftwerkes Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1855–1868, Tafel 9, Textblatt 34
  • E. A. Kraft: Die Turbinenanlagen im Großkraftwerk Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1869–1876, Tafel 10, Textblatt 35 und 36
  • Heinrich Denecke: Die Hilfsmaschinen des Großkraftwerkes Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1877–1887
  • Pohl: Die Stromerzeuger des Großkraftwerkes Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1888–1890
  • H. Probst: Der elektrische Teil des Großkraftwerkes Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1891–1901, Textblatt 37 und 38
  • R. Tröger: Wirtschaftlichkeit des Großkraftwerkes Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1902–1910
  • Verzeichnis der Bau- und Lieferfirmen. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 71. Jahrgang, Heft 53 (31. Dezember 1927), S. 1910–1912
  • W. E. Wellmann: Abnahmeversuche an einer 80.000 kW-Turbodynamo des Großkraftwerkes Klingenberg. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 72. Jahrgang, Heft 31 (4. August 1928), S. 1077–1081
  • Gerhard Flügge: Klingenberg – ein Zeitungsausschnitt aus der Berliner Zeitung, ohne Jahr (um 1975)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Informationen über Zwangsarbeiterlager in verschiedenen Ortsteilen von Berlin und die zugehörigen Betriebe
  2. http://www.vattenfall.de/www/vf/vf_de/Gemeinsame_Inhalte/DOCUMENT/154192vatt/145436umwe/P0276304.pdf
  3. Vattenfall verzichtet auf Steinkohlekraftwerk

52.4913.4957Koordinaten: 52° 29′ 24″ N, 13° 29′ 42″ O


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